Wie bereits prognostiziert, hat die Umlaut-Domainvergabepraxis durch die Denic e.G. bereits in den ersten Wochen nach Einführung der neuen Domains für einen massiven Anstieg kennzeichenrechtlicher Streitigkeiten gesorgt.
Während es auf der Hand liegt, dass der nicht befugte Neu-Registrar z. B. einer Domain wie Domain Münchner-Rück.de angesichts der bestehenden Namens- und Markenrechte des im DAX 30 notierten Unternehmens Münchner Rück AG an der ergatterten Domain keinen Spaß haben würde, sind seit kurzem auch gutgläubige Glücksritter verschiedener generischer (beschreibender) Umlautdomains in den Fokus juristischer Konflikte geraten.
Aktuell scheinen Abmahnschreiben von Unternehmen um sich zu greifen, die bereits ihrerseits als »Domainsammler« in Erscheinung getreten sind. Es entsteht der Eindruck, dass hier großflächig versucht wird, derartige beschreibende und Gattungs-Umlautdomains einzusammeln.
In einem derzeit in zahlreichen Fällen versendeteten Abmahnschreiben wird behauptet, dass man an der gleichnamigen TLD.de ohne Umlaut bereits Werktitelrechte gem. § 5 Abs.3 MarkenG besitze und diese unter zu Grundelegung eines Streitwertes von nicht unter 50.000,00 EUR herausklagen würde, sofern der Domainbesitzer diese nicht an diese Firma übertragen würde. Großzügiger Weise bietet man die Übernahme der entstandenen Registrierungskosten an. Besonderen Nachdruck soll diesem Anspruchsschreiben mit dem Hinweis verliehen werden, dass der Rechtsbeistand dieser Firma in diesen Angelegenheiten ein in Domain- und Markenrechtsfragen nicht unbekannter und auch namentlich benannter Anwalt sei.
Stellt sich die Frage, wie derartige Schreiben rechtlich unter dem Hintergrundwissen zu bewerten sind, dass fast ausnahmslos alle dieser angeblich durch Werktitelrecht geschützten Domains auf ein Internetportal des Abmahners per Frame-Set weitergeleitet werden. Auf dieser Internetseite findet sich so dann ein sogenannter „Bauch-Laden“ mit mehr oder weniger sinnvollem Waren- und Dienstleistungsangeboten.
Eine Verletzung von Titelschutzrechten und damit ein Schutz nach § 15 MarkenG kommt grundsätzlich zunächst nur bei Handeln im geschäftlichen Verkehr in Betracht. Solange der Neu-Registrar die beschreibenden bzw. Gattungs-Domains daher nicht geschäftlich nutzt, hat er aus markenrechtlicher (titelschutzrechtlicher) Hinsicht wenig Handlungsbedarf.
Zudem wird man den unter einem Domainnamen abrufbaren Website-Inhalten nur dann Titelschutz zugestehen können, wenn diese als solche auch außerhalb des Internets titelschutzfähig wären (vgl. OLG München GRUR 2001- Kueche-online).
Demnach muss bei beschreibenden bzw. Gattungs-Domains besonders auf die Umstände des Einzelfalls geachtet werden. Maßgeblich ist insoweit, ob der Verkehr hinter der beschreibenden oder Gattungs-Domain notwendigerweise das Angebot eines bestimmten Anbieters vermutet, also kennzeichnend versteht, oder diese eher einen beschreibenden Charakter hat (vgl. LG Hamburg MMR 1998, 46 bike.de).
Im Hinblick auf den Aufbau und den Inhalt des unbekannten Internetportals des abmahnenden Unternehmens wird dies gerade regelmäßig nicht der Fall sein.
Dies gilt erst recht dann, wenn erhebliche inhaltliche Unterschiede zwischen dem vermeintlich titelfähigem Werk und der abgemahnten Homepage dadurch bestehen, dass diese nicht primär der Verbreitung von Nachrichten oder unterhaltenden Inhalten dient, sondern im Rahmen der sonstigen geschäftlichen Kommunikation als Vertriebselement für andersartige Waren- und Dienstleistungen.
Selbst wenn im unwahrscheinlichen – konkreten Einzelfall Titelschutzrechte verletzt sein sollten, muss der Domaininhaber aufgrund des Folgenbeseitigungsanspruches die Domain nur löschen lassen, hat aber gerade keinen Anspruch auf Übertragung.
Da der Abmahnende die freiwerdende Domain nur sicher auffangen kann, wenn er einen entsprechenden Dispute-Antrag mit einleuchtender Begründung und entsprechenden Nachweisen bei der Denic e.G. gestellt hat, ist im Falle einer unberechtigten, spekulativern Abmahnung die Aufforderung zur Übergabe aus Sicht des Abmahnenden natürlich folgerichtig.
Wie kann der Betroffene reagieren?
Grundsätzlich bieten sich diverse Möglichkeiten an.
1. Für die, die jedem Streit aus dem Wege gehen möchten, bietet es sich natürlich an, die Domain zu übertragen und wenigstens die Registrierungskosten zurückzubekommen.
2. Für denjenigen, der nicht gleich klein bei geben möchte, aber auch kein Geld für Rechtstreitigkeiten verauslagen will, empfiehlt sich das Abwarten auf die angekündigte Klage.
3. Für den Aktiven gibt es gleich mehrere parallel anzuwendende Strategien, nämlich die Feststellungsklage, gepaart mit einer Strafanzeige wegen versuchten Betruges in Tateinheit mit Nötigung sowie gegebenenfalls die Solidarisierung mit anderen Betroffenen z. B. bei der www.abmahnwelle.de.