Geht es nach den Registrierungszahlen, hat die neue europäische Top Level Domain .eu (dotEU) bereits nach einer Woche sämtliche Erwartungen übertroffen: mit mehr als 1,6 Millionen Domain-Namen ist .eu derzeit nicht nur die viertgrößte Länderendung weltweit, sondern verzeichnet darüber hinaus schon mehr Webadressen als die 2001 eingeführte, generische Top Level Domain .biz.
Durchschnittlich etwa 10.000 neue Domains pro Tag sorgen dafür, dass die neue Europa-Domain weiter kräftig zulegt. In der Warteschlange stehen dabei noch mehr als 200.000 .eu-Domains aus der Sunrise Period, die derzeit auf ihre Validierung durch PwC warten und bisher unberücksichtigt sind. Die Vision der EU-Kommission, mit .eu einen Gegenspieler zur schier übermächtigen Endung .com zu präsentieren, scheint aufzugehen, auch wenn es für ein erstes Fazit noch viel zu früh ist – trotz aller Euphorie liegt .com immerhin mit fast 50 Millionen Domains deutlich in Führung. Bei der geographischen Verteilung festigt sich im übrigen der Spitzenplatz von Deutschland; inzwischen stammen mehr als 500.000 .eu-Domains aus der Bundesrepublik. Das Vereinigte Königreich kommt aktuell auf etwa 320.000 .eu-Domains.
Unterdessen hat sich heftige Kritik an der Domain-Vergabe im Vorfeld der Live-Registrierung verstärkt. Auslöser war ein Eintrag im Blog von GoDaddy-Boss Bob Parsons, der sich bitterböse über das Landrush-Verfahren beschwerte und EURid Manipulation im grossen Stil und eine laxe Amtsführung vorwarf. Im Kern wandte sich Parsons gegen die Akkreditierung von hunderten Phantom-Registraren, die dank Unterstützung US-amerikanischer Multi-Millionäre unmittelbar vor Beginn der Landrush-Period auftauchten, um so die Chance zu erhöhen, eine der begehrten .eu-Domains zu ergattern. Parsons schätzt, dass von 1.100 Registraren 600 derartige Last-Minute-Registrare am Start waren. Die Kosten für die Akkreditierung würden durch eine Versteigerung der zugeteilten Domains leicht wieder eingespielt; Parsons spekuliert, dass einzelne Domains tausende von US-Dollar einbringen werden. Zur Lösung forderte er, alle Registrierungen einzufrieren und zu überprüfen, ob es sich bei den dahinterstehenden Registraren um echte Unternehmen handelt.
EURid hat der Darstellung bereits widersprochen. EURid-Sprecher Patrik Linden räumte zwar ein, dass mehrere Akkreditierungen die Chance auf eine Zuteilung erhöhen; doch stünde es jedem Unternehmen frei, mit Zahlung einer Gebühr von EUR 10.000,- so viele Akkreditierungen zu beantragen, wie man wolle. Darüber hinaus habe jedem Unternehmen lediglich 5 IP-Adressen zur Verfügung gestanden, um die vorgemerkten Domains zur Anmeldung zu bringen, was eine Chancengleichheit gewährleistet habe. Zudem habe man bei jedem Registrar geprüft, ob er existiere. EURid werde daher keine rechtlichen Schritte einleiten und schon gar keine Domains einfrieren, wie von Parsons gefordert. Auch andere Registrare wie eNom teilten Parsons Kritik nicht.
Für weitaus mehr Streitigkeiten dürfte schon bald sorgen, dass trotz aller Schutzmaßnahmen zahlreiche .eu-Domains in den Händen von Spekulanten gelandet sind, so etwa sueddeutsche-zeitung.eu, americanexpress.eu oder auch Städte-Domains wie etwa london.eu, paris.eu oder dublin.eu. Wer .eu-Domains registriert, sollte stets bedenken, dass allein die Anmeldung Rechte Dritter verletzen kann. Wer sich dagegen selbst in seinen eigenen Rechten verletzt sieht, dem steht vor dem Gang an ein ordentliches Gericht mit dem ADR-Verfahren ein vergleichsweise einfaches und kostengünstiges Verfahren zur Seite, das insbesondere bei Domain-Inhabern mit Sitz im EU-Ausland erhebliche Vorteile verspricht.