Rechtsanwalt Doug Isenberg machte in einem Artikel im Blog von circleid.com auf Streitbeilegungen im Bereich der Third Level Domains aufmerksam. Als Beispiel hatte er den Fall nike.eu.com.
Normalerweise regeln Domain-Streitbeilegungsordnungen keine Domain-Namen auf der dritten Ebene. Jedoch haben sich ein paar Inhaber von Second Level Domains dazu entschlossen, Domain-Namen auf der dritten Ebene (Third Level Domains) zu verkaufen – wie normale Registries. Für sie passt die Uniform Domain-Name Dispute-Resolution Policy (UDRP) nicht, weshalb sie eine eigene Dispute Resolution Policy geschaffen haben. Derzeit gibt es zwei namhafte Anbieter dieser Art: .co.com (registry.co.com) und CentralNic (centralnic.com). Letztere ist Inhaberin von Domains wie .de.com, .eu.com und .uk.com, unter denen sie Third Level Domains anbietet. Ihre Streitbeilegungsordnung nennt sich CentralNic Dispute Resolution Policy (CDRP). Alleine das National Arbitration Forum (NAF) ist Provider für Streitbeilegungen unter der CDRP.
Mitte Mai 2017 meldete sich beim NAF die Nike Inc., da sie in der Registrierung und Nutzung der Domain nike.eu.com durch einen Dritten eine Verletzung ihrer Markenrechte sah. Nike Inc., Inhaberin zahlreicher auch europäischer Marken, trägt vor, der Inhaber der Domain nike.eu.com sei unter dem Namen Nike nicht bekannt. Auch sei er von Nike nicht autorisiert, die Marke zu nutzen. Weiter nutzt der Domain-Inhaber die Domain auch nicht für ein gutgläubiges Angebot von Waren oder Dienstleistungen; vielmehr betreibe er sie, um von missgeleiteten Internetnutzern Daten zu ergattern (Phishing). Nike beantragte beim NAF eine Übertragung der Domain auf sich. Der Inhaber der Domain selbst nahm zur Sache nicht Stellung.
Zum Entscheider wurde Paul M. DeCicco berufen, der die Sache prüfte und der Beschwerde von Nike stattgab (NAF Claim Number: FA1705001731606). Die Domain erwies sich für DeCicco als mit der Marke Nike zum Verwechseln ähnlich. Rechte oder legale Interessen des Beschwerdegegners waren für DeCicco nicht erkennbar. Klar sei, dass er die Domain zum Daten-Phishing nutzt, was kein gutgläubiges Angebot von Waren und Dienstleistung oder eine legale, nicht-kommerzielle Nutzung darstelle. Damit war auch die anschließende Frage der Bösgläubigkeit leicht zu beantworten: Der Beschwerdegegner nutzt die Domain dergestalt, dass man ihn für die Beschwerdeführerin halten könne und betreibt so Daten-Phishing. Er nutzt also die Domain nike.eu.com, um aus der Marke Nike Kapital zu schlagen. Damit waren sämtliche drei Tatbestandsvoraussetzungen der CDRP gegeben, und Paul M. DeCicco entschied auf Übertragung der Domain nike.eu.com auf Nike Inc.
Viele Fälle gab es bisher nicht unter der CDRP: laut Doug Isenberg gab es seit 2015 rund ein Dutzend, und mit nike.eu.com liegt der erste .eu.com-Fall vor. Die CDRP weist im Übrigen einige Unterschiede zur UDRP auf. So versteht die CDRP unter einer Domain »any domain name registered under a sub-domain provided by CentralNic«, im Gegensatz zur UDRP, die sich alleine auf Second Level Domains unter den Endungen bezieht, die die UDRP adoptiert haben. Weiter muss der die Beschwerde führende Markeninhaber, bevor es unter der CDRP zum streitigen Verfahren kommt, einen kostenfreien, zehntägigen Mediationsprozess bei CentralNic durchlaufen. Der Mediationsprozess war hier erfolglos. Und schließlich hält es die CDRP wie die .irDRP, von der wir neulich im Zusammenhang mit einem Streit der Wirtgen Group über drei iranische Domains berichteten: bei der Beurteilung der Bösgläubigkeit reicht es aus, wenn sie bei Registrierung »oder« bei Nutzung der streitbefangenen Domain vorlag.
Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains GmbH.