LG Fulda

Kein Anspruch auf Löschung von negativen Bewertungen und Kommentaren bei Übernahme einer »verbrannten Domain« im Falle einer faktischen Fortsetzung des Geschäftsbetrieb der vorangegangenen Domain-Inhaberin

Im Rechtsstreit um die Löschung negativer Bewertungen auf einem Bewertungsportal zeigte sich der Fluch von »verbrannten Domains«. Die Klägerin, eine neu gegründete GmbH, übernahm die Domain ihrer Vorgängerin und machte – auch personell – weiter wie bisher. Die negativen Bewertungen hängen ihr nun nach, wie das LG Fulda in einem aktuellen Urteil bestätigte.

Die Klägerin, die im Bereich Wintergartenbau und Überdachungen tätig ist, hat im Rahmen ihrer Gründung im Jahr 2020 eine Internet-Domain im Wege eines Asset-Deals aus der Insolvenzmasse der ursprünglichen Domain-Inhaberin erlangt. Der Geschäftsführer der Klägerin war zuvor selbst Geschäftsführer und Allein-Gesellschafter der in Insolvenz gegangenen ursprünglichen Domain-Inhaberin. Nachdem er als Geschäftsführer ausgeschieden war, blieb seine Frau als Geschäftsführerin im Unternehmen, während er faktisch die Geschäfte führte. Bereits 2018 verlangte die ursprüngliche Domain-Inhaberin, damals vertreten vom heutigen Geschäftsführer der Klägerin, von der Beklagten die Löschung von Bewertungen auf ihrem ohne Anmeldung öffentlich zugänglichen Bewertungsportal, hatte damit aber keinen Erfolg. Im Mai 2024 bat die Klägerin die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben, das Profil zu den übernommenen Domains in ihrem Bewertungsportal umzubenennen. Dieser Bitte kam die Beklagte nach. Weiter verlangte die Klägerin unter Fristsetzung die Löschung von zwei Bewertungen und vier Kommentaren. Dem kam die Beklagte nicht nach, weshalb die Klägerin Klage beim Landgericht Fulda erhob und von der Beklagten das Unterlassen der Verbreitung und Veröffentlichung der negativen Bewertungen und Kommentare über ihr Bewertungsportal verlangte sowie die negativen Bewertungen und Kommentare unverzüglich zu beseitigen. Sie behauptet, sie habe mit den Bewertungen und Kommentaren nichts zu tun, die die ursprüngliche Domain-Inhaberin beträfen. Sie sei eine eigenständige Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit. Es läge kein Betriebsübergang, sondern lediglich ein Asset-Deal hinsichtlich der Domain vor. Die Beklagte beantragte die Klageabweisung und trägt unter anderem vor, die Klägerin sei selbst dafür verantwortlich, dass ihr Namen auf dem Bewertungsportal mit den übernommenen Domains verknüpft worden sei. Hier habe sich zwar der Betreiber geändert, aber der Name der früheren GmbH gegenüber der neuen GmbH, der Gesellschafter und die agierenden Personen sowie der Unternehmenszweck, der Vertrieb von Wintergärten, ändere sich nicht oder nur geringfügig. Die Kommentare und Bewertungen behaupten lediglich, man habe vor vier und sechs Jahren mit einem bestimmten Unternehmen zu tun gehabt. Die Klägerin, die lediglich die für sie schlechten Kommentare gelöscht haben wolle, versuche, sich die Rosinen aus dem Kuchen zu picken. Sie hätte auch eine andere Domain für ihr Geschäft registrieren können. Außerdem könne sie durch einen eigenen Kommentar auf den Wechsel des Betreibers aufmerksam machen. In den Kommentaren und negativen Bewertungen werde explizit auf Erfahrungen mit einem Herrn N. oder einem Unternehmen N. hingewiesen, ohne Bezug zu einem Rechtsträger. Schließlich werbe die Klägerin mit 25 Jahren Erfahrung, womit die 2020 gegründete Klägerin die Markterfahrung der vorangegangenen Domain-Inhaberin nutze.

Das Landgericht Fulda wies die Klage in vollem Umfang ab, da keine Verletzung eines Unternehmenspersönlichkeitsrechts (§§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB analog i.V.m. Art. 2 Abs. 1, Art. 19 Abs. 3 GG) noch ein rechtswidriger Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (§§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB) der Klägerin vorliege (Urteil vom 30.11.24, Az.: 3 O 92/24). Die Beklagte sei nicht dazu verpflichtet, die Löschung der angegriffenen Bewertungen auf ihrem Bewertungsportal vorzunehmen, auch nicht nach Erlangung der Kenntnis von dem Übergang der Domain auf die Klägerin als neue juristische Person. Die Klägerin setze im tatsächlichen Sinne das Geschäft der früheren Domain-Inhaberin fort. Hier falle die Tätigkeit des Geschäftsführers der Klägerin als bestimmender Person in beiden Gesellschaften ins Gewicht. Die Adressdaten im Impressum, die Telefonnummer und der Unternehmensgegenstand auf der Website seien identisch denen der vorherigen Domain-Inhaberin. Rechte der Klägerin hätten gegenüber dem schützenswerten Informationsinteresse recherchierender Kunden der Beklagten auch deshalb zurückzutreten, weil die Klägerin als 2020 gegründetes Unternehmen mit 25 Jahren Erfahrung wirbt, die auf die vorhergehende Domain-Inhaberin verweisen. Das Gericht bestätigt weitere Argumente der Beklagten. Es spricht unter Verweis auf die BGH-Rechtsprechung der Klägerin als Unternehmen ein Unternehmenspersönlichkeitsrecht zu; aber die Tatsache, dass Personen gerade nicht die Domain bzw. die Webseite der Klägerin, sondern deren Leistungen bewerten, stelle hier keine unzulässige Persönlichkeitsverletzung dar. Es liege faktisch eine Fortsetzung des Geschäftsbetriebs der vorangegangenen Domain-Inhaberin durch die Klägerin vor, weshalb ein berechtigtes Interesse bestehe, negative Erfahrungen mit der Vorgängerin der Klägerin zu bewerten. Die Beklagte hafte demnach nicht als mittelbare Störerin für die Beiträge auf ihrem Bewertungsportal. Damit wies das Landgericht Fulda die Klage ab.

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