Der Bundesgerichtshof hatte in einem Urteil vom 01. März 2016 die Pflichten des Betreibers eines Ärzteportals konkretisiert. Mittlerweile liegen die Entscheidungsgründe vor.
Vor einigen Wochen hatten wir bereits von der Pressemitteilung des Bundesgerichtshof berichtet. Mit den jetzt vorliegenden Entscheidungsgründen werden einige Details des Verfahrens klarer. Im Rechtsstreit ist der Kläger Zahnarzt, die Beklagte betreibt das Arztsuche- und -bewertungsportal jameda.de. Der Kläger sah sich aufgrund einer anonymen negativen Bewertung seiner Arbeit auf jameda.de in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt. Er meinte, die bewertende Person nicht behandelt zu haben. Der Kläger verlangte die Entfernung der Bewertung. Die Beklagte sandte dem anonymen Bewerter diese Beanstandung. Dessen Stellungnahme reichte sie allerdings aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht weiter. Der Kläger wandte sich an das Landgericht Köln und verlangte von der Beklagten, es zu unterlassen, die dargestellte Bewertung zu verbreiten oder verbreiten zu lassen. Das LG Köln gab seiner Klage statt (Urteil vom 09.07.2014, Az.: 28 O 516/13). Die Beklagte ging in Berufung. Das Oberlandesgericht Köln bestätigte die Berufung und wies die Klage zurück (Urteil vom 16.12.2014, Az.: 15 U 141/14). Daraufhin ging der Kläger in Revision zum Bundesgerichtshof.
Der Bundesgerichtshof hob die Entscheidung des OLG Köln auf und verwies den Rechtsstreit zurück, weil Unklarheiten hinsichtlich der von der Beklagten ergriffenen Prüfungsmaßnahmen bestehen (Urteil vom 01.03.2016, Az.: VI ZR 34/15). Der Sachverhalt muss weiter aufgeklärt werden. Davon ist die Beurteilung abhängig, ob die Beklagte ihrer Prüfpflicht nachgekommen ist. Im Hinblick auf die Bedeutung der Bewertung in dem Ärzteportal für den Kläger reicht es aus Sicht des BGH nicht aus, wenn die Beklagte den Bewertenden lediglich bittet, „die Behandlung in mindestens zwei Sätzen zu umschreiben und den Behandlungszeitraum zu nennen“. Die Beklagte hätte dem Kläger in jedem Fall die Informationen und Unterlagen über den behaupteten Behandlungskontakt weiterreichen müssen, zu deren Weiterleitung sie in der Lage ist und soweit es Rechtsvorschriften, die sich ausdrücklich auf Telemedien beziehen, erlauben, oder sofern der Bewerter darin eingewilligt hat, die Daten weiterzugeben (§ 12 Abs. 1 TMG). Gegebenenfalls müssen die Unterlagen teilweise geschwärzt werden. Dem BGH ist in diesem Zusammenhang unverständlich, warum die Beklagte dem Kläger den fraglichen Behandlungszeitraum nicht mitgeteilt hat, zumal sie für diesen ein größeres Zeitfenster hätte wählen können, um die Identität des Bewerters zu schützen. Der BGH stellt für das weitere Verfahren klar, dass, soweit die behauptete Tatsache, der Bewerter sei Patient des Klägers gewesen, unrichtig ist, eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts in Betracht komme. Das aber muss der Kläger nachweisen. Die Beklagte trifft aber zumindest eine sekundäre Darlegungslast: sie muss zumutbare Nachforschungen unternehmen und vom Bewerter zusätzliche Angaben und Belege zum Behandlungskontakt fordern und, gegebenenfalls geschwärzt, weitergeben. Ob dies geschehen ist, muss nun das OLG Köln herausfinden.
Die Anforderungen an die Betreiberin des Ärztebewertungsportals sind hoch, ihre Verantwortung auch. Einerseits im Hinblick auf Ärzte, die aufgrund von rechtsverletzender Bewertungen erhebliche Nachteile haben können, aber auch gegenüber den bewertenden Nutzern des Portals, deren Identität zu schützen ist. Dass der Bundesgerichtshof bei der Frage nach den Prüfpflichten der Beklagten hier so ins Detail geht und hohe Anforderungen stellt, ist sinnvoll und angemessen.