Der Suchmaschinenbetreiber Google Inc. hat angekündigt, sich dem Druck der französischen Datenschutzbehörde Commission Nationale de l’Informatique et des Libertés (CNIL) nicht beugen zu wollen: ein weltweites »Recht auf Vergessenwerden« gebe es nicht.
Mit Urteil vom 13. Mai 2014 hatte der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) entschieden, dass der Betreiber einer Suchmaschine bei personenbezogenen Daten, die auf von Dritten veröffentlichten Internetseiten erscheinen, für die von ihm vorgenommene Verarbeitung verantwortlich ist. Konkret stellte das Gericht fest, dass Google unter bestimmten Voraussetzungen verpflichtet ist, von der Ergebnisliste, die im Anschluss an eine anhand des Namens einer Person durchgeführte Suche angezeigt wird, Links zu von Dritten veröffentlichten Internetseiten mit Informationen über die Person zu entfernen hat. Dabei ist ein angemessener Ausgleich zwischen den Informationsinteressen der Internetnutzer und den Grundrechten der betroffenen Person zu finden. Google reagierte auf diese Entscheidung und hat einen Antrag auf Entfernen von Suchergebnissen nach europäischem Datenschutzrecht zur Verfügung gestellt, der online ausgefüllt werden kann. Dazu muss der Antragsteller die konkrete Adresse (URL) der Internetseite angeben, auf die das jeweilige Suchergebnis verlinkt. Google wägt daraufhin die Datenschutzrechte des Antragstellers als Einzelperson gegen das öffentliche Interesse an den Informationen und das Recht auf Informationsfreiheit ab, um gegebenenfalls den Link aus dem Suchindex zu entfernen. Selbst wenn Google aber einen Link entfernt, erfolgt die Entfernung lediglich auf den europäischen Angeboten unter den Domains im Format google.europeancctld, also zum Beispiel unter google.de oder google.uk; über google.com bleiben die Links dagegen erreichbar.
An dieser Praxis stört sich die CNIL und hat Google deswegen im Juni 2015 aufgefordert, ausgewählte Einträge zu entfernen, und zwar unabhängig davon, über welche Top Level Domain das Suchangebot aufgefunden werden kann. Doch Google wird dieser Aufforderung nicht nachkommen. Wie das Unternehmen am 30. Juli 2015 über Peter Fleischer (Global Privacy Counsel) in einem Blogeintrag mitteilte, habe man CNIL gebeten, die förmliche Mitteilung zurückzunehmen. Es mag zwar in Europa ein »Recht auf Vergessenwerden« geben; weltweit gebe es ein solches Recht jedoch nicht. Im Gegenteil: in einer Vielzahl von Ländern seien Inhalte verboten, die im Rest der Welt dagegen als rechtmäßig betrachtet werden. So seien etwa in Thailand bestimmte Äußerungen über den König oder in der Türkei Kritiken an Atatürk verboten. Würde man der Ansicht CNILs folgen, wäre das Internet nur so frei, wie es das unfreieste Land zulasse. Man glaube daran, dass kein Land kontrollieren dürfe, welche Inhalte in einem anderen Land zugänglich sind. Im Übrigen sei die Aufforderung unverhältnismäßig sowie unnötig, da etwa 97 Prozent der französischen Internetnutzer auf das Angebot von google.fr zugreifen, um Google zu nutzen. Aus diesen grundsätzlichen Überlegungen heraus habe man sich daher entschieden, die bisherige Praxis beizubehalten.
Eine öffentliche Reaktion des CNIL gibt es bisher nicht. Im Juni 2015 hatte die oberste französische Datenschutzbehörde angekündigt, gegebenenfalls einen »Rapporteur« zu installieren, der dann seinerseits einen Bericht erstellen und Google über das so genannte »CNIL Select Committee« eine Zwangsmaßnahme auferlegen kann. Sollte es dazu kommen, ist der Weg für eine erneute jahrelange Auseinandersetzung vor Gericht schon jetzt vorgezeichnet.