zwilling.de

Wer den Schaden hat ...

Die Inhaberin der Marke Zwilling war erfolgreich gegen den Inhaber der Domain zwilling.de, soweit es das Unterlassen der Nutzung betraf. Bei der Frage nach Schadensersatz wegen der unberechtigten Nutzung ging die klagende Markeninhaberin, in der ersten Instanz (LG Mannheim, Urteil vom 30.11.2001, Az.: 7 O 269/01) teilweise noch erfolgreich, in zweiter Instanz vor dem OLG Karlsruhe (Urteil vom 12.02.2003, Az.: 6 U 1/02) leer aus: Den tatsächlichen Schaden trug die Klägerin nicht substantiiert vor, es fehlten Angaben, aufgrund derer das Gericht eine Schätzung hätte vornehmen können.

Das LG Mannheim hatte in seiner Entscheidung seinerzeit zu Recht geäußert,

Der Markeninhaber hat gegen den Verletzer bei markenrechtswidriger Nutzung einer Internetdomain auch Anspruch auf Schadensersatz. Der Schadensersatz ist im Wege der fiktiven Lizenzgebühr zu berechnen, falls ein konkreter Schaden mangels vorhandener Umsatzzahlen des Verletzers nicht zu ermitteln ist. Die Bekanntheit der Marke ist bei der Berechnung der fiktiven Lizenzgebühr zu berücksichtigen.
Nur, wie schon in einem früheren Artikel mitgeteilt, bleibt das Problem, wie den Schaden berechnen?

Dazu braucht das Gericht reichlich Anhaltspunkte. Die meinte beispielsweise das LG Hamburg in verschiedenen Entscheidungen zu haben.

Dem OLG Karlsruhe waren die Angaben, die die Klägerin im jetzt entschiedenen Fall machte, allerdings zu wenig:

Für eine Schätzung, in welcher Höhe der Klägerin hierdurch ein Schaden entstanden sein soll, fehlt es hingegen an einer ausreichenden Grundlage. Die vom Landgericht bei seiner Schadensberechnung herangezogenen Kriterien (Bekanntheit der Marke „Zwilling“, Ausnutzung der Wertschätzung und des guten Rufes dieser Marke) scheiden als Bewertungsmaßstäbe für einen der Klägerin durch die bloße Registrierung der Domain erwachsenen Schaden aus. In welcher Höhe der Klägerin in sonstiger Weise (etwa durch Behinderung) ein Schaden entstanden sein könnte, ist mangels jeglicher konkreter Anhaltspunkte auch bei weitreichender Anwendung des § 287 ZPO nicht schätzbar.
Damit stellt sich das OLG Karlsruhe auch gegen die Entscheidungen aus Hamburg (Urteil vom 15.05.2001, Az.: 312 O 101/01; und Urteil vom 02.07.2002, Az.: 312 O 116/02), in denen letztlich die gleichen Kriterien zur Schadensermittlung herangezogen wurden, die das LG Mannheim in seiner zwilling.de-Entscheidung herangezogen hat: Eine Schätzung auf freien Prämissen.

Das LG Mannheim kam auf einen Schadensersatzanspruch in Höhe von insgesamt 12.000,00 DM wegen Markenverletzung nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. Abs. 6 MarkenG. Der Betrag beruhte auf der Nutzung der Domain »www.zwilling.de« von Mai 1997 bis Dezember 1998 (20 Monate). Die Kammer des LG Mannheim schätzte nach § 287 ZPO auf 600,00 DM/Monat.

Auf den Betrag von 600,00 DM/Monat kam die Kammer, weil

die Beklagten selbst mit Schreiben vom 20.05.1997 die Domain an viele Firmen und Freiberufler sowie Privatpersonen in der Weise vermarktet hätte, dass sie für die Schaltung eines Links ca. 100,00 DM/Monat verlangt hätte. Die durch die Benutzung des markenverletzenden Zeichens „www.zwilling.de“ als Domain-Adresse auf diese Homepage der Beklagten geführten Nutzer des Internets könnten danach über einen durch die Beklagten eingerichteten Link (für ca. 100,00 DM/Monat) auf eine weitere Homepage der jeweiligen Firmen/Freiberufler/Privatpersonen geführt werden.
Die Kammer schloss aus diesen Angaben, dass vernünftige Vertragsparteien im Rahmen eines Lizenzvertrages, wenn bereits ein bloßer Link 100,00 DM kostet, für die ausschließliche Benutzung der Domain den dreifachen Preis, mithin 300,00 DM/Monat, vereinbart hätten. Damit nicht genug, meinte das Gericht:
Dieser Ausgangspreis von 300,00 DM ist vorliegend wegen Benutzung der bekannten Marke „Zwilling“ und der damit verbundenen Ausnutzung der Wertschätzung und des guten Rufes sowie unter Berücksichtigung der Marktverwirrung zu verdoppeln. […] Eine Verdoppelung des Preises scheint einerseits angemessen, andererseits aber auch ausreichend.
Diese Kriterien sind in der Tat etwas unsicher, um eine Schätzung vorzunehmen. Vielmehr hätte man wohl besser ein Gutachten über den Wert der Domain und der Marke vorgelegt und an Hand der Daten den Lizenzwert bestimmt.

Das LG Hamburg (Urteil vom 15.05.2001, Az.: 312 O 101/01) war bei seiner Entscheidung ebenfalls nicht zimperlich:

Die Kammer hält es in Anbetracht der besonderen Schwierigkeiten, die sich in einem derartigen Fall bei der Bezifferung des Schadensersatzanspruches ergeben, für möglich einen Schadensersatz im Wege der Schätzung zu ermitteln, wobei jedoch der Bemessung durch die Klägerin nicht gefolgt werden kann. Dabei ist es maßgebend, dass die Beklagten es zwar mit der Benutzung der Internetdomain offenbar darauf angelegt haben, Interessenten, die die konkurrierende Software … der Klägerin kannten, auf das eigene Angebot hinzuweisen. Der hierdurch für die Klägerin entstandene Schaden dürfte allerdings nicht zuletzt deswegen begrenzt sein, weil eine derartige Internetdomain für die Investitionsentscheidungen der von den Parteien angesprochenen Kunden noch eher von untergeordneter Bedeutung gewesen sein dürfte. Die Kammer geht daher davon aus, dass es für die unberechtigte Nutzung der Internetdomain lediglich ein – allerdings als Mindestschaden auch anzunehmender – Betrag von monatlich DM 1.000,00 anzusetzen ist.
Wie das LG Hamburg auf den Betrag von 1.000,00 DM kommt, erklärte es nicht.

Nicht besser sieht eine spätere Entscheidung des LG Hamburg (Urteil vom 02.07.2002, Az.: 312 O 116/02) aus, bei der es auf lediglich € 50 monatliche kam. Jedenfalls ist das Gericht sich aber der Unzulänglichkeit des Verfahrens bewusst:

Unter den genannten Umständen fehlt es nahezu gänzlich an konkreten Anhaltspunkten zur Werthaltigkeit der in Rede stehenden Domains und damit zur Feststellung der Höhe einer angemessen Lizenz. Allein erkennbar ist, dass die Beklagte die Domains nicht für sich angemeldet hätte, wenn sie ihnen nicht einen gewissen Wert beigemessen hätte. Ob sie sich aber von ihrem Handeln eine der Höhe nach – wie ausgeführt – nicht greifbare Umsatzsteigerung oder lediglich eine gewisse Marktverwirrung oder Störung der Klägerin versprochen hat, die in ihren Folgen angesichts der geschilderten Unklarheit schon über die Bedeutung der klägerischen Produkte am Markt kaum bezifferbar ist, kann nicht festgestellt werden.
Aber diese Unzulänglichkeit führt bei dem einen Gericht zur Bezifferung des Schadensersatzes, bei anderen Gerichten – vernünftigerweise – nicht.

Unter diesen Gesichtspunkten ist das Urteil des OLG Karlsruhe zu begrüssen. Natürlich ist es schwierig, den Wert einer Domain und einer Marke zu bestimmen, aber gewissen Anhaltspunkte lassen sich fixieren, durch aufwändige Gutachten. Jedenfalls geht es nicht ohne jedes Kriterium wie es das LG Hamburg zeigte und die dünnen Angaben der Beklagten, die das LG Mannheim heranzog.

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