Der Streit um die Domains schweiz.ch, suisse.ch und svizzera.ch bewegt seit einigen Monaten die Gemüter nicht nur der Eidgenossen. Am 22. Februar 2006 ging bei der WIPO der Antrag der Schweizerischen Eidgenossenschaft, handelnd durch die Schweizerische Bundeskanzlei in Bern, ein, darüber zu entscheiden, wem die Domains zustehen. Der WIPO-Experte sprach die Domains der Schweiz zu, die Entscheidung ist jedoch nicht endgültig.
Herr Stefan Frei registrierte die Domain schweiz.ch am 31.12.1995, am selben Tag wurde die Domain suisse.ch und am 13.03.1996 die Domain svizzera.ch bei der schweizerischen Registrierstelle Switch registriert. Am 26.05.2000 forderte die Schweizerische Eidgenossenschaft die Inhaber der Domains, für suisse.ch war eine I/O Solutions AG, Herr Christian Woehlbier und für svizzera.ch die ICS Frei & Woehlbier eingetragen, auf, die Domains zu löschen. Dies wiesen die Inhaber zurück. Der Inhaber von schweiz.ch verwies darauf, er betreibe die Domain schweiz.ch aktiv und rechtmässig. Knapp fünf Jahre später, am 15.04.2005 meldete sich die Bundeskanzlei erneut bei Herrn Frei, der mittlerweile als Inhaber aller drei Domains eingetragen war. Diesen forderte sie abermals auf, die Domains freizugeben, wobei nur die Kosten für diese Erklärung im Rahmen einer gütlichen Einigung erstattet werden würden. Darauf liess sich der Inhaber der Domains nicht ein, weshalb sich die Schweizerische Eidgenossenschaft an die WIPO wandte. Seit 2004 ist ein der UDRP (Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy) vergleichbares Schiedsgerichtsverfahren für die Endungen .ch und .li bei der WIPO eingerichtet.
In ihrer Antragsschrift stützte sich die Schweiz auf ihr Namensrecht nach Artikel 29 Abs. 2 ZGB, wobei die jeweilige Kurzform der Schweiz, Suisse und Svizzera als Abkürzung des eigentlichen Namens geschützt sei. Der Domain-Inhaber nutze die Bekanntheit der Namen widerrechtlich aus; er seinerseits genieße freilich keinen namensrechtlichen Schutz für die Begriffe. Der Domain-Inhaber beruft sich weiter auf eine legale Nutzung der Domains. Er offeriere seit 1997 einen eMail-Service unter den Domains, und biete auf seinem Portal Informationen über die Schweiz. Die Schweizer Eidgenossenschaft besitze überhaupt kein Namensrecht am Begriff Schweiz. Die Bezeichnung „Schweiz“ sei lediglich eine geografische Angabe; so werde der Begriff auch von der Schweizer Eidgenossenschaft genutzt. Zudem habe die Schweiz auf die Geltendmachung ihres Namensrechtes verzichtet, denn ein Mitarbeiter des Bundesamtes für Informatik habe seitens der Bundesbehörden in einem Interview am 09.05.2000 erklärt, man hege nicht die Absicht, Steuergeld für den Kauf der Domains einzusetzen, das unter schweiz.ch zu findende Portal habe sich bewährt. Heute nun zu behaupten, ein Namensrecht zu besitzen und dieses geltend machen zu wollen, sei in jedem Fall klar rechtsmissbräuchlich, insbesondere ein Verstoss gegen den Grundsatz von Treu und Glauben.
Der WIPO-Experte hatte sich bei seiner Beurteilung nun vor allem mit drei Fragen zu beschäftigen: Kann die Schweizer Eidgenossenschaft Namensschutz beanspruchen? Besteht Verwechslungsgefahr zwischen den von den Parteien geltend gemachten Zeichen? Und hat die Schweizer Eidgenossenschaft ihre Rechte verwirkt?
Die Bezeichnung „Schweiz“ sah der Experte ohne weiteres als Synonym für „Schweizerische Eidgenossenschaft“ an. Der Ausdruck werde auch offiziell für die Schweizerische Eidgenossenschaft verwendet und in Staatsverträgen werde sie so bezeichnet. Schließlich verwies er auf die Entscheidung deutschland.de (LG Berlin, Urteil vom 10.08.2000, Az.: 16 O 10/00), wonach der Begriff nicht etwa das Land und den Staat beschreibt, sondern es selbst darstellt. Weiter führte der Experte aus, es bestehe eine Verwechslungsgefahr. Bei der Frage der Verwechslungsgefahr komme es im Namensrecht, das hier einschlägig ist, nicht auf den Inhalt der Internet-Site an, sondern ausschließlich auf den Domain-Namen. Und hier habe der Domain-Inhaber selbst keine besonderen Rechte an dem Begriff „Schweiz“, weshalb die Nutzung der Site zu einer Fehlzurechnung seitens der Nutzer führe. Die Verwechslungsgefahr setze nicht voraus, dass eine tatsächliche Verwechslung stattgefunden habe. Dass der Nutzer auf der Seite erkenne, es handele sich nicht um die offizielle Seite der Schweizer Eidgenossenschaft, ändert an der mit der ursprünglichen Fehleinschätzung einhergehenden Rechtsverletzung nichts. Schließlich habe die Schweizer Eidgenossenschaft ihr Recht auch nicht verwirkt. Hinsichtlich der Domains suisse.ch und svizzera.ch sei das dafür erforderliche Zeitmoment schon nicht gegeben, da die Domains noch im Jahr 2000 auf jemand anderes registriert waren. Und die Mitteilung des Mitarbeiters des Bundesamtes für Informatik im Interview sei keine offizielle Erklärung gewesen. Zudem habe die Schweizer Eidgenossenschaft den Domain-Inhaber nur 14 Tage nach dieser Erklärung im Fernsehen wegen der Domain angeschrieben und zur Freigabe aufgefordert.
Damit war die Schweizer Eidgenossenschaft vor der WIPO erfolgreich. Ungeachtet dessen steht dem Domain-Inhaber der Gang zu den ordentlichen Gerichten offen.