schulenberg.de

Die Pattsituation der Parteien

In Oldenburg mochten sich Richter nicht entscheiden, womit sie das Domain-Recht ins Dilemma führen. Der Inhaber von schulenberg.de, Herr Schulenberg, darf die Domain besitzen, aber nicht benutzen, weil die Gemeinde Schulenberg zwar älter, aber Herr Schulenberg aufgrund seines Namensrechts berechtigter Domain-Inhaber ist. Zugleich bringt das OLG Oldenburg das Domain-Sharing in Verruf.

Am 14.05.2003 entschied das LG Oldenburg (Az.: 5 O 3852/02) im Streit zwischen dem Ferienort Schulenberg und Herrn Schulenberg über die Domain schulenberg.de. Die Gemeinde wollte die Freigabe der Domain durch den Domain-Inhaber. Sicherheitshalber beantragte sie hilfsweise, der beklagte Domain-Inhaber möge es

»unterlassen, unter der Domain schulenberg.de nach außen hin aufzutreten«
Mit der Freigabe hatte die Gemeinde keinen Erfolg, das LG Oldenburg bestätigte jedoch den Hilfsantrag. Es sieht in der Nutzung der Domain eine Alleinstellungsbehauptung, mit der der Domain-Inhaber die priotitätsälteren Rechte der deutlich älteren und bekannteren Gemeinde verletze. Aber freigeben müsse der Inhaber die Domain nicht, weil dazu ein hoher Bekanntheitsgrad des Anspruchstellers erforderlich sei.

Im Einzelnen führte das Gericht bei der Abwägung, wer bessere Rechte an der Domain-Inhaberschaft hat, aus:

»Hier ist einer Feriengemeinde nicht zuzumuten, dass sie nicht mit ihrem Ortsnamen, wie viele andere Gemeinden auch im Internet vertreten ist, sondern dass Interessenten sie auf einer privaten Seite einer nahezu unbekannten und wenig bedeutenden Person vorfinden.

Die Kl. hat allerdings keinen Anspruch darauf, dass der Bekl. die streitige Internetdomain zu ihren Gunsten freigibt. Dazu hat der BGH (BGHZ 149, 191 [= CR 2002, 525 m. Anm. Foerstl, S. 518] – shell.de) überzeugend ausgeführt, dass hierzu ein hoher Bekanntheitsgrad erforderlich ist. Eine doch eher kleine Feriengemeinde erreicht nicht einen vergleichbaren Bekanntheitsgrad wie ein Weltkonzern und auch nicht den einer Stadt wie etwa Heidelberg.«

Resümee der Entscheidung ist also, in diesem und vergleichbaren Fällen darf der Domain-Inhaber zwar die Domain besitzen, jedoch nicht nutzen. Die Domain liegt brach. Dem ist es Anspruchsteller »unzumutbar« nicht Inhaber der Domain zu sein, aber im Klageverfahren kommt er an die Domain nicht heran.

Der beklagte Herr Schulenberg ging in Berufung zum OLG Oldenburg, das die Entscheidung der Vorinstanz allerdings bestätigte. Es präzisiert den Gedanken des LG Oldenburg und formulierte, der Anspruch auf Freigabe der Domain sei nur durchsetzbar, wenn der Kläger eine absolut überragende Bekanntheit aufweise.

»Dies deswegen, weil davon auszugehen ist, dass nach erfolgter Freigabe einer Internetadresse des Bekl. die Kl. diese Internetadresse für sich eintragen lassen würde. Ein solches Vorgehen wäre aus Gründen der Klarheit, Beständigkeit und Rechtssicherheit nur dann rechtlich schützenswert, wenn auszuschließen ist, dass hernach ein weiterer noch bekannterer Namensträger auftritt und gegen die – inzwischen eingetragene – Kl. vorgeht. Deswegen wird in einem solchen Falle eine (absolut) überragende Bekanntheit der Kl. vorausgesetzt.«
Das OLG Oldenburg bringt einen weiteren Aspekt bei der Prüfung der Rechtsposition des Domain-Inhabers ins Spiel, der sich auf das noch immer zu wenig genutzte Domain-Sharing negativ auswirkt. Nach Ansicht des OLG Oldenburg schwächt Domain-Sharing die Rechtsposition des Domain-Innhabers, der im Fall schulenberg.de auf der Homepage u. a.
»einen Hinweis auf einen Ortsteil »Schulenberg« der Gemeinde P. sowie auf den Namen des Bekl. in seiner Eigenschaft als Leiter eines Gesangschores und inzwischen Links auf verschiedene Gleichnamige«
untergebracht hat.

Dieser Umstand hat für das OLG entscheidende Bedeutung: denn der Domain-Inhaber vertritt gar nicht so sehr seine eigenen Interessen und ihn selbst betreffende Angaben unter der Internetadresse, sondern er verschafft anderen Rechtsträgern ein Forum,

»was seine eigene Rechtsposition und sein eigenes Rechtsschutzinteresse zusätzlich abwertet.«
Unter diesen Gesichtspunkt wäre eine Entscheidung wie hudson.de des LG Düsseldorf (Urteil vom 27.08.2003, Az.: 34 O 71/03) nicht möglich, bei der der Träger des Familiennamen Hudson ein breites Forum für Namensgleiche bietet und sich im Rechtsstreit gegen den Strumpfhersteller Hudson durchsetzen konnte.

In letzter Konsequenz sind somit zahlreiche Domains zwar registrierbar, sie werden aber nicht nutzbar sein, weil es keinen absolut berechtigten Nutzer für die Domain gibt. Zugleich bedeutet Domain-Sharing, Schwächung der eigenen Rechte an der Domain. Dieses Beispiel zeigt, der Versuch, eine gerechte Entscheidung zu treffen, und das haben die Oldenbuger Gerichte in jedem Falle angestrebt, führt nicht zwingend zu einer praktikablen Lösung. In diesem Falle führte das Streben der Gerichte in ein Domain-Paradox. Das ist für das Internet nicht brauchbar. Gefragt sind praktikable Lösungen. Davon ist man in Oldenburg weit entfernt.

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