kinski-klaus.de

Urteil doppelgemoppelt

Beim Streit um die Abmahnkosten bezüglich der Nutzung der Domain kinski-klaus.de zeichnen sich kuriose Verwicklungen ab. Obwohl über die Kosten der Abmahnung im Wege eines Versäumnisurteils rechtskräftig entschieden wurde, wird ordentlich weiter prozessiert; jetzt auch vor dem BGH.

Die Erben von Klaus Kinski hatten die Geschäftsführer der Inhaberin der Domain kinski-klaus.de abgemahnt – einen Tag, bevor in einem Prozess um andere kinski-Domains der Beklagten verhandelt wurde. Die Geschäftsführer der beklagten Reichelt und Brockmann GmbH reagierte auf die Abmahnung, wollten jedoch die entstandenen Anwaltskosten nicht begleichen. Die Erben klagten deshalb im April 2002 vor dem AG Charlottenburg auf Zahlung der Anwaltsgebühren gegen die Geschäftsführer. Mit Urteil vom 09.01.2003 wurde die Klage vom Amtsgericht (Az.: 204 C 197/02) und mit Urteil vom 30.10.2003 die Berufung vom LG Berlin (Az.: 52 S 31/03) abgewiesen.

Den uns vorliegenden Unterlagen entnehmen wir, dass im Laufe der ersten Instanz die Kläger die Schadensersatzforderung auf die Klaus Kinski Production übertrugen. Die Klaus Kinski Production klagte daraufhin im Juni 2002 aufgrund abgetretenem Rechts gegen die Reichelt und Brockmann GmbH. Mit Versäumnisurteil vom 08.11.2002 (Az.: 220 C 172/02) wurden die Beklagten zur Zahlung verurteilt. Die Beklagten haben den Einwand der anderweitigen Rechtshängigkeit wohl nicht vorgetragen.

Fragt sich, welche domainrechtliche Relevanz der Rechtsstreit hat. Die Berliner Gerichte, die sich mit der Sache auseinandersetzten kamen in einem Punkt zu unterschiedlichen Ergebnissen. Es stellte sich die Frage, in welcher Form die Domain kinski-klaus.de genutzt wurde: als legales oder illegales Werbemittel für eine Ausstellung über die Person der Öffentlichkeit Klaus Kinski.

Bei der Frage nach der Rechtmäßigkeit der Nutzung der Domain kinski-klaus.de durch die Beklagte/n kamen die Richter zu unterschiedlichen Ergebnissen. Im Prozess, der im Versäumnisurteil mündete, war der Richter am AG Charlottenburg (Az.: 220 C 172/02) der Ansicht, es bestehe ein Anspruch auf Ersatz der Anwaltsgebühren, weil die Domain kinski-klaus.de von Seiten der Domain-Inhaberin zu Werbezwecken und zur Befriedigung der eigenen Geschäftsinteressen genutzt und nicht das Informationsinteresse der Allgemeinheit bedient wurde. Die Beklagte stützte sich auf § 23 KUG analog. § 23 Kunsturhebergesetz regelt Ausnahmen zu § 22 KUG, der das Recht am eigenen Bild schützt. Nach § 23 KUG dürfen Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte ohne Einwilligung des Abgebildeten veröffentlicht werden. Das Gericht zweifelte daran, dass die Norm hier schützend eingreifen kann und erklärte darüber hinaus:

»Zumindest die schlichte Benutzung des Namens einer absoluten Person der Zeitgeschichte ohne jegliche Zusatzinformationen als Domain im Internet ist durch die hinter § 23 KUG stehende Meinungs- und Infomationsfreiheit nicht mehr gedeckt, da dadurch der Namensinhaber selbst an einer Präsentation an dieser Stelle gehindert wird.«
Das LG Berlin sah die Sache in anderem Lichte. In seiner Entscheidung (Urteil vom 30.10.2003; Az.: 52 S 31/03) im Streit zwischen den Kinski Erben und den Geschäftsführern der GmbH, die Domain-Inhaber war, vertrat es die Auffassung, die Klage sei unbegründet,
»weil der mit der Abmahnung geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht bestand, den Klägern also kein Schadensersatzanspruch erwachsen konnte.«
Nach Ansicht des Landgericht Berlin befriedigten die Beklagten lediglich das Informationsinteresse der Öffentlichkeit an dem Erblasser als einer Person der Zeitgeschichte. Dazu dürften sie Werbung für die Ausstellung (eine dem Informationsinteresse der Allgemeinheit dienende Veranstaltung) machen. Zur Werbung für die Ausstellung gehöre auch die Benutzung der Internet-Adresse kinski-klaus.de. Dabei beschränkt sich das LG Berlin auf eine Sicht, die gezielt irgendwelche Namens- oder Markenrechtverletzungen durch die Domain ausblendet. Die Kläger hätten sich, so das Gericht
»nicht auf einen Bezeichnungsschutz (etwa Markenrecht) gestützt, sondern auf ihr absolutes Recht an der Vermarktung der Prominenz des Erblassers. Dieses Recht befugte sie nicht, den Beklagten die Ausstellung über den Erblasser und die dafür erforderliche Werbung zu unterlassen.«
Die Urteile zeigen wieder einmal, dass Gerichte und Richter unterschiedlicher Ansicht sein können und dürfen. Das schafft gewisse Unsicherheiten (nicht nur im Domain-Recht), ist aber auch Ausdruck der Unabhängigkeit der Richter.

Domainrechtlich halten wir fest: Prominentennamen können unter dem Gesichtspunkt der Werbung für Informationsveranstaltungen von »Unberechtigten« registriert werden – theoretisch! Tatsächlich kommt man aber nicht an bestehenden Namens- oder Markenrechten vorbei. Die Inhaber von Markenrechten und die Träger von Namen oder die posthumen Namensrechtverwalter können gerade aus diesen Rechten Ansprüche gegen Domain-Inhaber geltend machen und werden immer erfolgreich sein. Zumindest, das hat ein Aspekt der Entscheidung des AG Charlottenburg im Streite seitens der Klaus Kinsik Production gezeigt, innerhalb der ersten 10 Jahre nach Ableben der Person der Zeitgeschichte.

Wie der Bundesgerichtshof die Rechtslage sieht, wird man über kurz oder lang erfahren. Die Kinski-Erben legten gegen die Entscheidung des LG Berlin Revision zum BGH ein. Die Sache trägt beim BGH das Geschäftszeichen VI ZR 330/03.

Kommentar schreiben

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht, oder weitergegeben.
Bitte füllen Sie die gekennzeichneten Felder aus.*

Abonnieren Sie unseren Newsletter

Der Domain-Newsletter von domain-recht.de ist der deutschsprachige Newsletter rund um das Thema "Internet-Domains". Unser Redeaktionsteam informiert Sie regelmäßig donnerstags über Neuigkeiten aus den Bereichen Domain-Registrierung, Domain-Handel, Domain-Recht, Domain-Events und Internetpolitik.

Mit Bestellung des Domain-Recht Newsletter willigen Sie darin ein, dass wir Ihre Daten (Name und E-Mail-Adresse) zum Zweck des Newsletterversandes in unseren Account bei der Episerver GmbH, Wallstraße 16, 10179 Berlin übertragen. Rechtsgrundlage dieser Übermittlung ist Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a) der Europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Sie können Ihre Einwilligung jederzeit widerrufen, indem Sie am Ende jedes Domain-Recht Newsletters auf den entsprechenden Link unter "Newsletter abbestellen? Bitte einfach hier klicken:" klicken.

Top