adnet.at

OGH schafft klare Ortsnamensverhältnisse

Der Österreichische Oberste Gerichtshof hat kürzlich eine folgenreiche Entscheidung (OGH, Urteil vom 20.05.2003, Az.: 4 Ob 47/03w) zum Namensrecht bei Städtenamen getroffen. Die Gemeinde Adnet konnte sich gegen den Inhaber der Domain adnet.at nach zwei erfolgreichen Instanzen in der 3. Instanz nicht durchsetzen, obwohl der Domain-Inhaber selbst nicht Adnet heißt.

Kläger ist die Dorfgemeinde Adnet im Bundesland Salzburg. Der Beklagte ist der Inahber der Domain adnet.at, der darunter eine Website betreibt, die u.a. über das Dorf Adnet und seine Umgebung informiert. Zwischen dem Bürgermeister von Adnet und dem Beklagten gab es im September 1999 ein Gespräch hinsichtlich der Domain, in dem der Bürgermeister der Nutzung durch den Beklagten nicht widersprochen hatte.

Im Herbst 2000 wollte die Klägerin eine eigene Homepage einrichten. Da die Domain adnet.at bereits vom Beklagten belegt war, forderte der Bürgermeister vom Beklagten die Übertragung der Domain adnet.at und begründete das mit dem Namensrecht der Klägerin. Der Beklagte war grundsätzlich bereit, die Domain für 50.000 Schilling (rund € 3600,00) zu übertragen. Darauf liess sich die Gemeinde nicht ein.

Die Klägerin erhob daraufhin Klage und beantragte kurz gesagt, den Beklagten zu verurteilen es zu unterlassen, die Domain adnet.at im geschäftlichen Verkehr zu verwenden und registriert zu halten, den durch die rechtswidrige Registrierung des Domainnamens adnet.at geschaffenen Zustand zu beseitigen, insbesondere in die Löschung des zugunsten des Beklagten registrierten Domainnamens adnet.at einzuwilligen, und die Domain adnet.at an die Klägerin zu übertragen.

Vor dem LG Salzburg (Urteil vom 28.06.2002, Az.: 1 Cg 11/01m-20) und dem OLG Linz (Urteil vom 08.01.2003, Az.: 2 R 186/02i-24) hatte die klagende Gemeinde Adnet mit der Klage Erfolg. Der Beklagte wurde entsprechend den Anträgen verurteilt. Und da das OLG Linz den Gegenstandswert auf € 20.000 festsetzte, wurde der Weg zur ordentlichen Revision versperrt.

Davon liess sich der Beklagte aber nicht abhalten. Er ging den Weg über eine ausserordentliche Revision. Da die anstehende Rechtsfrage in Bezug auf .at-Domains (für .com- und .org-Domains liegen Entscheidungen vor) noch nicht höchstrichterlich beurteilt worden und von Bedeutung war, liess der Oberste Gerichtshof die Revision zu.

Der OGH stellte in seiner Entscheidung fest, dass ein Namensbestreiten bei einer registrierten Ortsnamensdomain unter .at generell zu verneinen ist:

Bei neuerlicher Prüfung ist eine Namensbestreitung auch bei der Registrierung eines Ortsnamens als Domainname in der Top-Level-Domain .at zu verneinen, weil mit der Domainregistrierung in keinem Fall das Recht des Namensinhabers bestritten wird, den Namen zu führen. Dass jeder Domainname nur einmal vergeben werden kann, hat lediglich technische Gründe
Eine Namensanmaßung liege auch nicht vor.
Sie greift in die Rechte des Namensinhabers nur ein, wenn sie dessen schutzwürdige Interessen verletzt. Eine Verletzung schutzwürdiger Interessen liegt insbesondere vor, wenn der unbefugte Gebrauch zu einer Zuordnungsverwirrung führt. Ob es zu einer Zuordnungsverwirrung kommt, ist nicht nur nach dem Domainnamen, sondern auch nach dem Inhalt der Website zu beurteilen
Der Zuordnungsverwirrung bedingten Namensanmaßung könne der Domain-Inhaber begegnen, indem er einen aufklärenden Hinweis auf der Website anbringt. Was der Beklagte in dem Falle gemacht hatte, mit einem Link auf die offizielle Seite der Klägerin und der Erklärung, dass seine Seite nicht die offizielle Seite der Gemeinde Adnet sei.

Auch die Verletzung weiterer berechtigter Interessen der Klägerin konnte der OGH nicht feststellen. Vermeintliche Verletzungen werden letztlich mit dem Argument abgeschmettert, die Registrierung einer Domain ohne Einwilligung des Namensträgers sei dann nicht rechtswidrig, wenn die zugehörige Website Informationen erhält, deren Verbreitung auch im Interesse des Namensträgers stehen.

Der OGH führte weiter aus:

Die Domainregistrierung durch den Beklagten hindert die Klägerin auch nicht, unter einer nur aus ihrem Namen gebildeten Domain im Internet, allerdings in der Gebietskörperschaften vorbehaltenen Second-Level-Domain .gv (adnet.gv.at), aufzutreten […]. Darin liegt ein wesentlicher Unterschied zur Lage in Deutschland – in Deutschland existiert die Second-Level-Domain .gv nicht […] –, so dass die von der Klägerin zitierte Rechtsprechung deutscher Gerichte zur Verwendung von Ortsnamen als Domainnamen für Österreich nur beschränkt aussagekräftig ist.
Der unprätentiöse Umgang mit den Gegebenheiten des Internet, den der österreichische OGH hier an den Tag legt, kann Vorbildfunktion auch für deutsche Gerichte einnehmen. Die Einmaligkeit des Domain-Namens aufgrund technischer Gegebenheiten wird unterstrichen und entsprechende Konsequenzen gezogen. Hier wird einem Prakmatismus der Weg geebnet, der den Gegebenheiten des Internet angemessen ist. Freilich, die Einführung einer Subdomain-Struktur unter .de dürfte abwegig sein, aber die grundsätzliche Verneinung einer Namensbestreitung aufgrund technischer Gegebenheiten kann gleichwohl Anregung geben, diese Fragen neuerlich zu durchdenken.

Deutlich wird aber auch, dass OGH und BGH in einigen Punkten pari sind und zugleich im Verständnis des Internets anderen Gerichten voraus. Auch der OGH gibt klar vor, dass bei der Beurteilung einer Irreführung des Internetnutzers der Domain-Name allein nicht massgebend sein kann, der Inhalt der Website muss mit berücksichtigt werden. Auch das ist in letzter Konsequenz auf die technischen Strukturen der Namensvergabe zurückzuführen. Ohne technisches Verständnis des Internets, lässt sich keine solide Rechtsprechung zum Thema entwickeln.

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