Das Bundesverwaltungsgericht hat in einer Entscheidung die Beschwerde der .de-Registry DENIC eG abgewiesen, die Revision gegen ein Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgericht (OVG) wegen einer Pfändungsverfügung zuzulassen. Wir haben uns den Beschluss des BVerwG näher angeschaut.
In einem Verwaltungsverfahren erging gegen die DENIC eine Pfändungsverfügung, wonach diese im Rahmen einer Verwaltungsvollstreckung als Drittschuldnerin in Anspruch genommen wird. Der Vollstreckung liegen Gewerbesteuerforderungen gegen eine GmbH & Co KG zu Grunde, die mit Domains handelte und Inhaberin verschiedener Domains war. Der DENIC wurde die Übertragung und Löschung der Domains untersagt, und sie wurde aufgefordert, eine Drittschuldnererklärung abzugeben (§ 316 AO). Hiergegen wehrte sich die DENIC und reichte Klage beim Verwaltungsgericht Dresden ein, welches die Klage abwies (Urteil vom 12.04.2016, Az. VG 2 K 5/15). Daraufhin ging DENIC in Berufung zum Sächsischen Oberverwaltungsgericht, das die Berufung zurückwies und eine Revision nicht zuließ (OVG Bautzen, Urteil vom 20.09.2018, Az. OVG 5 A 492/16). Nun legte DENIC Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgericht ein.
Das BVerwG prüfte die Revisionsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO und wies die Beschwerde mit Beschluss vom 14. August 2019 zurück (Az. 9 B 13.19). Das Gericht vermochte es der Beschwerde nicht zu entnehmen, dass die Rechtssache von »grundsätzlicher Bedeutung« ist (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), also
für die angefochtene Entscheidung eine konkrete, fallübergreifende und bislang ungeklärte Frage des revisiblen Rechts von Bedeutung war, deren Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist.
Dabei genüge es nicht, dass die Sache in tatsächlicher Hinsicht eine über den der Beschwerde zu Grunde liegenden Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat. Die Revision könne vielmehr nur zugelassen werden, soweit die Rechtssache eine höchstrichterlich bisher noch nicht geklärte Rechtsfrage von allgemeiner Bedeutung aufwerfe. Die grundsätzliche Bedeutung fehlte unter anderem, da sich das OVG bei seiner Entscheidung in der Sache auf Landesrecht (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 SächsVwVG) stützt, das auf die Abgabenordnung verweist, die in § 316 AO den Drittschuldner zur Abgabe einer Drittschuldnererklärung verpflichtet. Aufgrund dieses Verweises vom Landesrecht, das sich der Überprüfung des Revisionsgerichts entzieht (»nicht revisibles Landesrecht«), auf das Bundesrecht entzieht sich letzteres ebenfalls der Überprüfung durch das Revisionsgericht, denn durch den Verweis aus dem nicht reversiblen Landesrecht auf das Bundesrecht werde letzteres Teil des irrevisiblen Landesrechts. Das BVerwG betont, dass die nahezu wortgleichen bundesrechtlichen Vorschriften für die zivilprozessuale Zwangsvollstreckung (§§ 829 Abs. 1 und 857 Abs. 1 ZPO) daran nichts änderten. Weiter ging das BVerwG der Beschwerde von DENIC folgend der Frage nach, ob die Entscheidung des OVG gegen das Willkürverbot aus Art. 3 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG verstoße, konnte aber keinen Anhaltspunkt dafür entdecken. Die Klägerin habe nicht dargelegt, inwiefern die verfassungsrechtliche Maßstabsnorm des Art. 3 GG einer weiteren grundsätzlichen Klärung hinsichtlich des Willkürverbots bedürfe. Die Klägerin führe in ihrer Beschwerde aus, dass und warum sie das Urteil für willkürlich und rechtlich nicht vertretbar hält. Damit wende sie sich gegen die Rechtsanwendung durch das OVG in diesem Einzelfall, lege aber nicht dar, inwieweit die Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung sei. Auch der Umstand, dass die Klägerin eine bundesweite Registrierungsstelle für Domains sei und ihr deshalb eine Vielzahl von Pfändungsbeschlüssen zugestellt würden, begründe die grundsätzliche Bedeutung nicht: es genüge nicht, dass die Sache in tatsächlicher Hinsicht eine über den der Beschwerde zu Grunde liegenden Einzelfall hinausgehende Bedeutung habe, vielmehr müsse die Rechtssache eine höchstrichterlich bisher noch nicht geklärte Rechtsfrage von allgemeiner Bedeutung aufwerfen. Grundsätzliche Fragen der Drittschuldnerstellung der Klägerin seien jedoch bereits durch die höchstrichterliche Rechtsprechung weitestgehend geklärt.
Auch aufgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO, der regelt, dass eine Revision möglich ist, soweit das Urteil von einer höchstrichterlichen Entscheidung abweicht und auf dieser Abweichung beruht, sei die Revision nicht zuzulassen. Denn das OVG habe sich mit einem seine Entscheidung tragenden, abstrakten Rechtssatz nicht in Widerspruch zu höherer Rechtsprechung gesetzt. Die Klägerin habe in ihrer Beschwerde schon keinen solchen »abstrakten Rechtssatz« formuliert, sondern jeweils die Anwendung der angesprochenen Vorschriften auf den konkreten Fall beschrieben. Zudem ergäbe sich eine Zulassung der Revision schon grundsätzlich nicht aufgrund einer solchen Abweichung. Dieser Revisionsgrund diene dem Anliegen, die Einheitlichkeit der Verwaltungsrechtsprechung in der Auslegung einer bestimmten Gesetzesvorschrift zu sichern und damit Rechtssicherheit auch im Einzelfall zu gewährleisten. Da das OVG sich aber auf Landesrecht (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 SächsVwVG i.V.m. §§ 309, 316,321 AO) stützt und nicht auf Normen der bundesrechtlichen Zivilrechtsordnung, scheide eine Revision wegen Abweichung aus. Das gelte auch dann, wenn das irrevisible Recht mit dem revisiblen Recht inhaltsgleich sei.
Schließlich sah das BVerwG auch keine Verfahrensmängel, auf denen die Entscheidung beruht (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Der Vorwurf der DENIC, sie hätte kein rechtliches Gehör erfahren, greife nicht. Das Gericht sei nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen. Im weiteren ging das BVerwG auf die einzelnen Argumente der DENIC ein, demnach ein Verstoß gegen ihren Anspruch auf rechtliches Gehör vorläge, und begründete unter Heranziehung des Urteils des OVG, warum die Argumente von DENIC nicht griffen, es aber tatsächlich rechtliches Gehör hatte.
Damit lag kein Revisionsgrund des § 132 Abs. 2 VwGO vor und das Bundesverfassungsgericht konnte die Beschwerde der DENIC gegen das Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgericht zurückweisen. Das BVerwG hat so nochmals bestätigt, dass die DENIC bei Domain-Pfändungen als Drittschuldnerin in Anspruch genommen werden kann.
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