BGH-Urteil

DENIC ist Drittschuldner bei Domain-Pfändung

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat seine Rechtsprechung zur Pfändung von Domain-Namen präzisiert: mit Urteil vom 11. Oktober 2018 (Az. VII ZR 288/17) wies er eine Revision der .de-Registry DENIC eG zurück, nachdem diese zur Registrierung einer Domain zu Gunsten des Pfändungsgläubiger verurteilt worden war.

Der Kläger hatte am 07. Februar 2012 vor dem Amtsgericht einen Pfändungsbeschluss erwirkt, mit dem er die angeblichen Ansprüche des Schuldners, Inhaber einer nicht näher genannten .de-Domain, aus dem mit der DENIC eG abgeschlossenen Registrierungsvertrag pfändete. In einem weiterem Beschluss des Amtsgerichts vom 30. November 2012 wurde die gepfändete (angebliche) Forderung des Schuldners gegen die DENIC dem Kläger an Zahlungs Statt zu einem Schätzwert von EUR 5.360,– überwiesen. Sodann kündigte der Kläger den Registrierungsvertrag und beauftragte die DENIC, ihn als zukünftigen Domain-Inhaber zu registrieren. Dies lehnte die DENIC jedoch ab. Deshalb erhob der Kläger vor dem Landgericht Frankfurt am Main Klage und verlangte von der DENIC eG seine Registrierung als Inhaber der streitigen .de-Domain. Das Landgericht gab der Klage statt. Die Berufung der DENIC vor dem Oberlandesgericht Frankfurt blieb ohne Erfolg, jedoch ließ das Oberlandesgericht zumindest ausdrücklich die Revision zu. Damit war der Weg zum BGH frei.

Doch auch vor dem BGH war der DENIC eG kein Erfolg beschieden. Aufgrund des Überweisungsbeschlusses vom 30. November 2012 war der Kläger zum Anspruchsinhaber geworden, § 857 Abs. 1 , § 835 Abs. 2 ZPO. Dabei betonte der BGH nochmals die Rechtsprechung, wonach die DENIC bei der Pfändung der Gesamtheit der schuldrechtlichen Ansprüche des Domain-Inhabers aus dem Registrierungsvertrag Drittschuldnerin ist; zur Begründung verweist der BGH darauf, dass die Pfändung dieser Rechte unmittelbar in das bestehende Vertragsverhältnis eingreift und somit die Rechtsstellung der DENIC betrifft. Die auf den Kläger übergegangenen Ansprüche beinhalten nach Ansicht des BGH auch das Recht, von der DENIC eine Eintragung als Domain-Inhaber zu verlangen. Die Verwertung der gepfändeten Ansprüche des Schuldners gegen die DENIC kann durch Überweisung an Zahlungs Statt zu einem Schätzwert erfolgen. Mit der Überweisung an Zahlungs Statt übernimmt der Gläubiger sämtliche Ansprüche aus dem Registrierungsvertrag, der Schuldner verliert sie hingegen dauerhaft und endgültig. Deshalb muss von der DENIC derjenige als »Inhaber« der Domain registriert werden, dem die Summe dieser Ansprüche und Rechte zusteht. Der Gläubiger, hier also der Kläger, kann dann nach seiner Wahl die Domain selbst nutzen oder auf einen Dritten übertragen; eine Kündigung des Registrierungsvertrages ist dafür nach Ansicht des BGH nicht zwingend notwendig, so dass es auch keiner Erfüllung der Voraussetzungen in § 6 Abs. 2 der Domainbedingungen (gerichtet unter anderem auf die Vorlage von Unterlagen) der DENIC bedarf.

Soweit sich die DENIC auf entgegenstehende schutzwürdige Interessen berufen hatte, überzeugte dies den BGH nicht. In dem Verlangen eines Gläubigers, registriert zu werden, liegt zwar die Erklärung gegenüber der DENIC, mit Wirkung für die Zukunft in den gesamten Vertrag eintreten zu wollen. Den damit verbundenen Wechsel ihres Vertragspartners muss die DENIC jedoch hinnehmen. Angesichts ihrer marktbeherrschenden Stellung für die Vergabe von .de-Domains und des Massencharakters der Domain-Registrierung verbleibt der DENIC nach Auffassung des BGH aber ohnehin kein Spielraum für eine individuelle Beurteilung. Schließlich ist die DENIC gegenüber dem neuen Gläubiger wie gegenüber jedem ihrer Gläubiger aus den Registrierungsverträgen insbesondere dadurch geschützt, dass ihr ein Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund etwa bei Pflichtverletzungen des Gläubigers oder in der Person des Gläubigers liegenden besonderen Umständen zustehen kann. Mit Überweisung der gepfändeten Ansprüche an Zahlungs statt wurde der Kläger somit Inhaber der Domain und kann verlangen, als solcher von der DENIC registriert zu werden, ohne dass gesonderte rechtsgeschäftliche Erklärungen zur Übertragung der Domain erforderlich waren.

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