DSGVO

ICANN unterliegt vor dem Landgericht Bonn

Die Internet-Verwaltung ICANN ist vor dem Landgericht Bonn mit dem Versuch gescheitert, den Domain-Registrar EPAG Domainservices GmbH im Wege eines einstweiligen Verfügungsverfahrens abzuhalten, ausgewählte WHOIS-Daten nicht länger zu speichern (Beschluss vom 29.05.2018 – Az. 10 O 171/18).

Am 25. Mai 2018 hatte ICANN beim Landgericht Bonn einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gestellt und darin begehrt, dass es EPAG unterlassen möge, als ICANN-akkreditierter Registrar Domains unter generischer Endung anzubieten und/oder zu registrieren, ohne dabei Name, Postanschrift, eMail-Adresse, Telefonnummer und (sofern vorhanden) Telefaxnummer des administrativen und/oder des technischen Kontakts zu erheben. Den Anspruch stützt ICANN auf die vertraglichen Vereinbarungen der Parteien im „Registrar Accreditation Agreement“ (RAA), das EPAG dazu verpflichtet, die streitgegenständlichen Daten zu verarbeiten und zu speichern. EPAG hingegen ist der Ansicht, diese Daten nicht mehr erheben zu dürfen, da man sonst gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) verstoße. ICANN wiederum ist der Auffassung, dass die DSGVO nicht anwendbar sei, weil es sich bei den streitgegenständlichen Daten um keine personenbezogenen Daten natürlicher Personen handeln würde. Jedenfalls sei die Erhebung und Verarbeitung nach Art. 6 Abs. (1) lit. a, b und f DSGVO gerechtfertigt.

In seinem ausführlich begründeten Beschluss hat sich das Landgericht Bonn der Ansicht von EPAG angeschlossen und den Antrag von ICANN als unbegründet zurückgewiesen, da ein Verfügungsanspruch nicht glaubhaft gemacht worden sei. Zwar könne sich die Internetverwaltung formal auf ihren vertraglichen Anspruch aus dem RAA berufen. Die Vertragstreue reiche jedoch nur soweit, als die vertraglichen Vereinbarungen in Einklang mit geltendem Recht stehen, § 242 BGB. Gemessen an den Regelungen des Art. 5 Abs. (1) lit. b und c DSGVO, wonach personenbezogene Daten nur für festgelegte, eindeutige und legitime Zwecke erhoben werden dürfen, und dem Zweck angemessen und erheblich sowie auf das für die Zwecke der Verarbeitung notwendige Maß beschränkt sein müssen, sei ein entsprechendes Bedürfnis von ICANN nicht glaubhaft gemacht. Die Daten des Domain-Inhabers würden unverändert erhoben und gespeichert; ein „Mehr“ an Daten sei dagegen nicht unabdingbar notwendig. Soweit ICANN im Rahmen allgemeiner Belange strafrechtlich relevante oder sonst wie zu ahnende Verstöße oder Sicherheitsprobleme geltend gemacht habe, werde dem durch die Erhebung und Speicherung der Daten des Domain-Inhabers Genüge getan, wobei sich der Kammer nicht erschließe, weshalb zu diesem weniger Daten erfasst würden als für Admin-C und Tech-C. Weitere Datensätze seien vor dem Hintergrund des Grundsatzes der Datensparsamkeit nicht vonnöten. Auch in der Vergangenheit sei nach dem unstreitigen Vortrag der Parteien eine Registrierung von Domain-Namen bei Ermangelung von Daten, die über den Domain-Inhaber selbst hinausgehen, nicht unterblieben. Wenn dies möglich gewesen sei und weiter ist, seien die streitgegenständlichen Daten zur Zweckerreichung nicht notwendig. Parallelen des WHOIS-Systems zum Markenregister wies die Kammer zurück; dafür fehle es an entsprechenden internationalen Abkommen. Schließlich strich das Gericht den Streitwert von EUR 1 Mio. auf EUR 50.000,- zusammen.

In einer ersten Stellungnahme zeigte sich ICANN enttäuscht, zumal grundsätzliche Rechtsfragen offen blieben. „While ICANN appreciates the prompt attention the Court paid to this matter, the Court’s ruling today did not provide the clarity that ICANN was seeking when it initiated the injunction proceedings,“ sagte General Counsel John Jeffrey. Zugleich kündigte er an, weiterhin das Gespräch mit der EU-Kommission sowie der Artikel-29-Datenschutzgruppe zu suchen; ob man gegen die Entscheidung des Landgerichts in Rechtsmittel zum Oberlandesgericht Bonn geht, ließ er offen. Allerdings wäre es überraschend, wenn in dieser Sache mit der Entscheidung des Landgerichts in Bonn das letzte Wort schon gesprochen wurde.

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