LG Hamburg

Von Facebook automatisiert und ohne Zustimmung eingerichtete Unternehmensseiten sind rechtswidrig

Facebook muss eine automatisch und ohne Zustimmung des jeweiligen Unternehmens bzw. Betroffenen generierte Facebook-Seite löschen. Das hat das Landgericht Hamburg (Urteil vom 13.02.2020, Az. 312 O 372/18) entschieden.

Die Kläger, eine in Hamburg ansässige Anwaltskanzlei und einer ihrer Partner, bemerkten am 19. Januar 2018, dass ohne ihre Einwilligung unter facebook.com Profile mit ihren Namen eingerichtet worden waren. Es handelte sich um sogenannte nicht-verwaltete Seiten, die automatisch von der Beklagten, der Betreiberin des Netzwerks, generiert werden, wenn ein Unternehmen über kein Facebook-Profil verfügt und ein Nutzer das Unternehmen dort sucht, wobei die Angaben auf öffentlich zugänglichen Informationen beruhen. Die Kläger nutzten zunächst das Online-Meldeformular und ein Anwaltsschreiben, um die Beklagte aufzufordern, die Profile nicht länger öffentlich zugänglich zu machen. Hierauf reagierte die Beklagte jedoch nicht. Daraufhin mahnten die Kläger die Beklagte mit Schreiben vom 12. Februar 2018 ab und erwirkten anschließend eine einstweilige Verfügung; die Beklagtenvertreter legitimierten sich am 30. April 2018 für die Beklagte im Verfügungsverfahren. Die Kläger übermittelten ihnen am 30. Mai 2018 ein Abschlussschreiben; die Beklagte gab die geforderte Erklärung aber nicht ab. Die Kläger verlangten daraufhin im Hauptsacheverfahren die Unterlassung, die Webseiten ohne ihre Einwilligung zugänglich zu machen, sowie die Erstattung von Anwaltsgebühren für das Abschlussschreiben.

Das Landgericht Hamburg bestätigte seine Ansicht aus dem einstweiligen Rechtsschutzverfahren und bejahte einen Anspruch auf Unterlassung aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB, da die Gestaltung der Profile einen rechtswidrigen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb darstelle. Es bestehe zunächst ein betriebsbezogener Eingriff aufgrund der Verwechslungsgefahr zwischen dem streitgegenständlichen Profil und einer von der Kanzlei selbst erstellten Profilseite. Ein erheblicher Teil der Nutzer sei mit den Gepflogenheiten bei Facebook nicht vertraut und geht bei der angegriffenen Darstellung irrig davon aus, dass es sich um ein mit Zustimmung der Klägerin errichtetes Profil handele. Dies sei insbesondere dann naheliegend, wenn der Nutzer bei einer Suche von einer Drittseite, wie Google, auf die Seite mit dem Profil geleitet wird. Einem erheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise sei zudem nicht bekannt, dass die Beklagte automatisch generierte Profilseiten ohne Zustimmung der Betroffenen einrichtet. Hinweise der Beklagten (mit kleiner grauer Schrift auf weißem Hintergrund), dass es sich um „inoffizielle Seiten“ handeln würde, seien nicht ausreichend und könnten leicht übersehen werden; sie machten nicht deutlich, dass sich um eine automatisch und ohne Zustimmung der Klägerin generierte Seite handelt. Dieser Eingriff sei auch rechtswidrig. Die Klägerin hatte unter anderem auf diverse datenschutzrechtliche Verfehlungen des Facebook-Konzerns hingewiesen und ausgeführt, dass sie sich bewusst gegen eine Präsenz bei Facebook entschieden habe. Für eine Anwaltskanzlei, für deren Tätigkeit Vertraulichkeit, Seriosität und Schutz von Mandantendaten von wesentlicher Bedeutung sind, bestehe ein erhebliches Interesse, von bestehenden oder potentiellen Mandanten nicht gegen ihren Willen mit einem solchen Netzwerk in Verbindung gebracht zu werden, meinte auch das Landgericht. Im Fall des Kanzleipartners stützte das Landgericht den Unterlassungsanspruch schließlich auf §§ 823 Abs. 2, 1004 BGB i.V.m. § 4 BDSG a.F., Art. 6 DSGVO. Bei § 4 BDSG a.F. und Art. 6 DSGVO handele es sich um Schutzgesetze im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB. Eine Verwendung der personenbezogenen Daten des Klägers (Name, Beruf, Standort) sei sowohl nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 BDSG a.F. als auch nach Art. 6 DSGVO unzulässig.

Einen Anspruch auf Erstattung der Anwaltsgebühren für die Abmahnung und das Abschlussschreiben lehnte das Landgericht aber ab. Ein Rechtsanwalt, der sich selbst für die Abmahnung eines unschwer zu erkennenden Wettbewerbsverstoßes mandatiert, könne keine Anwaltsgebühren beanspruchen. Die Beauftragung eines Rechtsanwalts zur Abmahnung eines Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht sei insbesondere dann nicht notwendig, wenn der Abmahnende selbst über eine hinreichende eigene Sachkunde zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung eines unschwer zu erkennenden Wettbewerbsverstoßes verfügt. Dies gelte auch für die vorliegenden Verstöße, da die Klägerin eine Kanzlei mit Schwerpunkt im gewerblichen Rechtsschutz, Medien- und Urheberrecht ist. An der Kostenentscheidung des Gerichts änderte sich aber nichts; die Kosten wurden vollumfänglich Facebook auferlegt.

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