Buchtipp

Geistiges Eigentum und Menschenrechte

Unter dem Titel „Immaterialgüterrecht – Das Verhältnis von geistigem Eigentum und Menschenrechten“ haben die Herausgeber Horst-Peter Götting (TU Dresden) und Guido Westkamp (Queen Mary, University of London) eine Sammlung von Arbeiten zum Immaterialgüterrecht aus zwei von ihnen gehaltenen Seminaren in den Jahren 2006 und 2007 an der Technischen Universität Dresden zusammengetragen, die für den Marken- und Domain-Rechtler von Interesse sind.

Zentrales Thema dieser Sammlung ist das Verhältnis von internationalem Immaterialgüterrecht einschließlich des Persönlichkeitsschutzrechts zur Gemeinfreiheit. Aufsatztitel wie „Zwangslizenzen als verfassungswidrige Enteignung“, „Der Schutz dreidimensionaler Formgestaltungen im Geschmacksmuster-, Marken- und Urheberrecht“ und „Regelungen und Problemstellungen der geographischen Herkunftsangaben im internationalen (TRIPS), europäischen und deutschen Recht“ geben einen Eindruck, wovon die Rede ist. Uns lag freilich nur der Aufsatz von Rechtsanwalt Dr. Lars Jaeschke „Satirische und kritische Verwendung bekannter Marken im deutschen und britischen Recht“ vor.

Rechtsanwalt Jaeschke stellt, nachdem er in einer Einleitung die tatsächliche und wirtschaftliche Bedeutung von Marken vermittelt hat, die markenrelevanten Rechtsvorschriften dar, die vom vertieft dargestellten Markengesetz selbst über Urheberrecht, UWG und Geschmacksmustergesetz bis hin zu Namensrecht, Deliktsrecht und Domain-Recht reicht. Sehr deutlich wird die Rechtsentwicklung durch die Spruchpraxis, die beim Begriff der markenmäßigen Benutzung durch den Europäischen Gerichtshof, die vom Bundesgerichtshof aufgenommen wurde, dazu führte, dass grundsätzlich auch satirische und kritische Nutzung von Markenbegriffen eine markenmäßige Benutzung darstellt. In der Folge macht Jaeschke nochmals an einzelnen Entscheidungen, wobei zwischen denen vor Einführung des Markengesetzes 1995 und denen danach unterschieden wird, die Rechtsentwicklung in Deutschland deutlich. Dabei fehlen auch die bekannten domainrechtlichen Entscheidungen oil-of-elf.de (KG Berlin, Urteil vom 23.10.2001, Az.: 5 U 101/01), stoppesso.de (LG Hamburg, Beschluss vom 10.6.2002, Az.: 312 O 280/02) und awd-aussteiger.de (OLG Hamburg, Urteil vom 18.12.2003, Az.: 3 U 117/03) nicht.

In Folge der weiten Auslegung des Benutzungsbegriffs, der seinerseits grundsätzlich auch bei satirischer und kritischer Markennutzung greift, erwägen einige ein Korrektiv, das mit dem Begriff „fair-use“ umschrieben ist und einerseits bei § 14 MarkenG und andererseits über § 23 Nr. 2 MarkenG ansetzt. Jaeschke diskutiert hier die Positionen und die Bereiche, bei denen „fair-use“ anzusetzen ist. Die Lösung über § 23 MarkenG lehnt er ab und befürwortet die vom OLG Hamburg (Abschluss 2006, Beschluss vom 05.01.2006, Az.: 5 W 1/06) gewählte Lösung, beim ungeschriebenen Tatbestandsmerkmal Rechtswidrigkeit in § 14 MarkenG anzusetzen und eine Güterabwägung zu treffen, bei die Grundrechte des Art. 5 GG herangezogen werden.

Überraschend fällt der Teil zur Rechtsprechung hinsichtlich satirischer und kritischer Markennutzung in Großbritannien aus. Die gibt es tatsächlich gar nicht, da Marken in Großbritannien einen anderen, geringeren und von Richtern argwöhnisch betrachteten Stellenwert haben. Markeninhaber wagen es aus diesem Grunde gar nicht erst, gegen satirische und kritische Nutzungen vorzugehen. Doch werden die Fragen hypothetisch diskutiert. Immerhin führte Großbritannien das von der EU diktierte Markengesetz bereits 1994 ein. Eine besondere Regelung für satirische Markennutzung gibt es nicht. „Fair-use“ wird dort zumindest erwogen, doch gibt es letzten Endes keine Rechtsfälle, bei denen dieses Korrektiv Anwendung finden könnte.

Die Arbeit von Rechtsanwalt Dr. Lars Jaeschke spitzt aufgrund ihrer Kürze die Rechtsfrage bei satirischer oder kritischer Markennutzung zu und schärft den Blick für das Wesentliche. Damit ist sie eine große Hilfe für den Praktiker. Soweit die anderen Arbeiten der Seminarteilnehmer ähnliche Qualität besitzen – und die Herausgeber haben nach eigenen Angaben nur besonders gelungene Arbeiten übernommen –, sollte sich die Anschaffung dieses Büchleins lohnen.

Lars Jaeschke, „Satirische und kritische Verwendung bekannter Marken im deutschen und britischen Recht“ in: Götting, Horst-Peter und Westkamp, Guido (Hrsg.) „Immaterialgüterrecht – Das Verhältnis von Geistigem Eigentum und Menschenrechten“, 252 Seiten, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-89821-839-9?, S. 117–154

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