Domain-Newsletter

Ausgabe #1203 – 01. Februar 2024

Themen: Machtwort – ICANN schließt „closed generics“ aus | DNS Abuse – ICANN ändert Grundlagenverträge | TLDs – Neues von .box, .internal und .lb | WIPO – 2023 Rekordjahr mit 6.200 UDRP-Verfahren | „Save From“ – Zwei UDRP-Verfahren, zwei Meinungen | 0.io – Nullum zum Preis von US$ 125.000,– | IPv6 – eco hilft den Zauderern beim Umstieg

MACHTWORT – ICANN SCHLIESST „CLOSED GENERICS“ AUS

ICANN hat im Streit um die Zulassung von „closed generics“ ein Machtwort gesprochen: in absehbarer Zeit werden Bewerbungen um geschlossene Top Level Domains nicht zugelassen.

Es gibt zahlreiche Fragen, die auf dem Weg zur nächsten Einführungsrunde generischer Top Level Domains beantwortet werden müssen. Eine davon sind die so genannten „closed generics gTLD applications“ wie .blog, .cloud oder .music. Darunter versteht man die Bewerbung um eine Zeichenfolge, die einem generischen und markenrechtlich nicht geschützten Begriff entspricht, eine Registrierung aber ausschließlich der Registry oder einem verbundenen Unternehmen vorbehält, so dass sie der Allgemeinheit entzogen ist. In seinem „Peking-Kommuniqué“ aus dem Jahr 2013 empfahl der ICANN-Regierungsbeirat Governmental Advisory Committee (GAC), dass der Betrieb solcher Endungen öffentlichen Interessen dienen muss. Prompt entzündete sich der Streit, was unter „public interest“ zu verstehen ist, also zum Beispiel in einem globalen Sinne oder lediglich im Interesse einer bestimmten, abgrenzbaren Community. Allein für diese Diskussionen bis zur Vorlage einer verbindlichen Regelung sahen die Planungen von ICANN zur nächsten nTLD-Einführungsrunde einen Diskussionszeitraum von 96 Wochen vor, ohne die Gewissheit, dass eine verbindliche Regelung gefunden werden kann.

Diese Sorge hat uns der ICANN-Vorstand nun genommen. In einem Schreiben vom 22. Januar 2024 wandte sich Tripti Sinha, Chair des ICANN Board of Directors, an die Vertreter des At-Large Advisory Committee (ALAC) und der Generic Names Support Organization (GNSO), um sie in Sachen „closed generics“ auf den aktuellen Stand zu bringen. Und dieses Update fällt eindeutig aus. Nach einer gründlichen Diskussion und unter Berücksichtigung aller relevanten Faktoren sei man zu folgendem Ergebnis gekommen: „the Board has considered the GAC Advice and has determined that closed generic gTLD applications will not be permitted until such time as there is an approved methodology and criteria to evaluate whether or not a proposed closed domain is in the public interest.“ Damit mildert man die Forderung des GAC nur leicht ab. Im Oktober 2023 hatte das GAC noch empfohlen: „to ensure that the forthcoming Applicant Guidebook clearly states that Closed Generic gTLD applications will not be considered.“ Ein dauerhaftes Verbot soll es also nach dem Willen des ICANN-Vorstands nicht geben; es gibt jedoch auch keine Anzeichen dafür, dass man in absehbarer Zeit Methoden und Kriterien für die Bestimmung des öffentlichen Interesses findet, so dass das Zulassungsverbot, wie vom GAC gewünscht, rein faktisch jedenfalls für die nächste Einführungsrunde gilt.

Die breite Öffentlichkeit dürfte die Entscheidung des ICANN-Vorstands begrüssen. Zum einen beschleunigt sie die Vorbereitungen rund um die nächste Einführungsrunde, da weitere Diskussionen zu „closed generics“ obsolet geworden sind. Zum anderen erhöht dies die Möglichkeit, dass eine neue eingeführte Top Level Domain eine allgemeine, frei zugänglich Registrierung gestattet. Allerdings bleibt es den Bewerbern überlassen, selbst bei potentiell freien Top Level Domains die Zahl der Domain-Registrierungen mittels überdurchschnittlich hoher Registrierungsgebühren zu steuern und so gering zu halten.

Das Schreiben von Tripti Sinha finden Sie unter:
> https://www.icann.org/en/system/files/correspondence/sinha-to-zuck-dibiase-22jan24-en.pdf

Quelle: icann.org, eigene Recherche

DNS ABUSE – ICANN ÄNDERT GRUNDLAGENVERTRÄGE

Der Vorstand der Internet-Verwaltung ICANN hat tiefgreifende Änderungen an den Grundlagenvereinbarungen mit Domain-Registries und -Registraren beschlossen. Im Interesse der Bekämpfung von „DNS Abuse“ wurden deren Rechte und Pflichten erweitert.

Im November 2022 hatten sich die Registries Stakeholder Group (RySG) und die Registrar Stakeholder Group (RrSG) an ICANN gewandt und angeregt, die vertraglichen Verpflichtungen zur Vermeidung von „DNS Abuse“ anzupassen. Konkret geht es um zwei Grundlagenvereinbarungen, das Base Generic Top-Level Domain Registry Agreement (Base RA) zwischen ICANN und den Registries sowie das Registrar Accreditation Agreement (RAA) zwischen ICANN und den Registraren. Die dort geregelten Verpflichtungen gelten als schwammig, weil viele Begriffe wie „DNS Abuse“ nicht definiert sind. Dieser Schritt soll mit einer angepassten vertraglichen Regelung gelingen. So heißt es etwa im neu eingefügten 3.18.2 des RAA: „When Registrar has actionable evidence that a Registered Name sponsored by Registrar is being used for DNS Abuse, Registrar must promptly take the appropriate mitigation action(s) that are reasonably necessary to stop, or otherwise disrupt, the Registered Name from being used for DNS Abuse. Action(s) may vary depending on the circumstances, taking into account the cause and severity of the harm from the DNS Abuse and the possibility of associated collateral damage.“ Ziffer 4.2 des neuen „Base RA“ ist noch etwas ausführlicher: „Where a Registry Operator reasonably determines, based on actionable evidence, that a registered domain name in the TLD is being used for DNS Abuse, Registry Operator must promptly take the appropriate mitigation action(s) that are reasonably necessary to contribute to stopping, or otherwise disrupting, the domain name from being used for DNS Abuse. Such action(s) shall, at a minimum, include: (i) the referral of the domains being used for the DNS Abuse, along with relevant evidence, to the sponsoring registrar; or (ii) the taking of direct action, by the Registry Operator, where the Registry Operator deems appropriate. Action(s) may vary depending on the circumstances of each case, taking into account the severity of the harm from the DNS Abuse and the possibility of associated collateral damage.“ Beim Begriff des „DNS Abuse“ greift man einheitlich auf eine inzwischen etablierte ICANN-Definition zurück: „DNS Abuse means malware, botnets, phishing, pharming, and spam (when spam serves as a delivery mechanism for the other forms of DNS Abuse)“.

Nachdem bereits die Registries und Registrare mit diesen Änderungen einverstanden waren, haben sie auch die Zustimmung des ICANN-Vorstands gefunden. Anlässlich seiner Sitzung vom 21. Januar 2024 beschloss der Vorstand, die vorgeschlagenen globalen Änderungen in Base RA und RAA zu genehmigen. Zugleich wurde der CEO angewiesen, die Änderungen umzusetzen. Dabei sah sich ICANN in Zugzwang, da in den vergangenen Jahren verschiedenen Interessengruppen – explizit erwähnt werden Regierungen – dazu aufgefordert hätten, mehr zur Bekämpfung von DNS-Missbrauch zu tun. ICANN betont jedoch, dass der Schwerpunkt der neuen Bestimmungen auf DNS-Missbrauch im Sinne der oben genannten Definition liegt; Fragen des Missbrauchs von Website-Inhalten oder des Zugriffs auf WHOIS-Daten sind dagegen nicht Gegenstand der Änderungen. Gegen Bestrebungen, die Definition von DNS-Missbrauch auf Bereiche wie Inhalte auszudehnen, verwahrte sich der Vorstand ausdrücklich. Vielmehr sollen die neuen Bestimmungen die Rollen und Verantwortlichkeiten von Registries und Registraren angemessen widerspiegeln und zielen nicht darauf ab, ihnen „pass-through“-Regelungen aufzuerlegen. Die Tatsache, dass beide unterschiedliche Rollen im Domain Name System spielen, wird durch die Änderungen anerkannt. Wichtig sei, dass die beschlossenen Änderungen weder die konkrete Abhilfemaßnahmen noch deren Zeitpunkt festlegen, da ein solcher Ansatz möglicherweise nicht in allen Fällen das gewünschte Ergebnis garantiere; die Angemessenheit und Schnelligkeit der Maßnahmen hänge vielmehr von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab.

Wie sich die Änderungen praktisch auswirken, bleibt abzuwarten. Die wohl auffälligste Neuerung dürfte sein, dass Missbrauchskontakte auf der Website künftig noch leichter zugänglich sein müssen, zum Beispiel über Websiteformulare; ferner ist der Erhalt einer Missbrauchsmeldung zu bestätigen.

Den Beschluss des ICANN-Vorstands finden Sie unter:
> https://www.icann.org/en/board-activities-and-meetings/materials/approved-resolutions-regular-meeting-of-the-icann-board-21-01-2024-en#section2.c

Quelle: icann.org, eigene Recherche

TLDS – NEUES VON .BOX, .INTERNAL UND .LB

Die Top Level Domain, die es offiziell gar nicht gibt: ICANN hat angekündigt, die Endung .internal dauerhaft reservieren zu wollen. Derweil hat Libanons .lb endgültig eine neue Heimat gefunden, während .box das Beste aus zwei Welten verspricht – hier unsere Kurznews.

Das im kanadischen Toronto ansässige Unternehmen My.box Inc. beabsichtigt, mit der Top Level Domain .box den Markt neu aufzurollen. Laut Pressemitteilung handelt es sich um die weltweit erste Blockchain-native, DNS-routingfähige Domain. Der Inhaber einer .box-Domain erhalte dezentralen Besitz und Zugriff auf DNS-Eintragsverwaltung, Integration in den Ethereum Name Service (ENS), Zahlungen, Web3-Authentifizierung, Web3-Nachrichten, Websites und eMail. Sicherstellen soll das eine Kooperation mit der auf den Cayman-Island ansässigen Intercap Registry Inc., der von ICANN akkreditierten Registry von .box. Intercap akzeptiert derzeit aber lediglich eine Zahlung in den Kryptowährungen Ethereum und USD Coin (USDC), weshalb die Zahl der registrierten .box-Domains mit aktuell 1.561 überschaubar ist. Davon sollen allein 1.555 Domains über das US-Webhosting-Unternehmen NameSilo LLC registriert sein; auf der Website des Unternehmens sucht man .box aber vergeblich. Dennoch verspricht man einen neuen Standard in der Welt der Blockchain-basierten Top Level Domains. Nick Johnson, Gründer von ENS, erklärt: „Wir hatten schon immer großen Respekt vor dem DNS und freuen uns sehr, Zeuge dieser einzigartigen .box-Implementierung zu werden, die eine nahtlose Interoperabilität zwischen den beiden Systemen unterstützt.“ Seit 18. Januar 2024 sind die Domains verfügbar; in der Premium-Preisphase zu Beginn liegen die Gebühren bei USDC 7.680,– und fallen dann sechs Tage lang exponentiell ab, bis sie bei einem festen Kurs von USDC 120,– enden.

Die Internet-Verwaltung ICANN beabsichtigt, die Zeichenkette .internal auf die Liste der reservierten Top Level Domains zu setzen. ICANN setzt damit eine Empfehlung des Security and Stability Advisory Committee (SSAC) aus dem September 2020 um. Das auf Sicherheit und Integrität des Domain Name Systems spezialisierte Gremium hatte vorgeschlagen, ein Label zu reservieren, dass weder aktuell noch in Zukunft delegiert wird. Derzeit würden viele Unternehmen und Gerätehersteller spontan Top Level Domains, die nicht in der Root Zone vorhanden sind, für private Zwecke nutzen. Diese Verwendung ist nach Ansicht des SSAC unkoordiniert und könne den Internetnutzern Schaden zufügen, da es keine expliziten Bestimmungen für solch interne TLDs gebe. Mit der Endung .internal soll es daher künftig eine Zeichenfolge geben, die auf ähnliche Weise wie private IP-Adressen reserviert bleibt. Unternehmen können sie verwenden, ohne dass entsprechende Domain-Namen im öffentlichen DNS auftauchen, was das Risiko von Kollisionen zwischen öffentlichen und privaten Domain-Namen und von Datenverlusten verringert. Zur Auswahl stand auch die Zeichenfolge .private, die jedoch nach eingehender Beratung zu Gunsten von .internal verworfen wurde. Aktuell und noch bis 21. März 2024 kann die Öffentlichkeit zur beabsichtigten Reservierung Stellung nehmen; die Internet Assigned Numbers Authority (IANA) hat die Reservierung aber bereits vorläufig angeordnet.

Der Vorstand der Internet-Verwaltung ICANN hat am 21. Januar 2024 nun auch formal beschlossen, die Verwaltung der libanesischen Länderendung .lb auf die Internet Society Lebanon zu übertragen. Aktuell fungiert ICANN selbst – und erst zum zweiten Mal in seiner Geschichte – als sogenannter „caretaker“ für .lb, nachdem die offizielle Registry American University of Beirut (AUB) mitgeteilt hatte, keine Verantwortlichkeit über .lb mehr zu haben. Diese soll seit geraumer Zeit bei Nabil Bukhalid gelegen haben, einem libanesischen Informatiker und Gründer des Lebanese Academic and Research Network. Allerdings ist Bukhalid am 04. Januar 2023 verstorben, so dass sich zuletzt seine Angehörigen um .lb gekümmert haben. In der Datenbank der Internet Assigned Numbers Authority (IANA) ist der Registry-Wechsel bereits eingetragen, auch wenn im Hinblick auf Domain-Registrierungen nach wie vor auf die Website der LBDR LLC verlinkt wird. Nach Angaben von ICANN habe die Community keine wesentlichen Probleme oder Bedenken gegen die Übertragung angemeldet. Es soll lediglich außerhalb des IANA-Verfahrens Einspruch erhoben worden sein, der sich bei näherer Überprüfung aber nicht bestätigt habe. Für bereits registrierte .lb-Domains – es soll sich um weniger als 5.000 Adressen handeln – besteht aktuell kein Risiko; ein Wechsel der Registry unter Aufsicht von ICANN vollzieht sich üblicherweise geräuschlos.

Weitere Informationen zu .box finden Sie unter:
> http://www.my.box/

Weitere Informationen zu .internal finden Sie unter:
> https://www.icann.org/en/public-comment/proceeding/proposed-top-level-domain-string-for-private-use-24-01-2024

Quelle: newswire.ca, icann.org

WIPO – 2023 REKORDJAHR MIT 6.200 UDRP-VERFAHREN

WIPO hat seinen Jahresbericht zur Entwicklung der UDRP-Verfahren 2023 veröffentlicht und verzeichnet ein neues Rekordhoch an Domain-Streitigkeiten. Domain-Anwalt John Berryhill weist auf einen neuen prozentualen Rekord von Reverse Domain Name Hijacking (RDNH) hin.

In einem aktuellen Report berichtet WIPO, dass im vergangenen Jahr 2023 insgesamt 6.192 UDRP-Verfahren und nationale Varianten des Streitbeilegungsverfahrens in Genf anhängig waren. Insgesamt summieren sich so die bei WIPO seit Ende 1999 anhängigen Verfahren auf 67.625. Waren in den früheren Jahren immer auch wieder Rückgänge gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnen, so zeigt sich seit zehn Jahren ein konsequenter Anstieg der UDRP-Verfahren bei der WIPO. 2013 waren es noch 2.585, nun sind es 6.192 Fälle. Die meisten Beschwerden kamen aus den USA, Frankreich und dem Vereinigten Königreich, wobei insgesamt 40 Prozent aller Beschwerden in Europa und 33 Prozent in Nordamerika eingereicht wurden. WIPO sieht in den Zahlen unter anderem einen Erfolg des UDRP-Verfahrens, weil es eine Alternative zu zivilgerichtlichen Verfahren darstellt. Weiter sieht man einen Zusammenhang des Anstiegs von UDRP-Verfahren von 5.764 in 2022 auf jetzt knapp 6.200 mit dem Anstieg von Domain-Registrierungen allgemein, den wir nicht nachvollziehen können. Insbesondere sind die Registrierungen unter .com im Jahr 2023 um rund 900.000 netto gegenüber dem Vorjahr 2022 zurückgegangen. Allerdings führt WIPO den Anstieg der Verfahren auch auf die verstärkte Wahrnehmung der UDRP bei Unternehmen jeder Größe und auf mehr Internetkriminalität zurück.

Mit 82 Prozent führten UDRP-Verfahren ganz überwiegend zum Transfer der streitbefangenen Domain-Namen. In 3 Prozent der Fälle wurde die Beschwerde abgewiesen, in 14 Prozent einigten sich die Parteien und in 1 Prozent wurde das Verfahren beendet. Verfahren wurden 2023 in 17 verschiedenen Sprachen geführt, wobei Englisch, Chinesisch und Französisch auf den ersten Plätzen liegen; die Anzahl von Verfahren auf Deutsch liegen an 8. Stelle. Überwiegend stritten Unternehmen aus dem Bereich Banken und Finanzen (13 Prozent) und aus Biotechnologie und Pharmazie (11 Prozent); Mode und Retail kamen jeweils auf 10 Prozent. Die Endung .com kommt auf 80 Prozent der Verfahren; WIPO gibt in seinem Report keine präzisen Zahlen für andere Endungen, stellt aber verstärkte Beteiligung von Domains unter Länderendungen heraus, bei denen .co-Domains (knapp 120 Verfahren) an erster Stelle stehen, gefolgt von Chinas .cn (ca. 70) und Mexikos .mx (keine 60). WIPO beendet den Report mit sechs Beispielsentscheidungen, um die Diversität der Fallkonstellationen darzustellen.

Auf eine andere Entwicklung bei UDRP-Verfahren weist Andrew Allemann (domainnamewire.com) hin, der in einem kurzen Artikel auf eine Zählung von Domain-Anwalt John Berryhill verweist. Berryhill hatte sich angeschaut, wie sich die Anzahl von Reverse Domain Name Hijacking-Entscheidungen bei WIPO und The Forum (National Arbitration Forum – NAF) im Lauf der Jahre entwickelt hat. Hier zeigt sich, dass der Anteil von RDNH-Bestätigungen bei Abweisung einer UDRP-Beschwerde prozentual rapide gestiegen ist. 2023 wurden bei WIPO und NAF insgesamt 49 RDNH-Fälle festgestellt. Beinahe jede 5. Beschwerdeabweisung (knapp 20 Prozent) ging mit einem bestätigten RDNH einher, während der Wert in früheren Jahren teilweise unter 4 Prozent lag. Für Allemann lässt sich den Zahlen entnehmen, dass der Anteil von Abweisungen sinkt, was im Sinne der UDRP ist, die für klare Markenrechtsverletzungen entwickelt wurde. Zugleich nehme der Anteil der Entscheide gegen missbräuchliches Nutzen der UDRP zu, was für die Panelist*innen und deren Verständnis hinsichtlich der den Domain-Inhabern entstehenden unnötigen Kosten spricht.

Den WIPO-Report zu den UDRP-Verfahren 2023 finden Sie unter:
> https://www.wipo.int/amc/en/domains/caseload.html?utm_source=WIPO+Newsletters&utm_campaign=427fd02be5-DIS_DND_EN_250124&utm_medium=email&utm_term=0_-a4e34a41fd-%5BLIST_EMAIL_ID%5D

Den kurzen Artikel von Andrew Allemann findet man unter:
> https://domainnamewire.com/2024/01/26/reverse-domain-name-hijacking-cases-hit-record-high-in-2023/

Spezialisierte Anwälte findet man unter:
> https://www.domain-anwalt.de

quelle: wipo.int, domainnamewire.com, eigene Recherche

„SAVE FROM“ – ZWEI UDRP-VERFAHREN, ZWEI MEINUNGEN

Die US-amerikanische ULIONA LIMITED ging, nachdem sie im Juni 2023 im Streit um die Domain savefromus.com erfolgreich war, gegen den Inhaber der Domain savefromweb.com vor. Diesmal allerdings ohne Erfolg, da Fragen der Bekanntheit der Marke „SAVEFROM“ und der Motivation zur Registrierung der Domain savefromweb.com offenblieben.

savefromweb.com
Die ULIONA LIMITED ist ein Software-Unternehmen, das über sein Angebot savefrom.net Nutzern die Möglichkeit gibt, Videos und andere Medien von YouTube und anderen Anbietern herunterzuladen. Sie ist seit 2016 Inhaberin der eingetragenen US-Marke „SAVEFROM“ und sieht ihre Markenrechte durch die Domain savefromweb.com verletzt. Die ULIONA LIMITED startete ein UDRP-Verfahren vor The Forum – National Arbitration Forum (NAF) und trug unter anderem vor, der Gegner nutze die 2018 registrierte Domain, um auf betrügerische Weise die Bekanntheit der Marke „SAVEFROM“ auszunutzen. Unter der Domain werden vergleichbare Download-Möglichkeiten geboten. Der Gegner Joseph Gardner / Green Geeks LLC nahm zu den Vorwürfen keine Stellung, sondern erklärte einfach, gar nicht Inhaber der Domain savefromweb.com zu sein; sie gehöre einem früheren Kunden, der den Hosting-Vertrag gekündigt habe. Seitdem sei man, aufgrund eines Bugs, als Inhaber der Domain eingetragen.

Als Panel wurde der australische Rechtsanwalt Nicholas J.T. Smith ernannt, der die Beschwerde zurückwies (NAF Claim Number: FA2312002076426). Er überprüfte zunächst, ob der Beschwerdegegner der richtige Beschwerdegegner sei, was er bestätigte, da er keine Beweise für seine Behauptung der fehlenden Inhaberstellung vorgelegt habe. Anschließend stellte Smith die Ähnlichkeit zwischen der Domain und der Marke fest. Die Beschwerdeführerin scheiterte jedoch an der Frage eines Rechts oder berechtigten Interesses des Gegners an der Nutzung der Domain. Die Beschwerdeführerin habe keinen Beweis des ersten Anscheins der Nichtberechtigung des Gegners erbracht. Vielmehr gebe es tatsächliche und rechtliche Fragen, die durch die vorgelegten Beweise nicht geklärt worden seien, weshalb der Fall für eine Lösung im Rahmen der UDRP nicht geeignet sei. Der Domain-Name bestehe aus den drei Gattungsbegriffen „save“, „from“ und „web“ und habe eine rein beschreibende Bedeutung. Der nur behaupteten, aber nicht nachgewiesenen Bekanntheit der Marke „SAVEFROM“ stand die rein beschreibende Bedeutung der Domain gegenüber. Smith sah sich nicht in der Lage zu entscheiden, ob die Registrierung der Domain durch die Marke motiviert war oder aufgrund ihrer inhärenten Bedeutung. Smith erklärte, das Verhalten des Gegners könne die Marke „SAVEFROM“ der Beschwerdeführerin verletzen oder auf eine unerlaubte Handlung hinauslaufen. Zu entscheiden, ob hier eine Markenrechtsverletzung vorliege, läge außerhalb des Rahmens des UDRP-Verfahrens. Der Beschwerdeführerin stünden in einem anderen Forum andere Rechtsmittel zur Verfügung, die Sache zu klären. Damit wies Smith die Beschwerde ab.

savefromus.com
Im früheren Verfahren (NAF Claim Number: FA2305002043284) der ULIONA LIMITED gegen den Inder Mohd Amaan, Inhaber der Domain savefromus.com, war die Beschwerdeführerin dagegen erfolgreich – bei vergleichbarer Konstellation. Auch Amaan bot Download-Dienstleistungen unter seiner im Oktober 2022 registrierten Domain savefromus.com an, und er verteidigte sich. Seine Argumentation lief letztlich darauf hinaus, dass es sich bei „Savefromus“ um einen allgemeinen Begriff handele, den er seiner Wortbedeutung nach nutze. Für eine Markenrechtsverletzung gäbe es keine Anhaltspunkte, und die Nutzung der Domain führe zu keiner Verwechslung. Irgendwelche Ähnlichkeiten zwischen Marke und Domain seien rein zufällig. Er beantragte sogar, Reverse Domain Name Hijacking (RDNH) festzustellen.

Für die kolumbianische Rechtsanwältin Luz Helena Villamil Jimenez war die unbelegte Behauptung des Gegners, bei „Savefromus“ handele es sich um einen allgemeinen Begriff und er habe eine andere Bedeutung als „Savefrom“, eine echte Beleidigung der Intelligenz. Allein der Umstand, dass „SAVEFROM“ als Marke registriert worden sei, widerspreche der Behauptung. Auch dass die Download-Angebote beider nichts miteinander zu tun hätten, sei dreist, respektlos und kein Argument, sondern ein Eingeständnis des Gegners. Villamil Jimenez meint, der Gegner habe sich schon als er die Domain registrierte die Zeit genommen und sich seine Argumentation hinsichtlich der Ähnlichkeit von Domain und Marke ausgedacht. Weiter sieht Villamil Jimenez in „the extreme similarity of the disputed domain name 0.IO – NULLUM ZUM PREIS VON US$ 125.000,–

In der vergangenen Domain-Handelswoche läuft .io mit diesmal 0.io zum Preis von US$ 125.000,– (ca. EUR 114.679,–) der aufstrebenden Endung von Anguilla (.ai) den Rang ab. Bei den Zahlen kommt .com nicht mit.

Die Kommerzendung .com bietet zwar einige gute Verkäufe wie deflect.com, die mit US$ 70.000,– (ca. EUR 64.220,–) an erster Position steht, doch reicht das nicht für die besten Plätze dieser Woche.

Die Endung .io (Britisches Territorium im Indischen Ozean) kommt mit 0.io zum Preis von US$ 125.000,– (ca. EUR 114.679,–) wieder einmal vor Anguilla auf Platz 1 der Landesendungen. Allerdings steht .ai mit boombox.ai zum Preis von US$ 59.995,– (ca. EUR 55.041,–) und zahlreichen weiteren Domains im mittleren fünfstelligen Bereich nicht schlecht da. Der frühere Inhaber von boombox.ai, James Booth, hat dabei gut lachen, denn die Domain hatte er zuvor, so erklärt er, für US$ 500,– gekauft. Die Zahlen für .de-Domains sind nicht so stimmig. Für jeweils EUR 2.300,– verkauften sich die Zwillinge bot-store.de und botstore.de, wobei letztere im Dezember 2018 EUR 2.250,– einbrachte.

Unter den neuen generischen Endungen bewegt .xyz wieder einiges: so kommt plur.xyz auf US$ 29.988,– (ca. EUR 27.512,–). Die klassischen generischen Endungen liefern die erfreuliche Drei-Zeichen-Domain vhf.org mit US$ 17.750,– (ca. EUR 16.284,–), die im November 2015 lediglich auf US$ 2.050,– (ca. EUR 1.881,–) kam. Und stopimpaireddriving.org schafft lediglich US$ 5.010,– (ca. EUR 4.596,–), womit sie Abstriche gegenüber den im Januar 2003 erzielten US$ 6.700,– (ca. EUR 5.154,–) machen muss. Die vergangene Domain-Handelswoche ist nicht überbordend, bietet aber gesunde Zahlen im fünfstelligen Preisbereich.

Länderendungen
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0.io – US$ 125.000,– (ca. EUR 114.679,–)
mission.io – GBP 25.000,– (ca. EUR 29.250,–)
melissa.io – US$ 5.038,– (ca. EUR 4.622,–)
lod.io – US$ 4.999,– (ca. EUR 4.586,–)
pogo.io – US$ 4.956,– (ca. EUR 4.547,–)
starlink.io – US$ 3.383,– (ca. EUR 3.104,–)

boombox.ai – US$ 59.995,– (ca. EUR 55.041,–)
fem.ai – US$ 59.500,– (ca. EUR 54.587,–)
bison.ai – US$ 50.000,– (ca. EUR 45.872,–)
ceramic.ai – US$ 45.000,– (ca. EUR 41.284,–)
witness.ai – US$ 35.000,– (ca. EUR 32.110,–)
rtl.ai – US$ 35.000,– (ca. EUR 32.110,–)
spindle.ai – US$ 32.560,– (ca. EUR 29.872,–)
baby.ai – US$ 32.500,– (ca. EUR 29.817,–)
spare.ai – US$ 30.475,– (ca. EUR 27.959,–)
datacenters.ai – US$ 29.700,– (ca. EUR 27.248,–)
inner.ai – US$ 27.000,– (ca. EUR 24.771,–)
inplay.ai – US$ 24.651,– (ca. EUR 22.616,–)
norm.ai – US$ 23.490,– (ca. EUR 21.550,–)
foxy.ai – US$ 22.000,– (ca. EUR 20.183,–)
ala.ai – US$ 22.000,– (ca. EUR 20.183,–)
captable.ai – US$ 20.000,– (ca. EUR 18.349,–)

telehouse.ca – US$ 22.000,– (ca. EUR 20.183,–)
boudoir.fr – EUR 6.000,–
vernetzt.de – EUR 5.000,–
traffic.de – EUR 5.000,–
slide.de – EUR 4.700,–
a2.eu – EUR 4.500,–
cameraespion.fr – EUR 4.500,–
bshop.kr – US$ 4.900,– (ca. EUR 4.495,–)
sevenoaks.co.uk – GBP 3.300,– (ca. EUR 3.861,–)
torres.in – US$ 3.900,– (ca. EUR 3.578,–)
bot-store.de – EUR 2.300,–
botstore.de – EUR 2.300,–

Neue Endungen
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plur.xyz – US$ 29.988,– (ca. EUR 27.512,–)
tc.law – US$ 14.999,– (ca. EUR 13.761,–)
pay.express – EUR 10.000,–
pay.express – EUR 10.000,–
qr.law – US$ 8.000,– (ca. EUR 7.339,–)
slicer.xyz – US$ 7.280,– (ca. EUR 6.679,–)
institute.art – US$ 6.500,– (ca. EUR 5.963,–)
t6.vip – US$ 4.050,– (ca. EUR 3.716,–)
miner.host – US$ 3.799,– (ca. EUR 3.485,–)
dax.vip – US$ 2.361,– (ca. EUR 2.166,–)
dev.link – US$ 1.380,– (ca. EUR 1.266,–)
pearland.law – US$ 1.000,– (ca. EUR 917,–)

Generische Endungen
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vhf.org – US$ 17.750,– (ca. EUR 16.284,–)
southwestindiana.org – US$ 5.433,– (ca. EUR 4.984,–)
stopimpaireddriving.org – US$ 5.010,– (ca. EUR 4.596,–)
graphic.org – US$ 4.250,– (ca. EUR 3.899,–)
sebastiaan.net – US$ 3.800,– (ca. EUR 3.486,–)
theclassical.org – US$ 3.100,– (ca. EUR 2.844,–)
4l.net – US$ 2.800,– (ca. EUR 2.569,–)
edume.org – US$ 1.525,– (ca. EUR 1.399,–)
thefranciscan.org – US$ 1.402,– (ca. EUR 1.286,–)

.com
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deflect.com – US$ 70.000,– (ca. EUR 64.220,–)
tifo.com – US$ 50.000,– (ca. EUR 45.872,–)
g2m.com – US$ 38.000,– (ca. EUR 34.862,–)
buyfollowers.com – EUR 30.000,–
anthesis.com – US$ 22.000,– (ca. EUR 20.183,–)
portofneom.com – US$ 21.209,– (ca. EUR 19.458,–)
hychain.com – US$ 18.000,– (ca. EUR 16.514,–)
aksi.com – US$ 15.000,– (ca. EUR 13.761,–)
jlk.com – US$ 13.000,– (ca. EUR 11.927,–)
cruised.com – US$ 12.500,– (ca. EUR 11.468,–)
jovex.com – US$ 10.000,– (ca. EUR 9.174,–)
echowater.com – EUR 8.900,–
rarbg.com – US$ 9.010,– (ca. EUR 8.266,–)
voronoi.com – US$ 6.310,– (ca. EUR 5.789,–)
akitafan.com – US$ 6.110,– (ca. EUR 5.606,–)
eaulala.com – US$ 5.000,– (ca. EUR 4.587,–)
marthom.com – US$ 4.924,– (ca. EUR 4.517,–)

Weitere Domain-Preise finden Sie unter:
> https://www.domain-spiegel.de

Quelle: dnjournal.com, sedo.de, thedomains.com, eigene Recherche

IPV6 – ECO HILFT DEN ZAUDERERN BEIM UMSTIEG

eco – Verband der deutschen Internetwirtschaft eV, lädt zum IPv6-Workshop Ende Februar 2024 nach Frankfurt am Main. Neben Hilfe für Unentschlossene wird die Frage aufgeworfen, ob ein Stichtag für IPv6 als Standardeinstellung sinnvoll ist.

eco lädt für den 26. Februar 2024 zum Workshop „IPv6 in Deutschland – Wie helfen wir den Zögernden?“ nach Frankfurt/Main ins DE-CIX Meeting Center. Dort werden die Ergebnisse der am 17. Februar 2023 zu Ende gegangenen IPv6 Akzeptanz-Umfrage erneut aufgegriffen, einzelne Aspekte und Lösungswege auf den Prüfstand gestellt sowie konkrete Empfehlungen für eine schnelle Migration diskutiert. Hintergrund ist die sich schon lange hinziehende Übergangsphase des alten IPv4 auf das neue IPv6. Vor knapp 20 Jahren, im Sommer 2004, hatte ICANN auf dem Meeting im malaysischen Kuala Lumpur die ersten IPv6-Adressen in die Root Zone eingetragen und damit die Tür für Trillionen neuer IP-Adressen geöffnet. Bis jetzt ist der Übergang aber noch nicht abgeschlossen und ein lebendiger Handel mit IPv4-Adressen floriert. Wie eco in seiner Einladung unter Berufung auf Google-Daten mitteilt, „nutzen mittlerweile 45% aller Nutzer IPv6. In Deutschland liegt der Anteil bei 66%“. Grund genug, in einem Workshop zögerlichen Umsteigern weiterzuhelfen und sogar die Frage eines festen Datums, ab dem IPv6 als Standard (Default) etabliert sein sollte, zu diskutieren.

Der Workshop startet am 26. Februar 2024 um 12:00 Uhr mit der Registrierung und einem Begrüßungskaffee, ehe ab 13:00 Uhr Dr. Falk von Bornstaedt (eco) in das Thema einführt und die Ergebnisse der IPv6-Umfrage vom Vorjahr kurz vorstellt. Nach einer kurzen Diskussion stellt Wilhelm Boeddeninghaus (systems.de) die Frage, wie die IPv6-Migration gelingt. Nach einer weiteren Diskussion werden vier unterschiedlich gelebte Best-Practice-Szenarien für die Umstellung auf IPv6 vorgestellt. Nach einer Kaffeepause gibt es weitere Informationen über IPv6 und deren Zukunft. Schließlich fasst von Bornstaedt den Tag zusammen und geht der Frage nach, ab wann IPv6 der Standard (Default) sein und IPv4 eine Sonderform darstellen sollte.

Der Workshop „IPv6 in Deutschland – Wie helfen wir den Zögernden?“ findet am 26. Februar 2024 von 12:00 Uhr bis 18:00 Uhr im DE-CIX Meeting Center, Lindleystraße 12 in 60314 Frankfurt am Main, statt. Für die Anmeldung wird um Kontaktaufnahme per eMail gebeten.

Weitere Informationen und Anmeldung unter:
> https://www.eco.de/event/ipv6-in-deutschland-wie-helfen-wir-den-zoegernden/

Quelle: eco.de, eigene Recherche

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