Domain-Newsletter

Ausgabe #1200 – 11. Januar 2024

Themen: NIS2 – eco-Workshop zeigt Herausforderungen auf | Statistik – Gewinner und Verlierer 2023 | TLDs – Neues von .guardian, .lb und .shib | ADR – Dallmayr und ADAC erstreiten .eu-Domains | KI – Domain-Handel mit .ai-Domains boomt | plunge.com – Bauchplatscher für US$ 250.000,– | März – Treffen der IETF in Brisbane

NIS2 – ECO-WORKSHOP ZEIGT HERAUSFORDERUNGEN AUF

Das neue Jahr 2024 stellt die Domain Name Industry weltweit mit der EU-Richtlinie zur Erhöhung der Cybersicherheit („NIS2“) vor besondere Herausforderungen. Bei eco – dem Verband der Internetwirtschaft eV, hat man den aktuellen Diskussionsstand zusammengefasst.

Mit der am 16. Januar 2023 in Kraft getretenen NIS2-Richtlinie, die von jedem Mitgliedsstaat der EU bis zum 17. Oktober 2024 in nationales Recht umgesetzt werden muss, modernisiert die EU die Rechtsvorschriften zur Cybersicherheit. Für die Domain Name Industry bringt die NIS2 zahlreiche Änderungen mit sich, die sich vor allem aus Artikel 28 („Datenbank der Domänennamen-Registrierungsdaten“) ergeben. Die Regelung verpflichtet Registries und Registrare, „genaue und vollständige Domänennamen-Registrierungsdaten in einer eigenen Datenbank im Einklang mit dem Datenschutzrecht der Union in Bezug auf personenbezogene Daten mit der gebotenen Sorgfalt sammeln und pflegen.“ Bereits im Oktober 2023 hatte eco im Vorfeld des ICANN78-Treffens einen Workshop organisiert, um die Herausforderungen zu diskutieren, vor denen die Branche steht, und um Fragmentierung so weit wie möglich zu vermeiden; so steht die nationale Umsetzung einer Richtlinie eigentlich im Gegensatz zum globalen Charakter des Internets. Konkret droht unter anderem, dass es bis zu 27 verschiedene Verfahren zur Validierung der Inhaberdaten gibt, die im Rahmen der Registrierung einer Domain verwendet werden. Das macht das Verfahren für Registries, Registrare und Domain-Inhaber komplex und risikoträchtig. Daher sei klar: „Like it or not, we’re all on Team 28 now and have to make it work one way or the other.“ Die Kernbotschaften dieses Workshops hat Rechtsanwalt Thomas Rickert, Director Names & Numbers bei eco, nun nochmals zusammengefasst.

Mit dem Ziel, „DNS Abuse“ zu verhindern, zu erkennen und darauf zu reagieren, zielt Artikel 28 darauf ab, einen Rechtsrahmen zu schaffen, der die Richtigkeit, Vollständigkeit und Zugänglichkeit von WHOIS-Daten gewährleistet. Sie sollen spezifische Informationen enthalten, die zur Identifizierung und Kontaktaufnahme von Domain-Inhaber und anderen „points of contact“ erforderlich sind. Doch wie effektiv ist die Verwendung von Registrierungsdaten bei der Bekämpfung von DNS-Abuse? Hier vertraten die Branchenexperten auf dem Workshop unterschiedliche Ansichten. Die .org-Verwalterin Public Interest Registry setzt auf einen Quality Performance Index (QPI), um Missbrauch proaktiv zu reduzieren, ohne sich ausschließlich auf Registrierungsdaten zu verlassen. iQ Global AS konzentriert sich dagegen auf die Überwachung verdächtigen Verhaltens mithilfe von Daten aus Reputationssperrlisten und vermeidet so die Notwendigkeit persönlicher Informationen. Team Internet verfolgt einen reaktiven Ansatz und nutzt Berichte aus mehreren Quellen, um potenziell missbräuchliche Domains zu identifizieren; personenbezogene Daten werden jedoch nicht direkt zur Untersuchung von Missbrauch verwendet. Die .uk-Registry Nominet betont die Strategie, Compliance-Teams und Algorithmen zur Bewertung von Risikofaktoren bei der Registrierung einzusetzen, wobei Registrierungsdaten einer von mehreren berücksichtigten Faktoren seien. Man muss sich aber klar sein: Kriminelle sind geschickt darin, Maßnahmen, die auf der Grundlage der Erfassung genauer Daten beruhen, zu umgehen.

Zu den zentralen Herausforderungen von Artikel 28 zählt des Weiteren die Zusammenarbeit von Registries und Registraren, um Abläufe zu rationalisieren und Doppelarbeit zu vermeiden. Unklar ist noch, wer die Verantwortung für die Verifizierung von Inhaberdaten trägt; dass die Kunden die Kosten zu tragen haben, steht aber zu erwarten. Abzuwarten bleibt zudem, wie so mancher ccTLD-Betreiber auf die NIS2 reagieren wird; viele möchten ihre Unabhängigkeit bei der Gestaltung ihrer Vergaberegelungen wahren. Anzustreben wären aber branchenweit standardisierte Prozesse, um ein optimiertes und kundenfreundlicheres Erlebnis zu gewährleisten. Hier könnte die gegenseitige Anerkennung von Verifizierungen hilfreich sein. Nach Einschätzung von eco wird der Erfolg der Umsetzung der NIS2-Richtlinie von der Aufrechterhaltung eines offenen Dialogs zwischen den Branchenvertretern und den Regulierungsbehörden sowie von der Bereitschaft zur Zusammenarbeit und zur Aufteilung von Verantwortlichkeiten abhängen, um ein Gleichgewicht zwischen Regulierung und Flexibilität zu erreichen. Und dieser Dialog hat gerade erst begonnen.

Den Artikel von Thomas Rickert finden Sie unter:
> https://circleid.com/posts/20231221-article-28-of-the-nis2-directive-and-the-dns-industry

Weitere Informationen finden Sie unter:
> https://international.eco.de/topics/names-numbers/impact-nis2-directive-article-28-on-dns-industry/

Quelle: eco.de, eigene Recherche

STATISTIK – GEWINNER UND VERLIERER 2023

Zum Auftakt des neuen Jahres blicken wir nicht nur auf die Entwicklung der Registrierungszahlen im Dezember 2023 zurück, sondern präsentieren Ihnen einen Rückblick auf die letzten zwölf Monate.

Jahr für Jahr hat .com im deutlich siebenstelligen Bereich an Domain-Registrierungen zugelegt und stand so beispielhaft für einen eigenen Boom. Doch seit zwei Jahren mehren sich die Anzeichen, dass der Boom an sein Ende gelangt ist. So stand der Zeiger im Jahr 2022 nur noch mit einem Plus von rund einer halben Mio. Domains im grünen Bereich. 2023 dreht er nun sogar auf rot: um fast 900.000 Domains sauste .com netto nach unten und bleibt knapp unter der Marke von 160 Mio. Domains hängen. Fragt man nach den Ursachen, landet man sehr schnell im Reich der Mitte. Konkret belegen lässt sich das aktuell noch nicht. Der „51st Statistical Report on China’s Internet Development“ des China Internet Network Information Center (CNNIC) aus dem März 2023 meldet noch 34,4 Mio. Domains in China, darunter 9,02 Mio. mit der Endung .com; im 52. Report aus dem August 2023 sind es insgesamt nur noch 30,2 Mio. Domains, zu .com fehlt jede Angabe. Aber die .com Registry VeriSign lässt keinen Zweifel. „Low demand from China remains the primary source of drag on the overall domain name base growth,“ sagte VeriSign-CEO Jim Bidzos im Oktober 2023. „Excluding registrars based in China, both our domain name base and new registrations are up year-over-year“.

Stabil bleibt das deutsche Länderkürzel .de, das 2023 mit einem Zuwachs von an die 234.000 Domains das von der Corona-Pandemie beeinflusste Ergebnis aus dem Jahr 2022 (+ 259.723 Domains) nur knapp verfehlt. In etwa halbiert hat sich der Zuwachs beim österreichischen Länderkürzel .at, das mit einem Plus von über 33.000 Domains aber deutlich im grünen Bereich abschneidet. Positiv hervorzuheben ist auch .org, die um über 90.000 Domains zulegen kann, allerdings deutlich hinter dem Plus von rund 152.000 Domains aus dem Jahr 2022 zurückbleibt. Hier scheinen die Maßnahmen der Verwalterin PIR, am Image der Endung zu feilen, zumindest teilweise erfolgreich zu sein. Erneut im Minus landen dagegen .info, .biz und .eu, wobei die Verluste bei .eu statistisch eher zu vernachlässigen sind. Die Europa-Domain scheint bei knapp unter vier Mio. registrierten Domains an die Grenzen ihres Wachstums zu stoßen.

Im Lager der nTLDs verschwindet .icu immer mehr in der Bedeutungslosigkeit. 2021 mit 4.935.339 Domains noch mit weitem Abstand die erfolgreichste neue Domain-Endung, sind es am 01. Januar 2024 nur noch 417.490 Domains. Das reicht zwar immer noch für Platz 17 in der nTLD-Weltrangliste, ist aber weit weg von alten Höhen. Den Platz an der Sonne hat mittlerweile und wie schon im Vorjahr .xyz inne, aber auch sie verliert drastisch: um fast 860.000 Domains rauscht die wegen ihrer Marketing-Kampagnen kritisierte neue Endung in die Miesen. Für mehr als Ausgleich sorgen .online und .top, die jeweils um deutlich über 900.000 Domains zulegen können. Aufsteiger des Jahres 2023 ist aber zweifellos .shop, die sich innerhalb eines Jahres von 1.556.243 auf 2.509.085 Domains steigern kann und mittlerweile auf Platz vier unter den nTLDs gelandet ist. Hier zeigt sich: Eine nachhaltige Nutzung attraktiver Domains für sinnvolle Inhalte hat einen größeren Werbeeffekt als rabattierte Registrierungsgebühren und dürfte damit dem globalen Image der Endung insgesamt nutzen.

Die aktuellen Domain-Zahlen:
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.de 17.652.903 (Vergleich zum Vorjahr: + 233.941)
.at 1.505.825 (Vergleich zum Vorjahr: + 33.273)
.com 159.619.860 (Vergleich zum Vorjahr: – 898.240)
.net 13.123.408 (Vergleich zum Vorjahr: – 113.142)
.org 10.776.158 (Vergleich zum Vorjahr: + 90.052)
.info 3.648.986 (Vergleich zum Vorjahr: – 60.404)
.biz 1.261.568 (Vergleich zum Vorjahr: – 104.845)
.eu 3.647.726 (Vergleich zum Vorjahr: – 5.285)

.xyz 3.732.042 (Vergleich zum Vorjahr: – 858.240)
.online 3.288.037 (Vergleich zum Vorjahr: + 921.965)
.top 3.082.368 (Vergleich zum Vorjahr: + 994.972)

(Stand 01. Januar 2024)

Aktuelle Domain-Zahlen finden Sie unter:
> http://www.domain-recht.de

Quelle: eigene Recherche

TLDS – NEUES VON .GUARDIAN, .LB UND .SHIB

Das Jahr 2023 endet mit einer weiteren Marken-Endung, die sich aus dem Domain Name System verabschiedet: auf .guardian werden wir künftig verzichten müssen. Derweil kündigt mit .shib eine Kryptowährung an, sich bewerben zu wollen, während die libanesische .lb wohl in Kürze eine neue Registry hat – hier die Kurznews.

Die in New York ansässige Guardian Life Insurance Company of America, eine der größten Lebensversicherungsgesellschaften auf Gegenseitigkeit weltweit, trennt sich von ihrer Marken-Endung .guardian. Mit Schreiben vom 21. November 2023 kündigte das Unternehmen das Registry Agreement (RA) mit der Internet-Verwaltung ICANN. Die Kündigung ist, wie bei .brands üblich, gestützt auf Section 4.4 (b) des RA, die eine jederzeitige ordentliche Kündigung unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 180 Tagen gestattet. Nähere Angaben zu den Gründen der Kündigung machte die Versicherung nicht. Aktuell registriert sind zwei Domains, darunter eine eher lieblos gestaltete, blogartige Website unter connect.guardian, die offenbar einige Zeit auch für einen Newsletter genutzt wurde. Die Kündigung kommt dennoch überraschend, da sich die Versicherung im Rahmen der Einführung neuer Top Level Domains noch mit dem britischen Medienunternehmen Guardian News and Media Limited, Herausgeber der Tageszeitung „The Guardian“, um .guardian gestritten hatte. Trotz seiner generischen Bedeutung wird der Begriff „guardian“ (englisch für Hüter, Pfleger oder Vormund) in den kommenden zwei Jahren nicht als Domain-Endung genutzt werden können; nicht ausgeschlossen ist aber, dass sich in der nächsten nTLD-Einführungsrunde erneut ein Bewerber um den Zuschlag bewirbt.

ICANN überlegt, die Verwaltung der libanesischen Länderendung .lb in die Hände der Internet Society Lebanon zu legen. Das geht aus der Tagesordnung für ein „Special Meeting of the ICANN Board“ vom 21. Dezember 2023 hervor; ein Beschluss wurde bisher aber offenbar noch nicht gefasst, jedenfalls wurde er nicht veröffentlicht. Aktuell fungiert ICANN selbst als sogenannter „caretaker“ für .lb, nachdem die offizielle Registry American University of Beirut (AUB) mitgeteilt hatte, keine Verantwortlichkeit über .lb mehr zu haben. Diese soll seit geraumer Zeit bei Nabil Bukhalid gelegen haben, einem libanesischen Informatiker und Gründer des Lebanese Academic and Research Network. Allerdings ist Bukhalid am 04. Januar 2023 verstorben, so dass sich zuletzt seine Angehörigen um .lb gekümmert haben. Auf der Website der Registry unter lbdr.org.lb heißt es bisher noch „We run the .lb ccTLD since 1993 for the benefit of the Lebanese Internet community and Internet ecosystem.“ Die Internet Society Lebanon, eine Nicht-Regierungsorganisation mit Sitz in Beirut, wirbt damit, für ein „open, globally-connected, secure and trustworthy Internet for everyone“ einzutreten. Für bereits registrierte .lb-Domains – es soll sich um weniger als 5.000 Adressen handeln – besteht aktuell kein Risiko; ein Wechsel der Registry unter Aufsicht von ICANN vollzieht sich üblicherweise geräuschlos.

Die Entwickler der dezentralen Kryptowährung Shiba Inu haben angekündigt, sich bei ICANN um die Einführung der neuen generischen Top Level Domain .shib bewerben zu wollen. Gelingen soll dieser Schritt in Zusammenarbeit mit dem Start-Up-Unternehmen D3 Global, das von einem Konsortium von Investoren wie Shima Capital, Lightshift, Dispersion Capital, VentureSouq, Infinite Capital, MZ Web3 Fund, Kestrel0x1, Nonagon oder C² Ventures unterstützt wird. In einem Blog-Post verrät man zu den Motiven der Bewerbung: „So when we speak of the possibility of Shib as a TLD, we mean the insane realization of Shib as the first domain extension dedicated to decentralization.“ Zugleich weist man ausdrücklich – im Gegensatz zu vielen anderen Anbietern von Kryptowährungen – darauf hin, dass es bisher im Domain Name System keine echte Web3-TLD gibt, auch wenn Endungen wie .btc oder .eth seit geraumer Zeit vermarktet werden; Shiba Inu spricht daher aktuell von der Endung *shib, um Verwechslungen zu vermeiden. Ziel ist es, das beste aus beiden Welten zu kombinieren: „By collaborating with Shib, we can introduce unique, memorable, and affordable .SHIB domain names to users, which will streamline their digital identities with Web3 utility on the root layer of the internet.“, so Shayan Rostam, Chief Commercial Officer bei D3 Global. Interessenten müssen sich aber noch eine Weile gedulden: Bewerbungen für neue Domain-Endungen nimmt ICANN nach aktuellem Stand erst im April 2026 entgegen.

Die Kündigung für .guardian finden Sie unter:
> https://itp.cdn.icann.org/en/files/registry-agreements/guardian/guardian-termination-notice-28-11-2023-en.pdf

Quelle: icann.org, shib.io, domainincite.com

ADR – DALLMAYR UND ADAC ERSTREITEN .EU-DOMAINS

Vor kurzem wurden wieder einmal ADR-Streitigkeiten in deutscher Sprache veröffentlicht, die zwei bekannte deutsche Institutionen betreffen: Die Dallmayr Kaffee oHG und der ADAC erstritten sich einige .eu-Domains.

dallmayerprodomo.eu (WIPO Verfahrensnr. DEU2023-0041)

Die Alois Dallmayr Kaffee oHG sah ihre Rechte durch die Domain dallmayerprodomo.eu verletzt, die der deutsche Inhaber der Domain 2006 rechtmäßig erworben haben will. Dallmayr legte vor der WIPO dar, dass man Inhaber einiger langjähriger Marken „DALLMAYR PRODOMO“ sowie von Domains wie dallmayr.com sei und die Kaffeemarke zu den bekanntesten und beliebtesten Kaffeesorten in Deutschland zähle. Das zusätzliche „e“ in der Domain dallmayerprodomo.eu verhindere eine Verwechslung mit der bekannten Marke nicht. Irgendwelche Rechte habe sie dem Domain-Inhaber nicht eingeräumt, und er sei unter dem Namen auch nicht bekannt. Vielmehr halte er die Tippfehlerdomain passiv, was als bösgläubig eingeordnet werde. Der Gegner trat der Beschwerde nicht förmlich entgegen, sandte aber eine eMail, in der es unter anderem heißt: „Die Domain schreibt sich anders als der bekannte Kaffeehersteller. Sollte der bekannte Kaffeehersteller eine Domain mit anderem Namen erwerben wollen darf er mit Sitz in Deutschland und nach deutschem Recht sich gerne mit mir schriftlich in Verbindung setzen.“

Als Entscheiderin wurde die Rechtsanwältin Stephanie G. Hartung berufen, die der Beschwerde von Dallmayr nach der Alternative Dispute Resolution (ADR) für .eu-Domains stattgab (WIPO Verfahrensnr. DEU2023-0041). Sie bestätigte, dass die Abweichung der Domain mit einem „e“ von den Marken der Beschwerdeführerin jedenfalls verwechslungsfähig ähnlich ist. Weiter stellte sie fest, zwischen den Parteien sei es unstreitig, dass die Beschwerdeführerin den Beschwerdegegner nicht autorisiert hat, die Marken zu benutzen. Der Gegner habe die Domain aber in der Vergangenheit nicht genutzt und es sei nicht ersichtlich, dass Pläne bestünden, sie zukünftig zu nutzen. Ein berechtigtes Interesse des Gegners an der Domain lasse sich daraus nicht ableiten. Aus seiner eMail ergäbe sich, dass er die Beschwerdeführerin kenne und wisse, dass die Schreibweise der Domain von der Marke abweiche. Eine Begründung dafür habe er aber nicht abgegeben. Hartung folgerte, dass dem Gegner offensichtlich keine Rechte oder legitimen Interessen an der Domain zustehen. Sie prüfte, obwohl es nicht notwendig war, noch die bösgläubige Absicht bei Registrierung oder Nutzung der Domain. Aus der Einlassung des Gegners ergäbe sich, dass ihm die Beschwerdeführerin und deren Marken bereits vor Registrierung der Domain sehr wohl bekannt waren. Weiter ergäbe sich, dass er die Domain hauptsächlich deshalb registrierte, um sie an die Beschwerdeführerin als Inhaberin der Marke „DALLMAYR PRODOMO“ zu verkaufen. Damit war so oder so auch die bösgläubige Absicht erfüllt, und Hartung entschied auf Übertragung der Domain.

adac-reisebuero.eu und andere (WIPO Verfahrensnr. DEU2023-0042)

Der Allgemeiner Deutscher Automobil-Club eV (ADAC) ging gegen den slowakischen Inhaber der Domains adac-reisebuero.eu, adacreisebuero.eu, adac-wuerttemberg.eu und adacwuerttemberg.eu vor. Der ADAC verwies in seiner ADR-Beschwerde auf diverse Unions- und internationale Marken. Die Domains, um die gestritten wird, wurden im Juli und August 2022 registriert und leiteten auf Parking-Seiten weiter, die Links zu Websites Dritter generierten, auf denen mit dem Beschwerdeführer konkurrierende Dienstleistungen angeboten wurden. Der Gegner meldete sich nicht.

Der niederländische Jurist Richard C.K. van Oerle entschied über die Beschwerde und bestätigte den geltend gemachten Transferanspruch des ADAC (WIPO Verfahrensnr. DEU2023-0042). Van Oerle ging die drei Elemente des ADR-Verfahrens für .eu-Domains schnell durch. Er bestätigte die Verwechslungsgefahr zwischen Domains und Marken, sah keinen Umstand, aus denen der Gegner Rechte oder berechtigte Interessen ableiten könne, und erklärte, „dass es für die Schiedskommission kaum vorstellbar ist, dass der Beschwerdegegner von der Existenz des Beschwerdeführers und dessen Markenrechte, im Zeitpunkt der Registrierung der streitigen Domainnamen, keine Kenntnis hatte“, weshalb er von bösgläubiger Absicht bei der Registrierung der Domains ausging. Zudem schien es von Oerle sehr wahrscheinlich, dass der Gegner die Domains registriert hatte, um eine Verwechslungsgefahr mit den Marken herbeizuführen und Nutzer aus kommerziellen Zwecken über die Domains auf die PPC-Website weiterzuleiten. Damit sah er die bösgläubige Absicht auch bei der Nutzung verwirklicht. Er bestätigte die Beschwerde des ADAC und entschied auf Übertragung der Domains.

Die ADR-Entscheidung über die Domain dallmayerprodomo.eu finden Sie unter:
> https://www.wipo.int/amc/en/domains/decisions/pdf/2023/deu2023-0041.pdf

Die ADR-Entscheidung über die adac-Domains finden Sie unter:
> https://www.wipo.int/amc/en/domains/decisions/pdf/2023/deu2023-0042.pdf

Spezialisierte Anwälte findet man unter:
> https://www.domain-anwalt.de

Quelle: wipo.int, eigene Recherche

KI – DOMAIN-HANDEL MIT .AI-DOMAINS BOOMT

Im vergangenen Domain-Handelsjahr entwickelte sich über den Hype um KI-Systeme auch das Interesse an .ai-Domains nochmals verstärkt. Zuletzt hatten wir vor sieben Jahren über die Entwicklung von .ai berichtet. Es wird Zeit für einen neuen Blick auf die Landesendung von Anguilla.

Anguilla ist eine kleine Karibikinsel, die zum Vereinigten Königreich gehört. Sie zählt gut 13.000 Einwohner, lebt von Tourismus und Offshore-Banken, und verfügt über die Top Level Domain .ai. Die Abkürzung „AI“ steht für „artificial intelligence“, zu Deutsch: künstliche Intelligenz (KI). Nachdem Ende 2022 mit ChatGPT ein Large Language Model (LLM) für Furore sorgte und AI in das Bewusstsein der Gesellschaft Einzug hielt, profitierte auch die Endung .ai. Domains unter .ai erzielen plötzlich deutlich höhere Preise und besetzen auf der Jahresbestenliste der Landesendungen bei dnjournal.com die ersten drei Plätze mit

you.ai US$ 700.000,– (ca. EUR 660.377,–)
stack.ai US$ 258.888,– (ca. EUR 237.512,–)
npc.ai US$ 250.000,– (ca. EUR 228.436,–)

und ist unter den besten 20 Landesdomains ganze neun Mal vertreten. In weiser Vorausschau hatte die .ai-Registry bereits Ende 2018 eine eigene Auktionsplattform eingerichtet, auf der sie sehr erfolgreich ausgelaufene .ai-Domains meistbietend versteigert. Damit einher geht, dass man – wie Kevin Murphy (domainincites.com) Mitte Dezember 2023 berichtet – nach Angaben der Registry in etwas mehr als einem Quartal über 50.000 Domains verkaufte. Am 14. Juni 2023 waren 248.609 Domains registriert, am 23. September 2023 306.861 Domains. Mittlerweile verzeichnet DomainTools.com 337.895 registrierte .ai-Domains, womit die Kurve steigender Registrierungszahlen wieder etwas abflacht.

Dass .ai nun aber endgültig investitionswürdig auch für Domain-Investoren ist, teilte unlängst der Domain-King Rick Schwartz in einem Interview mit Raymond Hackney (thedomains.com) mit: er hat für einen fünfstelligen US-Dollarbetrag in .ai-Domains investiert. Darunter finden sich die bereits im März vergangenen Jahres registrierte domainking.ai sowie die jetzt bei Dynadot ersteigerten betty.ai (US$ 20.088,–, umgerechnet ca. EUR 18.262,–), trick.ai (US$ 24.977,–, umgerechnet ca. EUR 22.706,–), thebet.ai (US$ 140,–) und hoax.ai (US$ 6.101,–, umgerechnet ca. EUR 5.546,–). Schwartz erklärt, dass .ai in nur wenigen Monaten eine kritische Masse erreicht hat, indem die Endung in der Öffentlichkeit bekannt geworden ist. „So I took a calculated risk and decided to put a few dollars in that sector“, teilt Schwartz mit, macht aber deutlich, dass er keine Erfahrung mit .ai-Domains und dem Handel mit diesen hat, sondern lediglich mal die große Zehe testweise ins Wasser taucht. Er betont, dass letztendlich weiterhin .com die Endung ist, mit der man Geld verdienen kann – jedenfalls sicherer und mehr als mit .ai-Domains. Eine von ihm initiierte kurze Abstimmung auf Twitter zeige, dass die Kombination „keywordai.com“ den Varianten „keyword.ai“ und „aikeyword.com“ vorgezogen wird. Er selbst habe sich neben der teuren trick.ai für US$ 3.295,– noch trickai.com gekauft (bei namebio.com steht der letzte Verkauf der Domain noch bei US$ 100,– am 16.07.2021).

Die Entwicklung von .ai werden wir weiter beobachten. In unserem Artikel vom März 2017 zeigten wir noch auf, dass immer mehr .ai-Domains gehandelt werden. Seinerzeit war automation.ai zum Preis von US$ 10.000,– (ca. EUR 9.433,–) die herausragend teuerste .ai-Domain. Die Zeiten sind vorbei. Wer jetzt in den Handel mit .ai-Domains einsteigen will, muss wissen, ob er das Risiko auf sich nehmen kann. Für Rick Schwartz ist das kein Problem, für die meisten anderen allerdings schon. Wer das Risiko gleichwohl tragen will, sollte sich – bevor er voreilig handelt – bei Andrew Allemann (domainnamewire.com) über die „14 Dinge, die man mit .ai-Domains nicht tun sollte“ informieren.

Das Interview von Raymond Hackney mit Rick Schwartz findet man unter:
> https://www.thedomains.com/2024/01/03/rick-schwartz-answers-some-questions-on-why-he-dipped-his-toe-in-the-ai-pool/

Die „14 things you can’t do with .AI domain names“ von Andrew Allemann finden Sie unter:
> https://domainnamewire.com/2023/12/21/14-things-you-cant-do-with-ai-domain-names/

Unseren Artikel aus dem März 2017 mit damaligen .ai-Domain-Verkäufen finden Sie unter:
> https://domain-recht.de/domain-handel/domain-preise/cctlds-ai-endung-von-anguilla-erobert-den-sekundaermarkt-65695.html

Quelle: thedomains.com, domainincite.com, eigene Recherche

PLUNGE.COM – BAUCHPLATSCHER FÜR US$ 250.000,–

Die erste Domain-Handelswoche des Jahres 2024 bietet gleich drei Domains im sechsstelligen Bereich, wobei plunge.com mit US$ 250.000,– (ca. EUR 227.273,–) an einen Endnutzer ging.

Die Kommerzendung .com brilliert mit plunge.com zum Preis von US$ 250.000,– (ca. EUR 227.273,–), lässt aber sonst nicht viel gelten. Nach einer großen Preislücke geht es mit netiquette.com zum Preis von US$ 5.500,– (ca. EUR 5.000,–) weiter.

Die Länderendungen werden von den Marketingendungen .io und .ai beherrscht. Die Endung .io (Britisches Territorium im Indischen Ozean) steht mit eleven.io bei einem Preis von US$ 121.000,– (ca. EUR 110.000,–) an erster Stelle. Ihr folgt vision.ai aus Anguilla mit US$ 100.000,– (ca. EUR 90.909,–). Die deutsche Endung .de liefert sechs Domains zu jeweils EUR 2.500,–.

Die neuen generischen Endungen weisen zumindest eine Domain im fünfstelligen Bereich auf: iwin.online kommt auf US$ 12.000,– (ca. EUR 10.909,–). Die klassischen generischen Endungen verkaufen sich gleich doppelt unter Wert: einerseits liegen die Preise niedrig, andererseits stürzt der von passwordgenerator.net von US$ 7.000,– (ca. EUR 5.072,–) im Oktober 2013 auf jetzt US$ 2.803,– (ca. EUR 2.548,–) ab. Die vergangene Domain-Handelswoche weist noch zahlreiche im vergangenen Jahr entstandene Preise auf, die unter einer gewissen Jahresendzeitmüdigkeit zu leiden scheinen, während die Frische des neuen Jahres ihre belebende Wirkung noch nicht ausspielen kann.

Länderendungen
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eleven.io – US$ 121.000,– (ca. EUR 110.000,–)

vision.ai – US$ 100.000,– (ca. EUR 90.909,–)
nomos.ai – US$ 55.000,– (ca. EUR 50.000,–)
trick.ai – US$ 24.977,– (ca. EUR 22.706,–)
insure.ai – US$ 24.700,– (ca. EUR 22.706,–)
dog.ai – US$ 21.311,– (ca. EUR 19.374,–)
betty.ai – US$ 20.088,– (ca. EUR 18.262,–)

996.tv – US$ 5.531,– (ca. EUR 5.028,–)
995.tv – US$ 4.675,– (ca. EUR 4.250,–)
328.tv – US$ 4.235,– (ca. EUR 3.850,–)
826.tv – US$ 2.976,– (ca. EUR 2.705,–)
857.tv – US$ 2.877,– (ca. EUR 2.615,–)
693.tv – US$ 2.131,– (ca. EUR 1.937,–)
713.tv – US$ 1.975,– (ca. EUR 1.795,–)

agrisolar.de – EUR 2.500,–
almarina.de – EUR 2.500,–
e-tool.de – EUR 2.500,–
meinewaermepumpe.de – EUR 2.500,–
prowallet.de – EUR 2.500,–
smart-agency.de – EUR 2.500,–

Neue Endungen
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iwin.online – US$ 12.000,– (ca. EUR 10.909,–)
one.ooo – US$ 7.999,– (ca. EUR 7.272,–)
vrai.app – US$ 3.500,– (ca. EUR 3.182,–)
dal.art – US$ 3.250,– (ca. EUR 2.955,–)

Generische Endungen
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climatemedicine.org – US$ 3.895,– (ca. EUR 3.541,–)
enrichmond.org – US$ 3.420,– (ca. EUR 3.109,–)
commonfield.org – US$ 2.850,– (ca. EUR 2.591,–)
passwordgenerator.net – US$ 2.803,– (ca. EUR 2.548,–)
openyoureyes.net – US$ 2.528,– (ca. EUR 2.298,–)
typemag.org – US$ 2.524,– (ca. EUR 2.295,–)
eigenclass.org – US$ 2.235,– (ca. EUR 2.032,–)
free-culture.org – US$ 2.225,– (ca. EUR 2.023,–)
f1racing.net – US$ 2.000,– (ca. EUR 1.818,–)

.com
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plunge.com – US$ 250.000,– (ca. EUR 227.273,–)
netiquette.com – US$ 5.500,– (ca. EUR 5.000,–)
zfpl.com – US$ 5.500,– (ca. EUR 5.000,–)
jbtrucks.com – US$ 5.346,– (ca. EUR 4.860,–)
casinotreasure.com – US$ 5.000,– (ca. EUR 4.545,–)
kitched.com – US$ 5.000,– (ca. EUR 4.545,–)
vlfs.com – US$ 5.000,– (ca. EUR 4.545,–)
eightpm.com – US$ 5.000,– (ca. EUR 4.545,–)
kickingthestigma.com – US$ 4.895,– (ca. EUR 4.450,–)
lunit.com – US$ 4.500,– (ca. EUR 4.091,–)
tentex.com – US$ 4.500,– (ca. EUR 4.091,–)
transbook.com – US$ 4.500,– (ca. EUR 4.091,–)
secondme.com – US$ 3.393,– (ca. EUR 3.085,–)
creatuforo.com – US$ 2.235,– (ca. EUR 2.032,–)

Weitere Domain-Preise finden Sie unter:
> https://www.domain-spiegel.de

Quelle: dnjournal.com, sedo.de, thedomains.com

MÄRZ – TREFFEN DER IETF IN BRISBANE

Das 119. Treffen der Internet Engineering Task Force (IETF) startet am 16. März 2024 als Präsenzveranstaltung unter dem Titel „IETF 119 Brisbane“ in Brisbane (Australien). Eine Online-Teilnahme ist selbstverständlich möglich.

Das kommende Treffen der IETF findet in Brisbane (Australien) statt und kann vor Ort, aber auch online besucht werden. Die wie immer das Treffen begleitenden Veranstaltungen „IETF Hackathon“ und „IETF Codesprint“ finden am Wochenende 16./17. März 2024 selbstverständlich auch in Brisbane statt. Hierbei kann man sich ebenfalls online dazuschalten; eine Mailing-Liste gibt es auch, für Leute, die auf dem Laufenden bleiben wollen. Die Trainings und Tutorien für Neuzugänge werden wie gehabt am Sonntagnachmittag gegeben. Die Agenda für die Veranstaltung wird sicher reichhaltig. Die Möglichkeit, „Birds of a Feather sessions“ (BOFs) zu beantragen, endet am 19. Januar 2024. Das endgültige Programm der Tagung wird am 23. Februar 2024 veröffentlicht.

Das IETF 119 Brisbane findet vom Samstag, 16. bis Freitag, 22. März 2024 im Brisbane Convention Centre & Exhibition Centre, Merivale St, South Brisbane QLD 4101 Brisbane (Australien) statt. Optional kann man auch online teilnehmen. Derzeit sind bis 29. Januar 2024 noch Super Early Tickets für die Vorortteilnahme zu haben, die bei Preisen ab US$ 150,– für den „Student Pass“ beginnen und bis US$ 875,– für den Wochenpass enden. Nach dem 29. Januar 2024 steigen die Preise für die Tickets. Für die Remote-Teilnahme liegen die Preise derzeit zwischen US$ 55,– und US$ 250,–. Die Teilnahme am Hackerthon ist wie immer kostenfrei. Das auf Brisbane folgende IETF 120 findet übrigens im Juli 2024 in Vancouver (Kanada) statt.

Weitere Informationen und Anmeldung zum IETF 119 San Francisco unter:
> https://www.ietf.org/how/meetings/119/

Quelle: ietf.org, eigene Recherche

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