DNS

Geoff Hustons kritischer Blick auf den geplanten EU-DNS-Resolver

Der Internet-Pionier Geoff Huston geht davon aus, dass die Ausschreibung der EU-Kommission für einen europäischen rekursiven DNS-Resolver (»DNS4EU«) viele Kosten, aber wenig Nutzen bringt. Seine Ansicht hat er in einem ausführlichen Blog-Artikel unter circleid.com dargelegt.

Otto Normaluser dürfte von »DNS4EU« das erste Mal im Zusammenhang mit der Ausschreibung der »European Health and Digital Executive Agency« (HaDEA) der EU-Kommission für einen europäischen rekursiven DNS-Resolver gehört haben. Konkret geht es darum, mehr Kontrolle über das Domain Name System (DNS) auszuüben. Die technischen Hintergründe hat Huston in einem Beitrag auf circleid.com veröffentlicht. Vereinfacht ausgedrückt, ist ein DNS-Resolver ein Nameserver, der auf Anfrage Namen in numerische IP-Adressen auflöst. In der Vergangenheit haben häufig die Internet Service Provider die DNS-Resolver betrieben. Doch in den letzten Jahren wurde es kommerziell immer interessanter, die riesigen Datenströme der Nutzer auszuwerten. Auch der Suchmaschinen-Dienst Google bietet einen solchen DNS-Resolver an, nach Einschätzung von Huston schon allein, um diese Daten auszuwerten und keine Konkurrenz durch ISPs aufkommen zu lassen. Zudem blicken Nationalstaaten mit großem Interesse darauf, wie und vor allem wo ihre Bürger online sind. Unter den so genannten »Open Resolvers« kommt Google in Deutschland auf einen Marktanteil von 26,0 Prozent vor dem ebenfalls in den USA ansässigen Anbieter Cloudfare mit 20,8 Prozent. Für Europa bedeutet dies, dass ein Großteil des Traffics von US-amerikanischen Unternehmen kontrolliert und kommerzialisiert wird. Eben dem will die EU-Kommission mit »DNS4EU« entgegenwirken.

»DNS4EU« geht zurück auf die »Cybersicherheitsstrategie der EU für die digitale Dekade« vom 16. Dezember 2020. Darin heißt es:

Außerdem hat die Kommission die Absicht, den Aufbau eines öffentlichen europäischen DNS-Auflösungsdienstes zu unterstützen, um so einen Betrag zu einer sicheren Internetkonnektivität zu leisten. Diese Initiative hat den Namen ‚DNS4EU‘ und wird einen alternativen europäischen Dienst für den Zugang zum globalen Internet bieten. DNS4EU wird transparent sein, die neuesten Sicherheits- und Datenschutznormen einhalten, den Grundsätzen des konzeptionsbedingten Datenschutzes und der datenschutzfreundlichen Voreinstellungen entsprechen und Teil der Europäischen Industrieallianz für Daten und Cloud 63 sein.

Zugleich eröffnet DNS4EU der EU aber nach Ansicht von Huston auch den Aufbau von Filtermechanismen, finanziert mit EU-Geldern. Ähnliches praktiziere bereits die .ca-Registry CIRA mit ihrem »Canadian Shield DNS resolver« und die .cz-Verwalterin CZ.NIC mit ihrem »KNOT resolver«. Fur Huston ist allerdings fraglich, ob es der EU gelingt, die erheblichen Kosten des Aufbaus eines eigenen »Open Resolvers« zu finanzieren, ohne den Betrieb selbst finanziell zu unterstützen, und dabei einen ernsthaften Konkurrenten für bestehende Angebote zu etablieren. Huston meint:


It seems that DNS4EU is an example of the line of thinking that if you can’t throw rules at a problem, then try throwing money at it!

Vor diesem Hintergrund geht Huston nicht davon aus, dass der EU-Ansatz erfolgreich ist oder besser als die bisherigen Angebote:

More likely is the outcome that it merely creates a new set of dependants on the public purse!

Das dürfte auch davon abhängen, wer die Ausschreibung gewinnt. Wer sich beworben hat, wissen wir frühestens am 22. März 2022, dann endet die Ausschreibungsfrist. Die Evaluierung der eingegangenen Angebote soll im Zeitraum April bis Juli 2022 stattfinden, um dann im August 2022 die Ergebnisse bekanntzugeben.

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