Die Meldung verbreitete sich rund um den Globus wie ein Lauffeuer: wie zahlreiche Online-Medien berichten, soll die Internet-Regierung ICANN mit .xxx eine neue Top Level Domain für den Rotlichtbereich des Internets eingeführt haben. Doch wie so oft lohnt ein zweiter Blick.
In einer Presseerklärung gab ICANN am 01. Juni bekannt, dass die Verhandlungen um die Einführung der Erotik-Domain .xxx in die nächste Runde gehen, und dort nun technische wie kommerzielle Detailfragen diskutiert werden. Bewerber für die neue Domain-Endung ist die in Florida ansässige ICM Registry Inc.; als Zielgruppe für .xxx hat ICM in seinen Bewerbungsunterlagen die „adult-entertainment community“ im Internet ausgemacht – also alle Anbieter von Informationen, Dienstleistungen und Produkten aus dem Erotik-Bereich. Sollte man den Zuschlag erhalten, will ICM die .xxx-Domains als reine Second Level Domains vergeben. Die Registrierung soll grundsätzlich für jedermann möglich sein; als Registrierungsgebühr ist ein Betrag von US$ 60, (umgerechnet ca. EUR 50,) pro Jahr und Domain aufwärts im Gespräch, und damit deutlich über den Preisen von .com-, .net- oder .de-Domains.
Doch noch ist offen, ob .xxx überhaupt kommt. In der öffentlichen Diskussion ausgeblendet wird jedoch vor allem der Umstand, dass .xxx zu den so genannten „sponsored TLDs“ zählt. Der Sponsor der Bewerbung, die gemeinnützige „International Foundation for Online Responsibility“ (IFFOR) mit Sitz in Kanada, macht also Vorgaben, die vom Inhaber einer .xxx-Domain erfüllt werden müssen. So soll sichergestellt sein, dass Minderjährige keinen Zugriff auf ein .xxx-Angebot haben; ferner sollen Maßnahmen zum Schutz vor und dem Kampf gegen Kinderpornographie und Kindesmissbrauch getroffen werden. Im übrigen findet eine inhaltliche Prüfung der Webangebote jedoch nicht statt.
Wer aber meint, damit alle Schmuddelangebote in einem virtuellen Rotlichtviertel versammeln zu können, irrt: Die Registrierung unter .xxx erfolgt auf rein freiwilliger Basis, hat also auf einschlägig bekannte Angebote unter anderen Top Level Domains keinen Einfluss. Abgesehen von den recht üppigen Registrierungsgebühren dürfte es für Anbieter derartiger Inhalte wenig Grund geben, auf .xxx umzuschwenken. Denn ihr Ziel ist es, möglichst viele Nutzer zu erreichen, um umso mehr Geld zu verdienen. Mit .xxx sägt man sich aber den Ast ab, auf dem man selbst sitzt: so lassen sich diese Domains nicht nur einfach aus allen Suchmaschinen verbannen, sondern auch mit jeder halbwegs anständigen Filtersoftware gänzlich sperren. Das Sprichwort „das Gegenteil von gut gemacht, ist gut gemeint“ wird einmal mehr Wirklichkeit.