Nachdem der 30. Mai 2011 als Starttermin für die Einführung neuer Top Level Domains geplatzt ist, hat die Internet-Verwaltung ICANN auch die Rotlicht-Domain .xxx in die Warteschleife geschickt: frühestens im Februar 2011 fällt die Entscheidung, ob die umstrittene Endung eingeführt wird.
Brachte das Meeting in Cartagena den erhofften Durchbruch für .xxx, oder war es ein Rückschritt? Eindeutig lässt sich diese Frage nicht beantworten. Klar ist allenfalls, dass ICANN den Abschluss eines Registry-Vertrages mit dem Bewerber ICM Registry Inc. beabsichtigt, ein entsprechender Vorstandsbeschluss wurde nochmals ausdrücklich gefasst. Doch während man etwa in Blogs wie thedomains.com von einer „guten Nachricht“ spricht, geht der US-amerikanische Nachrichtensender MSNBC davon aus, dass eine erneute Verzögerung eintritt und erst im Juni 2011 die Entscheidung fällt, ob .xxx eingeführt wird oder nicht. In jedem Fall wird, wie bei der Debatte um neue TLDs, auch bei .xxx der ICANN-Regierungsbeirat Governmental Advisory Committee (GAC) ein kräftiges Wort mitsprechen. So stellt der ICANN-Vorstand sein Votum ausdrücklich unter den Vorbehalt weiterer Konsultationen und den Rat des GAC. In den kommenden Tagen sollen die ICANN-Mitarbeiter daher ein Verfahren etablieren, das die weiteren Gespräche mit dem GAC im Februar 2011 vorbereitet, und bei dem alle offenen Punkte angesprochen werden sollen. Ob sie aber auch geklärt werden, ist offen.
Unterdessen gab ICM Registry bekannt, im Fall der Einführung von .xxx mit drei verschiedenen Sunrise-Phasen zu planen. In Phase eins sollen alle Marken mit Bezug zur Porno-Industrie ihre Domains bevorrechtigt anmelden dürfen, während in Phase zwei alle übrigen Inhaber von Markenrechten gegen Zahlung einer Einmalgebühr ihre Domains anmelden und so wie im Fall von cocacola.xxx oder disney.xxx dem Missbrauch vorbeugen können. Diese Domains würden aber nicht im Domain Name System auflösen und daher noch nicht einmal zu Zwecken der Weiterleitung genutzt werden können; auch die jährliche Verlängerung entfällt komplett. Zwar würde dies Domains wie disneyporn.xxx nicht ausschließen, angesichts ohnehin hoher Registrierungsgebühren jedoch unattraktiv für Cybersquatter und damit unwahrscheinlich machen. In Phase drei kämen schließlich die Inhaber von Porno-Domains zum Zug, die ihre Adresse bereits unter einer anderen Endung wie .com oder .info angemeldet haben, wobei ein automatisierter WHOIS-Check die Prüfung übernimmt. Im übrigen hat man das britische Unternehmen Valideus als Validierungsstelle für die Sunrise-Phasen ernannt.
Sollte ICANN die Entscheidung über .xxx erst treffen, wenn die Endfassung des Bewerberhandbuchs vorliegt, hält es Andrew Allemann von domainnamewire.com übrigens für nicht ausgeschlossen, dass sich ICM Registry mit ICANN vor Gericht streiten wird. Dies könnte den gesamten Prozess zur Einführung neuer Endungen gefährden oder gar zum Erliegen bringen.