Ein jetzt veröffentlichtes Urteil des LG Köln vom Mai diesen Jahres gibt Anlass zu weiteren Reflexionen über die neuen generischen Top Level Domains (TLDs) wie über neue TLDs überhaupt.
In der „wdr.org“-Entscheidung des LG Köln (Urteil vom 23.05.00, Az. 33 O 216/00) stellte das Gericht fest, dass zwischen der Bezeichnung „wdr.org“ und „WDR“ Ähnlichkeit im Sinne des § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG besteht, da kennzeichnender Bestandteil allein die Buchstaben „wdr“ sind, während der Zusatz „.org“ als Angabe der Top-Level-Domaingruppe nicht geeignet ist, die Identität bzw. Ähnlichkeit auszuschließen.
Angesichts der neuen TLDs weist dieses Urteil darauf hin, dass tatsächlich mit weiteren TLDs nicht mehr Internetpräsenzen geschaffen werden. Das Urteil steht dabei auch nicht alleine. In der deutschen Rechtsprechung gibt es mittlerweile etliche Entscheidungen, die bestätigen, dass Markenrechtsverletzungen vorliegen, wenn gleichlautende Marken unter unterschiedlichen TDLs geführt werden.
So hatte das OLG Karlsruhe in seiner Entscheidung „bad-wildbad.com“ eine Identitäts- oder Zuordnungsverwirrung im Sinne des § 12 BGB bei der unberechtigten Verwendung von Städtenamen auch bei der Top Level Domain „.com“ gesehen. Gleiches stellte das OLG Stuttgart in seiner „steiff.com“-Entscheidung fest: Die Gefahr einer Zuordnungsverwirrung durch den Gebrauch eines fremden unterscheidungskräftigen Firmenbestandteils besteht auch bei der Verwendung der TLD „.com“.
Unterscheidungskräftig wird die Sache nur durch abstruse Zusätze, wie das aus der Entscheidung „buecherde.com“ des OLG München hervorgeht. Durch den Zusatz „.de“ an den Begriff „buecher“ wird letzterer unterscheidungskräftig.
Überträgt man also diese Entscheidungstendenz auf die neueingerichteten TDLs, so besteht wenig Hoffnung, dass man bei der Nutzung ähnlicher Begriffe als Domain-Name nicht erfolgreich von den Inhabern abgemahnt wird. Ob sich die klaren Vorgaben bei der Vergabe der neuen TDLs als differenzierendes Potential entwickeln, wird man nur durch gerichtliche Entscheidungen feststellen können.
Die Argumentation des Antragsgegners in der „wdr.org“-Entscheidung weist einen gangbaren Weg. Der Antragsgegner meinte, unter einer „.org“-Adresse würde niemand den Antragsteller suchen, weil „.org“ prinzipiell für private Vereinigungen oder gemeinnützige Gruppen stehe, die Antragstellerin hingegen eine deutsche öffentlich-rechtliche Anstalt sei und vom Verkehr dahinter nicht vermutet werde.
Diesen Weg aber wollte das Gericht nicht beschreiten und erklärte, da der Antragsgegner die Bezeichnung „wdr.org“ sowohl als Internet-Adresse als auch als Unternehmenskennzeichen verwende und in beiden Beziehungen ein kennzeichenmäßiger Gebrauch bestehe, auf welchen sich der Unterlassungsanspruch aus § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG bezieht, müsste sich der Antragsgegner nach den Grundsätzen des „Rechtes der Gleichnamigen“ durch die Wahl eines Zusatzes von der Marke des Antragstellers deutlich abheben. Mit dem Zusatz der Top Level Domain „.org“ gelinge ihm das nicht.
Vor dem Hintergrund solcher Entscheidungen sind die sieben neuen generischen TLDs weitgehend überflüssig. Denn was nützt eine Branchen-Unterscheidung nach TLDs, wenn das sich bei der Beurteilung der Rechtslage durch die Gerichte nicht auswirkt. Sicher, die Ähnlichkeit der Begriffe besteht im Bereich der Second Level Domains. Und hier müssen die Rechte der Marken- oder Namensinhaber geschützt werden. Aber wenn den einzelnen TLDs keine Unterscheidungskraft zuerkannt wird, werden durch die Einführung neuer TLDs nicht mehr Internetpräsenzen geschaffen, weil sowieso immer nur die eine Unternehmung unter verschiedenen TLDs auftreten kann.
Quelle: wdr.org: JurPC Web-Dok. 221/2000, Abs. 1 – 31<