Wer bisher glaubte, dass die Porno-Domain .xxx im liberalen Europa willkommen ist, hat sich geirrt: bis zuletzt hat Brüssel versucht, die Einführung zu verhindern. Um die Existenz vor Gericht kämpfen will dagegen .jobs, während es in Estland international wird – hier die Kurznews.
Das estnische Länderkürzel .ee läutet das IDN-Zeitalter ein: wie Marek-Andres Kauts von der Estonian Internet Foundation bekanntgab, stehen ab 13. Juni 2011 unter anderem die drei Umlaute ä, ö und ü zur Verwendung innerhalb einer Second Level Domain unterhalb von .ee zur Verfügung. Zuvor findet eine Sunrise Period statt, die sich in zwei Phasen teilt: vom 16. Mai bis zum 05. Juni 2011 können Unternehmen bevorzugt solche Domains sichern, die identisch oder ähnlich zu ihren geschützten Kennzeichen sind; vom 06. bis zum 12. Juni 2011 folgt sodann eine Prüfphase, bevor am 13. Juni 2011 die allgemeine Registrierung beginnt. Allerdings bleiben .ee-Domains nur Unternehmen mit Sitz in Estland vorbehalten; diese müssen ihre estnische Handelsregisternummer übermitteln. Zudem muss als administrativer Ansprechpartner eine Privatperson aus Estland eingetragen werden.
Der Streit um die Job-Domains .jobs eskaliert: um der drohenden Kündigung des Vertrages zu entgehen, hat die Registry Employ Media LLC vor der International Chamber of Commerce in Paris Klage gegen die Internet-Verwaltung ICANN erhoben. Der 39seitige Schriftsatz befasst sich im Kern damit, dass .jobs mit der Liberalisierung der Vergaberegeln auf Nicht-Firmen-Domains und berufsspezifische Begriffe lediglich die Vereinbarungen mit ICANN umsetze; der von ICANN erhobene Vorwurf, dass .jobs entgegen seiner Vergaberegeln praktisch von jedermann registriert werden kann und zudem das Forum universe.jobs den Wettbewerb unterbindet, sei dagegen unberechtigt. Ziel der Klage ist es unter anderem, festzustellen, dass ICANN nicht zur Kündigung des Registry-Vertrages berechtigt ist und vielmehr ICANN sich nicht an die getroffenen Vereinbarungen gehalten hat. Ob Employ Media damit durchdringt, ist unklar; in jedem Fall hat das Unternehmen Zeit gewonnen.
Die inzwischen eingeführte Rotlicht-Domain .xxx ist nicht nur in den USA auf Widerstand gestoßen, auch in Europa hat man versucht, sich zur Wehr zu setzen. Wie erst jetzt bekannt wurde, hat Neelie Kroes, EU-Kommissarin für die Digitale Agenda, noch im April 2011 ihren Unmut über das positive Votum des ICANN-Vorstands übermittelt. In einem Schreiben vom 6. April 2011 an den US-Handelsminister Gary Locke und noch vor Eintragung von .xxx in die Root Zone forderte Kroes, die Auswirkungen auf „höherer Ebene zu reflektieren“; sie nehme an, dass die USA dankbar seien für die Einschätzung anderer Länder und stehe hierfür zur Verfügung. Dabei berief sich Kroes darauf, dass .xxx innerhalb des Governmental Advisory Committee (GAC) keine aktive Unterstützung erfahren haben soll. Auch ein Seitenhieb auf das „Modell“ ICANN fehlt nicht, bis hin zu einer Erwähnung der International Telecommunications Union (ITU), die sich seit langem um die Verwaltung des Domain Name System bemüht. Letztlich war alle Intervention jedoch vergeblich: .xxx ist eingetragen und der Startschuss für das bis 31. Juli 2011 dauernde „Founders Program“ ist bereits gefallen.