ICANN beschließt sieben Top Level Domains

Nach jahrelangen Diskussionen ist es nun so weit: die ICANN hat die Einführung sieben neuer generic Top Level Domains (gTLDs) beschlossen: .aero, .biz, .coop, .info, .museum, .name, .pro.

Erste Registrierungen unter den neuen TLDs sollen ab dem 1. Quartal 2001 möglich sein.
Lesen Sie in unseren ausführlichen Hintergrundbericht.

Die Ausgangslage

Von zunächst 47 Bewerbern, die unter anderem eine nicht zu erstattende Antragsgebühr von US$ 50.000 leisten mussten, blieben letztlich noch 44 übrig. In einem Zwischenbericht wurden aus die- sem Kreis 21 Anträge dem ICANN-Direktorium zur Vergabe vorgeschlagen. Gestern wurde dann die Einführung von sieben neuen TLDs beschlossen, die nur zum Teil mit den Empfehlungen übereinstimmen.
Wie angekündigt, sind die neuen TLDs nicht in jedem Fall frei zu registrieren. Unbeschränkt zugänglich sind lediglich zwei, eine weitere Endung ist für die „perönliche/private“ Nutzung vorgesehen. Die restlichen vier neuen Endungen sind auf bestimmte Gruppen beschränkt.

Die sieben neuen TLDs

.aero
Diese Domain ist allein für den Luftverkehr und damit zusammenhängende Unternehmen wie Fluggesellschaften, Flughäfen oder Flugzeughersteller vorgesehen und nicht für jeden zu re- gistrieren. Hinter der Bewerbung steht die Societé Internationale de Télécommunications Aéronautiques (SITA), ein Zusammenschluß von 700 weltweit tätigen Luftfahrtunternehmen.
Zunächst ist die Möglichkeit einer Registrierung auf Fluggesellschaften und Flughäfen beschränkt, die Gebühr pro Domain soll bei US$ 50 im Jahr liegen.

.biz
Diese Top Level Domain ist gewerblichen Websites vorbehalten. Antragsteller ist JVTeam, ein aus Melbourne IT und NeuStar bestehendes Konsortium.
Die jährliche Registrierungsgebühren sollen sich im Rahmen zwischen US$ 3,75 und US$ 5,30 bewegen. Eine sog. Sunrise Period, innerhalb der Inhaber von Markenrechten einen zeitlichen Vorsprung bei der Registrierung erhalten sollen, ist nicht geplant.

.coop
Hier handelt es sich wiederum um eine lediglich für genossenschaftliche Unternehmen oder Organisationen vorgesehene Endung.
Daher kann eine solche Domain nur registrieren, wer sich an die Anforderungen für Genossenschaften hält, also z.B. Unternehmen, die unter Kontrolle und in Besitz ihrer Mitglieder sind. Hinter der Bewerbung steht die US-amerikanische National Cooperative Business Association (NCBA) sowie die International Cooperative Alliance (ICA), für deren Mitglieder die Domain zunächst vor- gesehen ist. Die Gebühr pro Domain liegt im ersten Jahr bei US$ 50, für die folgenden zwei Jahre bei US$ 40.

.info
Bei dieser Domain handelt es sich um eine frei registrierbare, also nicht zugangsbeschränkte TLD.
Bewerber ist Afilias, ein Zusammenschluß der größten Domain-Registrare wie Network Solutions (NSI) oder Register.com. Die Schlund+Partner und EPAG sind die deutschen Vertreter in diesem Konsortium. Ursprünglich war die Endung .web bevorzugt worden; nachdem sich jedoch Probleme mit der Firma IODesigns andeuteten, die schon seit einiger Zeit dotweb-Domains innerhalb eines alternativen Root-Server-Systems anbietet, wurde davon abgesehen.
Hier wird es eine Sunrise Period von 90 Tagen vor dem Eröffnungstag geben, innerhalb der 30 Tage lang Vorregistrierungen möglich sind. In den verbleibenden 60 Tagen erfolgt dann eine Prüfung auf eventuelle Rechtsverletzungen durch die Registrierungsstelle.

.museum
Allein für Museen ist diese zugangsbeschränkte Domain vorgesehen. Bewerber war die Museum Domain Management Association (MDMA), hinter der wiederum das International Council of Museums (ICOM) und der J. Paul Getty Trust stehen. Das ICOM soll dabei auch festlegen, wann die Voraussetzungen für ein Museum gegeben sind. Als Gebühren sind rund US$ 90 für die ersten beiden Jahre vorgesehen.

.name
Hierbei handelt es sich um eine „persönliche“ TLD. Sie soll nur aus Namen etwa in der Form hans.schmidt.name bestehen, sofern die betreffende Person den Namen tatsächlich führt. Als Preis sind US$ 15 vorgesehen. Antragsteller waren Global Name Registry und IBM Großbritannien.

.pro
Diese Domain-Endung ist schließlich wiederum zugangsbeschränkt und zunächst auf drei Berufsgruppen beschränkt: Rechtsanwälte (.law.pro), Ärzte (.med.pro) und Buchhalter (.cpa.pro für certified public accountants).
Eine spätere Ausdehnung auf andere Berufgruppen ist geplant. Antragsteller ist RegistryPro. Die Registrierungsgebühren liegen wahrscheinlich bei US$ 6 pro Jahr und Domain. Auch hier ist eine Sunrise Period geplant.

Das Entscheidungsverfahren

Den Entscheidungen, welche der Bewerbungen von ICANN akzeptiert werden sollen, gingen sehr rege Verhandlungen voraus. Markus Eggensperger, der für die united-domains AG vor Ort in Los Angeles war, berichtet, daß im Vorfeld der Entscheidung auf dem annual meeting von ICANN diese Woche noch heftig von einer breiten Teilnehmerzahl kritisiert wurde, dass die Bewerber lediglich 3minütigen Vorstellung der Einzelvorschläge hatten. Zudem wurde bemängelt, daß die schon im Vorgfeld aus dem Entscheidungskreis ausgelschlossenen Bewerbern keine ausreichende Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt worden war.
Unstimmigkeiten gab es weiter darüber, daß die Einführung neuer TLDs noch vom alten Direktorium beschlossen wurde, während erst vor kurzem die Wahlen zum neuen Direktorium (darunter Andy Müller-Maguhn für Europa) abgeschlossen wurden.
Der Unmut ging sogar soweit, daß noch am Dienstag laut darüber nachgedacht worden war, dem aktuellen Board zu empfehlen, die Entscheidung bis zur Neubesetzung des Boards zu verschieben und so auch den im Vorfeld ausgeschlossenen Bewerbern noch mal eine Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
Ferner war man sich weithin einig, daß mit der Einführung neuer TLDs die Gefahr des Cybersquatting steigt. ICANN selbst mußte sich wegen der Einführung von .biz mit einem Unternehmen auseinandersetzen, das die Marketingrechte an der Länder-Domain dotbz (für Belize) beansprucht.
Abgelehnte Bewerber wie die Sarnoff Corporation, die doti (.i) beantragt hatte, kündigten bereits eine rechtliche Überprüfung an.

Fazit

Aus dem Rennen sind somit die oftmals favorisierten TLDs .geo, .health, .web, .sex und .kids. Entscheidend war dabei die Überlegung, nicht die dahinter stehenden Inhalte kontrollieren zu wollen.
Bei anderen Bewerbern wie .tel sollen erst einheitliche Standards geschaffen werden, bevor eine entsprechende TLD ermöglicht wird.
Die geplante Einführung von doteu hat mit dieser Entscheidung nichts zu tun, da es sich bei doteu nicht um eine gTLD handelt, sondern um eine Country-Code-TLD. Sie wird unabhängig davon verhandelt.
Bei den sieben neuen TLDs stehen demnächst vertragliche Verhandlungen mit ICANN an, um Einzelheiten näher festzulegen. Mit einer Einführung wird bis Mitte 2001 gerechnet.
Mit ersten Registrierungsmöglichkeiten wird vereinzelt ab erstem Quartal des nächsten Jahres gerechnet. Derzeit ist eine verbindliche Registrierung nicht möglich. Schließlich bleibt auch abzuwarten, ob und wie juristische Wege beschritten werden.

Background ICANN

Die Abkürzung ICANN steht für Internet Corporation for Assigned Names and Numbers. Es handelt sich um eine Non-Profit-Organisation mit Sitz in Marina del Rey, Kalifornien, der im Jahr 1998 vom amerikanischen Wirtschaftsministerium die technische Organisation des Internet und hier insbesondere des Domain-Name-Systems (DNS) übertragen wurde, welche zuvor durch Universitäten erfolgt ist. Die Mitüberwachung der zentralen Internetserver (Root-Server) ist eine weitere Aufgabe.
Es handelt sich bei ICANN nicht um eine Internetverwaltung im klassischen Sinn, da ihr hierzu Kompetenzen und finanzielle Ausstattung fehlt. Dennoch ist sie mittlerweile die anerkannte Ansprechpartnerin und Entscheidungsträgerin in Regelungen, die das Internet und damit jeden einzelnen User betreffen.
ICANN hat zudem eine Domain-Name Dispute Policy (UDRP) ge- schaffen, die als Grundlage der Schlichtung von Domain- Streitigkeiten wie z.B. durch die Genfer WIPO dient.

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