gTLDs

Streit um fehlende »price caps« im neuen .org-Registryvertrag hält an

Für die Internet-Verwaltung ICANN ist der Streit um die Streichung der Gebührendeckelung für .org-Domains noch nicht ausgestanden: der US-Registrar Namecheap Inc. möchte ICANN per „Reconsideration Request“ dazu zwingen, die Entscheidung zu revidieren.

Es ist noch gar nicht lange her: Am 30. Juni 2019 hatte ICANN den Registry-Vertrag für .org mit der Verwalterin Public Interest Registry (PIR) um zehn Jahre bis 2029 verlängert. Der neue Vertrag sieht mehrere Änderungen vor, mit denen ICANN die Regelungen für sämtliche Top Level Domains vereinheitlicht. Zu den umstrittensten Regelungen gehört jedoch Section 2.10 des Registry-Vertrages. Sie erlaubt es PIR, die Gebühren für .org-Domains künftig frei festzusetzen; die Erhöhung muss nur einige Monate zuvor angekündigt werden. Unter anderem die Internet Commerce Association (ICA) protestierte scharf gegen diese Änderung und machte geltend, dass .org als gemeinnützige Top Level Domain den Grundsätzen der Preisstabilität und Vorhersagbarkeit in besonderer Weise verpflichtet sei, weshalb die Gebühren zu deckeln (»price caps«) seien. Der alte Vertrag sah vor, dass PIR die Preise um 10 Prozent jährlich erhöhen durfte. Auch Namecheap, mit über zehn Millionen verwalteten Domain-Namen einer der größten Registrare der Welt, hatte seine Kunden per eMail auf die drohende Preiserhöhung (»sky-high«) hingewiesen und aufgefordert, dagegen zu protestieren. Dennoch setzte ICANN die Änderung durch.

Mithilfe eines »Reconsideration Request« will Namecheap die Internet-Verwaltung aber nun doch noch zum Umdenken zwingen. In einem formularmäßigen Antrag vom 12. Juli 2019 führt das US-Unternehmen aus, sowohl die Rechte der eigenen Kunden als auch von Millionen Internetnutzern wahren zu wollen. Das Entfallen der »price caps« führe mindestens zu Unsicherheit und Verwirrung, schlimmstenfalls zu erhöhten Kosten. Drastisch heißt es:

Unrestricted price increases for legacy TLDs will stifle internet innovation, harm lesser served regions and groups, and significantly disrupt the internet ecosystem.

Im Mittelpunkt der Vorwürfe steht, dass ICANN über 3.530 eingegangene Kommentare, die sich fast ausschließlich gegen eine Streichung ausgesprochen hätten, zurückgewiesen hat. Dabei räumt Namecheap ein, dass 1.725 Kommentare von eigenen Kunden eingereicht worden sind; zugleich betont man, dass sich nur 9 Kommentare für eine Streichung ausgesprochen hätten. Allerdings ist auch unstreitig, dass für die über 1.200 nTLDs schon seit ihrer Einführung keinerlei Gebührendeckelung greift.

Ob Namecheap damit Erfolg hat, ist also mehr als fraglich. Um sich durchzusetzen, müsste ICANN zum Beispiel gegen die eigene Mission oder die eigenen Statuten verstoßen haben. Diese Hürde ist kaum zu nehmen, zumal PIR mit .ngo und .ong zwei alternative, wenn auch wenig bekanntere Endungen im Angebot hat. Auch der Vorwurf »without consideration of material information« oder der »reliance on false or inaccurate relevant information« setzt hohe Hürden, der mit dem bloßen Risiko einer Preiserhöhung kaum zu nehmen sein wird, schließlich hat auch Namecheap über die Jahre hinweg die Preise erhöht. Das ICANN-Board wird sich voraussichtlich beim Meeting in Montreal, das vom 02. bis 07. November 2019 stattfindet, mit der Beschwerde befassen.

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