Die Verlängerung des Registry-Vertrages für .org sorgt für weiteren Ärger: nach einem »Reconsideration Request« des US-Registrar Namecheap Inc. hat nun auch die »Electronic Frontier Foundation« (EFF) Protest erhoben.
Keine sechs Wochen sind vergangen, seit ICANN am 30. Juni 2019 den Registry-Vertrag für .org mit der Verwalterin Public Interest Registry (PIR) um zehn Jahre bis 2029 verlängert hat. Die Verlängerung sorgte jedoch für erheblichen Ärger. Am 12. Juli 2019 legte der US-Registrar Namecheap Inc. ein sogenanntes »Reconsideration Request« ein. Ziel ist es, die Streichung der Gebührendeckelung (»price caps«) rückgängig zu machen. Sie erlaubt es PIR, die Gebühren für .org-Domains frei festzusetzen; die Erhöhung muss lediglich einige Monate zuvor bei ICANN angekündigt werden. Der vorherige Vertrag sah hingegen vor, dass PIR die Preise nur um bis zu 10 Prozent jährlich erhöhen darf; von diesem Recht hat PIR aber seit August 2016 keinen Gebrauch gemacht. Dennoch fürchtet Namecheap zumindest Unsicherheit und Verwirrung bei den Nutzern, schlimmstenfalls erhöhte Kosten. Drastisch heißt es:
Unrestricted price increases for legacy TLDs will stifle internet innovation, harm lesser served regions and groups, and significantly disrupt the internet ecosystem.
Diesem ersten »Reconsideration Request« folgte nun am 30. Juli 2019 ein zweites, eingelegt von der EFF. Bei der EFF handelt es sich um eine US-amerikanische Nichtregierungsorganisation mit Sitz in San Francisco, die sich für Grundrechte im Informationszeitalter einsetzt. Im Gegensatz zu Namecheap wehrt sich die EFF allerdings nicht gegen die Streichung der »price caps«, sondern gegen juristische Änderungen, mit denen ICANN nach dem Vorbild der nTLDs die Regelungen für sämtliche generischen Top Level Domains vereinheitlicht. Ins Visier genommen hat die EFF dabei das Schiedsverfahren nach der »Uniform Rapid Suspension«; die URS wurde 2012 als kostengünstige Alternative zur Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy (UDRP) eingeführt und erlaubt es Markeninhabern, vergleichsweise rasch zwar nicht die Übertragung einer Domain, aber deren Suspendierung bis zum Ende des regulären Registrierungszeitraums zu erreichen. Die EFF stört sich zum einen daran, nicht ordnungsgemäß in die Einführung der URS eingebunden gewesen zu sein. Vor allem aber fürchtet man, dass das auf Schnelligkeit ausgelegte URS-Verfahren dazu führen könnte, dass die Organisation praktisch über Nacht ihre Domain verliert, etwa wenn kritische Informationen dort gepostet werden. Typische markenrechtsverletzende Sachverhalte mögen bei nTLDs relevant sein; bei .org sei die URS hingegen unangemessen und eine Bedrohung für die Meinungsfreiheit.
Sowohl Namecheap als auch der EFF werden allgemein keine großen Erfolgsaussichten eingeräumt. Um sich durchzusetzen, müsste ICANN zum Beispiel gegen die eigene Mission oder die eigenen Statuten verstoßen haben; auch der Vorwurf »without consideration of material information« oder »reliance on false or inaccurate relevant information« setzt hohe Hürden. Das ICANN-Board wird sich voraussichtlich beim Meeting in Montreal, das vom 02. bis 07. November 2019 stattfindet, mit den beiden Beschwerden befassen.