gTLDs

Der neue Vertrag für die .org-Verwaltung durch PIR streicht Preisdeckelung

Eine Welle der Empörung schwappt derzeit durch die Domain Name Industry. Auslöser ist die Ankündigung von ICANN, die Gebührendeckelung für .org-Domains (price caps) zu streichen. Ob sich ICANN davon beeindrucken lässt, ist aber offen.

Am 18. März 2019 hatte ICANN angekündigt, den am 30. Juni 2019 auslaufenden Registry-Vertrag für .org mit der Verwalterin Public Interest Registry (PIR) verlängern zu wollen. Der neue Vertrag sieht eine Reihe von Änderungen vor; so muss PIR unter anderem die Streitschlichtungsverfahren Uniform Rapid Suspension (URS), Trademark Post-Delegation Dispute Resolution Procedure (PDDRP) und Registration Restrictions Dispute Resolution Procedure (RRDRP) übernehmen. Die für die Praxis wohl wichtigste Änderung steckt jedoch in Section 2.10; demnach soll die bisher vereinbarte Gebührendeckelung entfallen, so dass PIR die Gebühren für eine Neuregistrierung oder eine Verlängerung von .org-Domains frei festsetzen könnte. Eine Erhöhung müsste lediglich rechtzeitig angekündigt werden. ICANN gleicht den Registry-Vertrag für .org damit den Verträgen für praktisch alle neu eingeführten Top Level Domains an. Zur Begründung verweist ICANN unter anderem auf das Ziel der Gleichbehandlung und die »Reife« des Domain-Markts hin. Bis zum 29. April 2019 hatte die Öffentlichkeit Gelegenheit, hierzu Stellung zu nehmen. Ähnliche Änderungen plant ICANN zudem für .biz und .info.

Scharfe Kritik an diesen Plänen kommt unter anderem von der Internet Commerce Association (ICA). Der Lobby-Verband mit Mitgliedern wie Sedo, GoDaddy oder Donuts macht geltend, dass die sogenannten »legacy TLDs«, also alle vor 2010 eingeführten Endungen wie .com, .net, .org und .biz, grundlegend anders zu behandeln sind als nTLDs. Sie stünden einer öffentlich-rechtlichen Stiftung gleich und dienten nicht überwiegend privatwirtschaftlichen Zwecken. Registries seien daher den Grundsätzen der Preisstabilität und Vorhersagbarkeit verpflichtet, weshalb ihre Gebühren gedeckelt werden müssten. Vor allem bei .org hätten viele gemeinnützige Organisationen mit oft überschaubaren Budgets auf faire Gebühren gesetzt. Zugleich hat die ICA Musterprotestschreiben an ICANN vorbereitet, die inzwischen hundertfach Verwendung gefunden haben. Auch der Domain-Registrar Namecheap hatte seine Kunden per eMail auf die drohende Preiserhöhung (»sky-high«) hingewiesen und angesichts der fehlenden Preisstabilität zum Tätigwerden aufgefordert. Bis kurz vor Ende der Frist waren so weit über 3.100 Kommentare bei ICANN eingegangen, die sich praktisch durchgängig gegen den Wegfall der Gebührendeckelung aussprechen.

PIR selbst hat sich bisher zu Preiserhöhungen nicht öffentlich geäußert. Ob sich die Gebühren (und damit die Einkaufspreise) für die Domain-Registrare tatsächlich erhöhen, ist umstritten. Im Jahr 2008 hatten die Kartellbehörden in den USA eine Erweiterung des Namensraumes noch begrüsst, um zusätzlichen Wettbewerb insbesondere zur .com-Registry VeriSign zu schaffen. Allerdings wurden .com-Domains seither nicht günstiger, ohne dass die Nutzer in Scharen zu nTLDs gewechselt wären. Dennoch gilt in vielen Organisationen ein Wechsel der Domain als besonders heikel, so dass sie eine Erhöhung zähneknirschend als das geringere Übel akzeptieren. ICANN will sich erst wieder ab dem 14. Mai 2019 mit dem Vorgang beschäftigen; bis wann eine Entscheidung fällt, ist derzeit offen.

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