.fr-Skandal

AFNIC nimmt Domains in Sippenhaft

Mit einem in der Domain-Geschichte einmaligen Skandal kämpft derzeit der luxemburgische Registrar EuroDNS: am 21. Oktober 2004 entschied der Vorstand der französischen Domain-Verwaltungsstelle AFNIC ohne ausdrückliche Vorwarnung, knapp 4.500 über EuroDNS registrierte .fr-Domains aufgrund angeblicher Verstöße gegen die Vergaberegelungen vorläufig zu suspendieren.

Nach dem bisher bekannten Sachverhalt registrierte ein Herr Laurent Nunenthal vom 11. Mai bis 21. Oktober 2004 insgesamt 4.465 .fr-Domains für Kunden des Domain-Registrars EuroDNS. Nunenthal fungiert dabei als Treuhänder für EuroDNS, so dass dank einer Lücke in den Vergaberegelungen auch nicht im französischen Handelsregister eingetragene Unternehmen .fr-Domains registrieren können. Im Juli 2004 wandte sich AFNIC nach Beschwerden von Markeninhabern aufgrund von Rechtsverletzungen erstmals an Nunenthal und machte ihn darauf aufmerksam, dass sein Verhalten möglicherweise gegen die Registrierungsregeln verstoße. Nach Darstellung von EuroDNS hat man auf dieses Schreiben reagiert und mitgeteilt, dass man sich erforderlichen Schritten wie dem von den Vergabebestimmungen für den Fall von Streitigkeiten vorgesehenen Schlichtungsverfahren nicht verweigere und war der Annahme, der Fall sei erledigt.

Doch mitnichten: am Abend des 22. Oktober 2004 (einem Freitag) entschied das consultative committee von AFNIC ohne vorherige Ankündigung, alle von Nunenthal registrierten Domains für die Dauer von drei Monaten zu blockieren. Die Domains sind daher nicht mehr zu erreichen; die WHOIS-Daten blieben dagegen vorerst unverändert. Gleichzeitig veröffentlichte AFNIC eine Liste mit allen 4.465 streitigen Domains, um potentiellen Rechteinhabern die Möglichkeit zu geben, sich gegen Rechtsverletzungen zur Wehr zu setzen. Bereits auf den ersten Blick lassen sich auf der Liste eine Vielzahl von markenrechtlich bedenklichen Vertipper-Domains wie addidas.fr, dysney.fr, e-bay.fr oder yahhoo.fr finden; gleichwohl gibt es auch zahlreiche Domain-Namen wie golfcourses.fr, an deren Legitimität kaum zu zweifeln sein dürfte.

EuroDNS zeigte sich schockiert über das Vorgehen von AFNIC und beklagt ein heilloses Durcheinander, da weder Webseiten noch der eMail-Verkehr von betroffenen Kunden funktioniert. EuroDNS hat weiter angekündigt, alle Möglichkeiten einschließlich des Rechtsweges auszuschöpfen, um AFNIC so rasch wie möglich zur Einkehr zu bewegen. AFNIC wird sich fragen lassen müssen, auf welcher Grundlage viele hundert Domains gesperrt wurden, zumal derartige Ansprüche grundsätzlich von den Markeninhabern geltend zu machen wären. Ob ein in Artikel 19 der Naming Charta vorgesehener, absoluter Ausnahmefall vorliegt, der AFNIC zum Einschreiten berechtigt, ist zu bezweifeln. Es steht vielmehr zu vermuten, dass AFNIC Angst vor den eigenen Liberalisierungsbestrebungen bekommt und auf dem Rücken der Internet-User eine Machtprobe mit einem Registrar wagt, deren Ausgang völlig offen ist.

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