ccTLDs

ICANN verabschiedet einen Rentenplan für Länderendungen wie .de

Die Internetverwaltung ICANN hat einen Fahrplan zur Pensionierung von ccTLDs verabschiedet: entwickelt von der country code Names Supporting Organisation (ccNSO), können Endungen von Ländern, die politisch nicht mehr existieren, damit künftig aus der Root Zone gelöscht werden.

Schon lange vor dem freiwilligen Rückzug von .brands kam es in der Historie des Domain Name Systems immer wieder vor, dass sich Länderendungen verabschiedet haben. In vielen Fällen hatte das politische Gründe. So entfiel etwa mit dem Ende der Bundesrepublik Jugoslawien der Bedarf an .yu; im Jahr 2015 verschwand .tp, die Länderendung der portugiesischen Kolonie Portugiesisch-Timor, infolge der Unabhängigkeit der Kolonie als Osttimor im Jahr 2002 aus dem Netz. Ein formelles Regelwerk für die Pensionierung von ccTLDs gab es bisher jedoch nicht, weshalb das ccNSO-Council im Dezember 2015 erste Diskussionen für dessen Einführung anstieß. Damit sollte nicht nur die Vorhersehbarkeit dieser Entscheidungsprozesse, sondern vor allem ihre Legalität sichergestellt werden. Am 17. Juni 2021 legte die über 20 Mitglieder starke »Working Group on Retirement of country code Top-Level Domains« daraufhin den Entwurf der Proposed Policy for the Retirement of ccTLDs vor, der sodann sowohl vom ICANN Board of Directors als auch vom Governmental Advisory Committee (GAC) geprüft wurde und mit leichten Änderungen am 17. September 2021 vorgestellt wurde. Anlässlich des 75. ICANN-Meetings in Kuala Lumpur wurde der Rentenplan nun formell beschlossen.

Da weder ICANN noch die innerhalb ICANNs für die Zuordnung von Nummern und Namen zuständige Internet Assigned Numbers Authority (IANA) entscheiden, was unter einem Land zu verstehen ist, ist zentraler Anknüpfungspunkt der Policy der »3166-1 alpha-2«-Code der in Genf ansässigen Internationalen Organisation für Normung (ISO). Auslösendes Moment für das Eingreifen der Regelungen ist dabei ein »Retirement Triggering Event (Trigger)«; dazu zählt vor allem die Löschung eines Codes von der ISO-Liste. Bestätigt der IANA Naming Functions Operator (IFO), dass ein den Trigger auslösendes Ereignis eingetreten ist, soll er die zuständige Registry informieren, dass beabsichtigt ist, die dem Code entsprechende ccTLD innerhalb von fünf Jahren aus dem Domain Name System zu entfernen (»removal«); die Länderendung und mit ihr alle registrierten Domains verschwinden also nicht über Nacht, sondern bleiben fünf Jahre in der Root Zone delegiert. Auf Antrag der ccTLD-Registry kann diese Frist auch verlängert werden, wenn zugleich ein für den IFO akzeptabler »Retirement Plan« vorgelegt wird; für die Vorlage dieses Plans gilt eine Frist von zwölf Monaten nach Eingang der »removal«-Mitteilung, die um weitere 12 Monate verlängert werden kann. Spätestens nach weiteren fünf Jahren ist für die betroffene Endung aber endgültig Schluss. Die Entscheidung über die Verlängerung trifft der IFO im eigenen Ermessen; sie ist ausserdem im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens überprüfbar.

In immerhin 16 Fällen sieht dieser Rentenplan zusätzlichen Beratungsbedarf. Dazu gehört, dass am Ende der fünf Jahre noch Second Level Domains registriert sind, der ccTLD-Manager weitere Registrierungen entgegennimmt oder inaktiv wird, der ccTLD-Manager den Austritt aus der ccNSO erklärt oder dass ein Inselstaat verschwindet, aber das Interesse an seiner Landesendung fortbesteht – damit dürfte unter anderem .tv (Tuvalu) gemeint sein. Unklar ist außerdem, ob sich die Policy auf Endungen wie .su auswirkt. Dabei handelt es sich nach den Standards der ISO um einen ehemals gültigen Code, der nicht mehr benutzt werden soll; gleichwohl ist eine Registrierung von .su-Domains aktuell noch möglich. Angesichts der politischen Situation dürfte sich aber derzeit niemand daran machen, dieses heiße Eisen anzufassen.

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