Am 25. Oktober lief bei der Europäischen Kommission in Brüssel die Bewerbungsfrist um die zukünftige Vergabestelle (Registry) der neu zu schaffenden europäischen Top Level Domain .eu (dotEU) ab. Laut Amtsblatt wird es sich bei der Vergabestelle um ein nicht kommerziell agierendes Register handeln, das die Top Level Domain .eu mit Sitz innerhalb der EU verwalten wird. Dabei wird die Registry als rein technische Verwaltung für .eu dienen; die Registrierung der Domains wird von Ausnahmefällen abgesehen wie gewohnt über Registrare erfolgen.
Zum Ablauf der Bewerbung sowie die genaue Zahl der Bewerber um die Registry liegt noch keine offiziellen Stellungnahmen der EU vor. Bekannt ist lediglich, dass es weniger als zehn sind, wobei ohnehin nicht mehr als 15 erwartet wurden. Dennoch wird unbestätigt aus gut informierten Kreisen so einiges bekannt. Gesichert sind demnach Anträge folgender Kandidaten:
1. European Domain Registry (EUDR)
Als besonders professionell präsentierte sich die non-profit
Organisation EUDR mit Büros in Paris und Luxemburg. Sie setzt
sich zusammen aus zahlreichen Domain-Experten, Markenrechtsexperten sowie IT-Fachleuten. Im Direktorium von EUDR sitzen Persönlichkeiten wie der britische Domain-Pionier Willie Black, der maßgeblich am Aufbau der Top Level Domain .uk beteiligt war. Zu den weiteren bekannten Namen zählt Stephen Dyer, Gründer von CentralNIC und Teilnehmer am europäischen Registrarverband RIPE (Reseaux IP Europeens) sowie Tina Dam vom Registrar Ascio Technologies.
EUDR ist vollständig unabhängig von den Betreibern nationaler Top Level Domains (ccTLDs) und untersteht weder dem Einfluss großer Registrybetreiber noch irgendwelcher Regierungen. Diese Unabhängigkeit könnte sich aber auch als Schwäche erweisen. Gemäß dem von der EU-Kommission vorgegebenen paneuropäischen Gedanken der Registry repräsentiert EUDR Gruppen und Personen aus fast allen Mitgliedsländern und betont damit seine demokratische und transparente Stellung.
> www.eudr.org
2. EURETO
Ebenfalls beeindruckend zeigte sich im Vorfeld die im Juni 2002
gegründete EURETO. Hinter dieser gemeinnützigen Gesellschaft mit Sitz in Irland stecken die ccTLD-Betreiber von Irland und die Regierungen von Irland und Grossbritannien. Als Technologiepartner wird zudem das US-Unternehmen Afilias (Verwalter der Top Level Domains .info und .org) vermutet, das bereits eine Zweigniederlassung in Europa unterhält. Eureto wird von einem Vorstand von sieben Direktoren unter dem Vorsitz von Paul Kavanagh geleitet und wird unterstützt von Partnernwie Accenture, der PA Consulting Group sowie weiteren Unternehmensberatungen.
> www.eureto.org
3. EUREG
Hinter EUREG steht ein Konsortium aus dem Registrarverband CORE sowie den ccTLD-Verwaltern von Spanien, Frankreich, Griechenland und Malta. Das Hauptquartier von EUREG befindet sich wiederum in Luxemburg. Als federführend innerhalb des Konsortiums gelten Spanien und Frankreich, die mit ihren Vertetern den Vorstand dominieren. Da deren Länderendungen .es und .fr äusserst restriktiv gehandhabt werden, ist im Fall des Zuschlags an EUREG damit zu rechnen, dass für die Vergabe von .eu-Domains aufgrund der staatlichen Dominanz sehr strikte Regeln angewendet werden.
> www.eureg.org
4. EURID
Gründungsmitglieder dieses Bündnisses sind die Verwalter der Länderdomains von Belgien, Schweden, Italien, daneben noch Slowenien und Tschechien. Die drei Erstgenannten sollen dabei jeweils einen geographischen Bereich von Europa repräsentieren, Schweden also etwa den Norden mit Ländern wie Finnland, Dänemark, Norwegen, Island, Irland und Grossbritannien. Sollte EURID den Zuschlag erhalten, ist eine non-profit Organisation mit Sitz in Belgien geplant. Weitere Informationen sind nicht bekannt, auch die offizielle Website befindet sich erst unmittelbar im Aufbau.
> www.eurid.org
5. EU-Registry
Diese Bewerbung kommt von der Brüsseler Anwaltskanzlei Stanbrook & Hooper. Sie scheiterten bereits Anfang 2001 unter der Bezeichnung CanEu.be mit einer paneuropäischen Initiative. Zusammen mit dem deutschen Domain-Pionier Siegfried Langenbach vom Internetprovider CSL sind sie nun überraschend wieder aufgetaucht. Geplant ist, fünf Gremien für die Bereiche Einzelpersonen, Regierung und Kommission, Unternehmen, Organisationen (Beispiel not-for-profit usw.) und Registrare zu bilden, in das die Mitgliedsländer einen Vertreter entsenden. Diese insgesamt 80 Vertreter wählen dann den Vorstand.
> www.eu-registry.info
6. Institut für Telematik
Auf den letzten Drücker erschien zudem das gemeinnützige Trierer Institut für Telematik e.V. im Kreis der Bewerber. Institutsdirektor Professor Christoph Meinel räumte seiner Bewerbung allerdings selbst lediglich Aussenseiterchancen ein, da das Institut im Zusammenhang mit Domainverwaltung bisher noch noch nicht in Erscheinung getreten ist.
> www.ti.fhg.de
7. VeriSign
Als große Unbekannte gilt, ob der dominierende US-Registrar VeriSign Inc. ebenfalls ein Angebot abgegeben hat oder sich im Hintergrund mit einem der genannten Bewerber verbündet hat. VeriSign verwaltet bereits die weltweit domninierende Top Level Domain .com und kann somit auf entsprechende Kenntnisse und Erfahrungen verweisen. Da dotEU aber gerade als Gegengewicht zur amerikanisch dominierten .com aufgebaut wird, dürfte sich Verisign vorerst bedeckt halten. Es scheint jedoch nahezu ausgeschlossen, dass Verisign vollständig auf eine Bewerbung verzichten wird.
> www.verisign.com
Im nächsten Schritt werden nun die Bewerbungen gesichtet und ausgewertet. Eine Entscheidung wird Anfang Dezember erwartet.
Die Entscheidung der EU-Kommission soll dann voraussichtlich gegen Anfang Januar 2003 erfolgen. Zur gleichen Zeit wird die ausgewählte Registry ICANN bekannt gegeben; ICANN wird die Verwaltung von dotEU dann auf die Registry übertragen. Mit dem Beginn der Domainregistrierung ist im Sommer 2003 zu rechnen.
Weitere Informationen rund um dotEU unter:
> www.dotEU.info