Die Beziehung zwischen Denic eG und dem Domain-Inhaber

Die Beziehung zwischen Denic eG und dem Domain-Inhaber

Mit einer Entscheidung des LG Frankfurt/M (Az.: 2-06 O 280/01) vom 24.08.2001 über einen Streit des Domain-Marketing Unternehmens comNetworld online services GmbH und der .de-Registrierungsstelle Denic eG trat Verunsicherung in die deutsche Domain-Welt. In den Entscheidungsgründen erklärte die Kammer des LG Frankfurt/M beiläufig:

„Eine weitergehende Aufklärungspflicht besteht für die Antragsgegnerin [Denic eG], die zu den Kunden der Antragstellerin [comNetworld] keine Vertragsbeziehung unterhält, nicht“

Heißt das etwa, der Endkunde eines Internet Service Providers (ISP) hat keinerlei direkte Vertragsbeziehung zur Denic? Und wenn doch, welche gesetzliche Grundlage hat die Vertragsbeziehung?

Die Denic-Verantwortlichen erklärten in der Folge der frankfurter Entscheidung, dass selbstverständlich eine vertragliche Beziehung zwischen der Denic und den Domain-Inhabern besteht. Diese habe das Gericht auch nicht in Frage gestellt, andernfalls wären die zahlreichen Anträge der comNetworld nicht bis auf einen zurückgewiesen worden.

Die comNetworld sieht das mit den abgewiesenen Anträgen nicht ganz so, geht aber ebenfalls davon aus, dass ein Vertragsverhältnis zwischen der Denic und ihren (also der comNetworld) Kunden besteht. Sowohl in der Antragsschrift als auch einem ergänzenden Schriftsatz setzte comNetworld eine vertragliche Bindung zwischen Denic und Endkunde voraus und daneben einen Pflegevertrag zwischen dem Kunden und seinem (ISP).

Es erscheint müßig, darüber zu debattieren, wer was wie gesagt hat; schaut man sich nämlich alle zur Verfügung stehenden Unterlagen an, kann man auf eine mißverständliche Formulierung des Gerichts schließen ­ oder einen Irrtum.

Der Schlüssel zur Beantwortung der Frage, inwieweit ein Rechtsverhältnis zwischen Denic und Endrunden besteht, sind die Registrierungsbedingungen der Denic, die in diesem Punkt Klarheit schaffen und deren Gültigkeit ­ soweit bekannt ­ von niemanden angezweifelt wird.

In den Registrierungsbedingungen heißt es:

„§ 1: Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen gelten für den Registrierungsvertrag zwischen der DENIC Domain Verwaltungs- und Betriebsgesellschaft eG, Frankfurt am Main, (nachfolgend „DENIC“) und dem Auftraggeber (nachfolgend „Kunde“). Der Kunde sendet den Registrierungsauftrag direkt oder über einen Internet Service Provider, der DENIC-Genosse ist, (nachfolgend „ISP“) an die DENIC. Die DENIC nimmt den Auftrag durch Bestätigung oder Durchführung der Registrierung an.“

Ergänzt wird dies durch die Registrierungsrichtlinien:

„Registrierungsrichtlinie III, Absatz 1: Der Domaininhaber (descr:) ist der Vertragspartner der DENIC und damit der an der Domain materiell Berechtigte. Sofern es sich nicht um eine natürliche Person handelt, ist bei Auftragserteilung die vollständige den gesetzlichen Vorschriften entsprechende Firmierung mit Rechtsformzusatz anzugeben.“

Worauf es bei diesen beiden Formulierungen ankommt, sind die Begriffe „Kunde“ und „Domaininhaber“. Diese bezeichnen den Vertragspartner der Denic. Der Einfachheit halber spreche ich nur noch vom Domain-Inhaber.

Domain-Inhaber sollte sein, auf den die Internet-Domain registriert ist. Informationen dazu finden sich im Whois-Verzeichnis der Denic; das aber nicht immer mit den tatsächlichen Gegebenheiten übereinstimmen muss. Der Inhaberschaft voraus geht die Anmeldung der Domain. Bei dieser treten die eigentlichen Probleme zur Frage der Inhaberschaft auf.

In der Regel wendet sich der spätere Domain-Inhaber an einen ISP, über den er den Anmeldeauftrag erteilt. Dabei wird der Domain-Inhaber davon ausgehen, dass der ISP für ihn den Vertrag mit der Denic abschließt. In § 1 der Registrierungsbedingungen heißt es dazu:

„Der Kunde sendet den Registrierungsauftrag direkt oder über einen Internet Service Provider, der DENIC-Genosse ist, (nachfolgend „ISP“) an die DENIC. Die DENIC nimmt den Auftrag durch Bestätigung oder Durchführung der Registrierung an.“

Die direkte Beauftragung der Denic (DENICdirekt) unter Umgehung eines ISP ist möglich, aber deutlich teurer als über den ISP.

Doch bevor man über einen ISP eine Domain-Registrierung vornimmt, sollte man sich die Zeit nehmen, und dessen Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB, i.e. „Das Kleingedruckte“) gründlich lesen. Denn in der Tat kann es vorkommen, beispielsweise bei kostenlosen Domains, dass aufgrund der AGB nicht der Auftraggeber (vermeintlicher Domain-Inhaber), sondern der ISP als Domain-Inhaber eingetragen werden soll. Werden in einem solchen Fall die AGB Bestandteil des Auftrags an den ISP, eine Domain zu registrieren, so wird er Partei des Vertrages mit der Denic und also Domain-Inhaber.

Der vermeintliche Domain-Inhaber ist dann lediglich Betreiber der Domain. Er wird nicht in das Whois-Verzeichnis der Denic eingetragen und ist nicht Domain-Inhaber.

In dem Streit zwischen comNetworld und Denic war eine entsprechende Klausel in den AGB des ISP wohl nicht enthalten. Eine genauere Prüfung der AGB war jedoch nicht möglich, da comNetworld leider auf seiner Webseite keinen Einblick in ihre AGB gewährt. Freilich ist der Einstweiligen Verfügungsschrift vom 15.08.01 der comNetworld zu entnehmen, wie die vertraglichen Verhältnisse sind und dass der Endkunde Domain-Inhaber wird. Eine anderslautende Klausel in den AGB führte also nicht dazu, dass die 6. Kammer für Handelssachen des LG Frankfurt/M meinte, die Denic und die Endkunden stünden in keinem Vertragsverhältnis.

Durch Antrag des späteren Domain-Inhabers, den der ISP als Beauftragter gegenüber der Denic stellt, und Annahme der Denic kommt der Vertrag zustande. Es ist also grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Vertragsverhältnis zwischen Denic und Endkunden, also den Domain-Inhabern zustande kommt. Dabei handelt es nach überwiegender Meinung um einen Werkvertrag; es gibt jedoch Stimmen, die darin einen Dienstvertrag sehen.

Beim Werkvertrag (§§ 631 ff BGB) wird der Unternehmer (hier die Denic) zur Herstellung des versprochenen Werkes, der Besteller (der Domain-Inhaber) zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. Das von der Denic versprochene Werk ist in erster Linie die Übersetzung eines Domain-Namens in die vom Domain-Inhaber benannte IP-Adresse eines vernetzten Rechners. Auf diese Weise werden die in der Top Level Domain .de zusammengeschlossenen Netzwerkressourcen ansprechbar; man spricht von Konnektierung. Ihre Konnektierungspflicht erfüllt die Denic mit dem Betrieb des primären Domain Name Servers (DNS). Auf eingehende Übersetzungsanfragen zu einem Domain-Namen meldet der DNS die korrespondierende IP-Adresse zurück.

Damit schuldet die Denic nicht nur ein Bemühen zum Erfolg oder eine schlichte Tätigkeit, wie es eine Dienstleistung voraussetzt. Sondern der Erfolg muss eintreten, nämlich auf die Anfrage muss die konkrete Information folgen, andernfalls ist das Betreiben eines DNS witzlos. Allerdings können aus technischen Gründen immer Probleme auftreten, die eine Konnektierung zeitweise nicht zustande kommen lassen. Unter diesem Gesichtspunkt könnte man doch von der Reduzierung auf ein Bemühen sprechen. Doch letztlich wäre dieser Umstand wohl eine fehlerhafte Werkleistung der Denic, die zur Nachbesserung verpflichtet.

Da die Konnektierungspflicht für die gesamte Vertragslaufzeit besteht, handelt es sich bei dem Werkvertrag um ein Dauerschuldverhältnis. Der Domain-Inhaber hingegen ist aus dem Werkvertrag dazu verpflichtet, die Registrierungsgebühren zu zahlen. Das übernimmt sein ISP für ihn, wobei der regelmäßig eine Einzugsermächtigung des Domain-Inhabers hat. Letzterer braucht sich dann eigentlich keinerlei Gedanken mehr über die Zahlungen zu machen.

Darüber hinaus bietet die Denic eine weitere Leistung, die Aufnahme des Domain-Inhabers in das Whois-Verzeichnis.

„§ 2 (2) Die DENIC nimmt die Domain und deren technischen Daten in ein öffentliches Register (whois) auf, das, ausgenommen der Wartungszeiten, mit dem Internet verbunden ist und in regelmäßigen Abständen zum Herunterladen zur Verfügung gestellt wird.“

Wie aus den Registrierungsbedingungen ersichtlich, ist die Denic dazu verpflichtet. Bei dem Whois-Verzeichnis handelt es sich sozusagen um die Kundenkartei der Denic. Das Whois-Verzeichnis hat keinen amtlichen Charakter. Die Einträge entfalten, anders als beispielsweise das Grundbuch, keine rechtliche Wirkung.

Im Gegenzuge ist der Domain-Inhaber (über seinen ISP) dazu verpflichtet, Änderungen der Whois-relevanten Daten umgehend mitzuteilen.

Weitere Pflichten sind laut der Registrierungsbedingungen von Seiten der Denic eG gegenüber dem Domain-Inhaber nicht zu erfüllen. Es gibt aber noch sogenannte vertragliche Nebenpflichten, die Wirkung entfalten. Danach müssen die Parteien die Rechtsgüter der jeweils anderen Partei schonen. Zu diesen Nebenpflichten dürfte auch die Mitteilung der Denic gehören, dass die Registrierungsgebühren nicht gezahlt wurden und dem Inhaber droht, seine Domain zu verlieren.

Dieser Fall war in dem Streit zwischen Denic und comNetworld eingetreten. comNetworld ist kein Genosse der Denic eG (i.e. eingetragene Genossenschaft). Die Registrierungsgebühren zahlte das Unternehmen an einen Registrar, der Mitglied der Denic ist. Dieser reichte das Geld wohl nicht weiter, weshalb dann Denic aktiv wurde und die Endkunden anschrieb.

Diese vertragliche Nebenpflicht der Denic, so meinte das Gericht, bestehe nicht, weil kein Vertragsverhältnis zwischen ihr und dem Endkunden besteht. Zwei Sätze vorher spricht das Gericht von der Domain-Pflege, die der ISP (als Mitglied der Genossenschaft) leisten muss, zu der auch die Aufrechterhaltung der Registrierung gehöre. Das Gericht geht danach wohl davon aus, dass die Nebenpflichten aus dem originären Registrierungsvertrag zwischen Denic und Domain-Inhaber alleine vom ISP zu erbringen sind und die Denic hier keine Pflichten trifft. ­ Dazu führt jedenfalls eine wohlwollende Auslegung des problematischen Satzes des Gerichts. Sollte das Gericht wirklich gemeint haben, es bestünde keinerlei Vertragsverhältnis zwischen Denic und Domain-Inhaber, tun sich einmal mehr Zweifel an der Kompetenz der „Spruchkörper“ auf.

Schließlich fragt sich, was der Domain-Inhaber letztlich durch diesen Vertrag mit der Denic erhält. Hier gehen die Meinungen im Sprachgebrauch auseinander. Er erhält einen Domain-Namen; wird er dessen Eigentümer? Nicht im eigentlichen Sinne. Denn er erhält ein Recht, das Recht diesen Domain-Namen zu benutzen. Als Inhaber dieses Rechts kann der Domain-Inhaber seine Domain (also das Nutzungsrecht an ihr) jederzeit veräußern (landläufig „verkaufen“), er kann es vermieten und verpachten und natürlich selbst nutzen oder nicht nutzen. Und das ist, wenn der Inhaber clever genug ist und eine gute Namenswahl getroffen hat, eine ganze Menge.

Die Denic Registrierungsbedingungen und -statuten finden Sie hier; das Denic Whois-Verzeichnis ist hier. Zum Rechtsstreit Denic gegen comNetworld gibt es hier weitere Informationen.

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