Die US-Regulierungsbehörde Federal Communications Commission (FCC) plant, im Datenverkehr des US-Internets eine Überholspur zu eröffnen. Sowohl die EU-Kommission als auch die Bundesregierung wollen jedoch am Grundsatz der Netzneutralität festhalten.
Spätestens seit im Sommer 2010 mit Google, Verizon und dem US-amerikanischen Telekommunikationsanbieter AT&T drei Branchenschwergewichte einen Vorstoß zur Priorisierung des Datenstroms im Internet gewagt haben, hat das Thema »Netzneutralität« auch die Öffentlichkeit erreicht. Netzneutralität bedeutet die ungehinderte, diskriminierungsfreie Übermittlung aller Datenpakete – unabhängig davon, woher die Daten stammen, wer sie empfangen soll und welche Inhalte sie haben. Sie kollidiert jedoch mit dem Wunsch von Inhalteanbietern, ihre Daten zum Beispiel für Audio- oder Videoübertragungen zu Lasten des allgemeinen Datenstroms in hoher Qualität und meist gegen eine entsprechende Zusatzvergütung bevorzugt zu übertragen. Gesetzlich normiert ist die Netzneutralität in Deutschland nicht; die Bundesregierung ist gemäß § 41a Abs. 1 TKG jedoch ermächtigt, bei Bedarf die grundsätzlichen Anforderungen im Bereich der Netzneutralität festzulegen. Hiermit sollen, falls entsprechendes Marktverhalten festgestellt wird, ungerechtfertigte Behinderungen oder Verlangsamungen verhindert und eine diskriminierungsfreie Datenübermittlung und der diskriminierungsfreie Zugang zu Inhalten und Anwendungen sichergestellt werden. Parallel hat die Europäische Kommission im September 2013 den Vorschlag für eine Verordnung vorgelegt (Digital Single Market / DSM-Verordnung); dieser Vorschlag enthält unter anderem ebenfalls Regelungen zur Netzneutralität.
Zumindest in den USA deuten sich jedoch Aufweichungen dieses Grundsatzes an. Geht es nach dem Willen der FCC, sollen Webinhalte gegen zusätzliche Vergütung auf einer Art »Überholspur« schneller durch das Internet geleitet werden; profitieren könnte davon unter anderem der Streaming-Dienst Netflix oder der Unterhaltungskonzern Disney. Die FCC reagiert damit auf ein Urteil vom 14. Januar 2014 (No. 11-1355), in dem das Bundesberufungsgericht der Vereinigten Staaten für den District of Columbia auf Klage von Verizon entschieden hatte, dass Provider in zulässiger Weise Vereinbarungen schließen dürfen, die ihren Kunden eine bevorrechtigte Datenübertragung erlaubt. FCC-Chairman Tom Wheeler betonte jedoch in einem eigenen Blogpost, dass es weiterhin Grenzen geben werde. So müssten auch in Zukunft alle Internet Service Provider in einer transparenten Weise gegenüber ihren Kunden alle relevanten Informationen offenlegen, wie sie ihr Netz verwalten, es dürfen keine legalen Inhalte blockiert werden und kein Provider darf dem Internet in kommerziell unvernünftiger Weise schaden.
BITKOM, der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien eV, begrüsste die Pläne der FCC. In einer Pressemitteilung forderte man die EU auf, sich bei ihren Plänen zur Netzneutralität an der FCC zu orientieren; das strenge deutsche Wettbewerbs- und Kartellrecht würde bereits eine wettbewerbswidrige Diskriminierung gleichwertiger Dienste verhindern. Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Brigitte Zypries, erklärte hingegen:
Wir setzen uns in den laufenden Verhandlungen auf EU-Ebene zur Netzneutralität weiter nachdrücklich für ein offenes Internet ein, so wie wir es heute kennen.”