Die Internet-Verwaltung ICANN hat Pläne für tiefgreifende Änderungen im Umgang mit WHOIS-Daten vorgestellt: Domains, die zu kommerziellen Zwecken genutzt werden, sollen in Zukunft möglicherweise nicht mehr anonym registriert werden dürfen.
Seit 2013 arbeitet ICANN vor allem auf Drängen von Strafverfolgungsbehörden an Neuregelungen zum WHOIS. Im Fokus stehen insbesondere »Privacy and proxy services« (P/P services); sie erlauben die anonyme Registrierung von Domain-Namen, indem meist kostenpflichtig ein Dritter mit seinen Daten im WHOIS eingetragen wird, ohne aber auf die Domain oder deren Inhalte Einfluss zu nehmen. Somit bleiben Angaben wie Name, Adresse, Telefonnummer oder eMail-Adresse des wahren Domain-Inhabers geheim, und können damit nicht von Spammern missbraucht werden. Nach aktuellen Schätzungen machen hiervon etwa 20 Prozent der Domain-Inhaber Gebrauch. Doch nicht nur Strafverfolger stören sich an so viel Datenschutz; auch Unternehmen wie DomainTools, MarkMonitor, Facebook oder LegitScript fordern mehr Transparenz. Wie die Electronic Frontier Foundation (EFF) berichtet, sollen zuletzt auch Unternehmen der US-Unterhaltungsindustrie darauf gedrängt haben, die Möglichkeit einer anonymen Registrierung zu beschränken, um Rechtsverletzungen effektiver verfolgen zu können.
Es scheint, als hätten diese Bemühungen Erfolg. Die von ICANN eingesetzte »Privacy & Proxy Services Accreditation Issues Working Group« (PPSAI WG) hat einen Bericht vorgelegt, der einige grundlegende Empfehlungen zum künftigen Umgang mit WHOIS-Daten nahe legt. So spricht sich zumindest ein Teil dieser Arbeitsgruppe dafür aus, folgendes Verbot auszusprechen: »domains used for online financial transactions for commercial purpose should be ineligible for privacy and proxy registrations.« Was genau unter »commercial« zu verstehen ist, ist dabei unklar; so wirft der Bericht die Frage auf, ob tatsächlich Handel betrieben werden muss oder jeder Geschäftszweck wie die bloße Informationsbereithaltung ausreicht. Als negative Abgrenzung werden die Begriffe »personal« und »noncommercial« diskutiert, ohne dass dabei Einigkeit besteht, was darunter jeweils zu verstehen wäre. Ziel ist es aber offenbar, dass in allen Fällen einer kommerziellen Nutzung die wahre Identität auch ohne Gerichtsverfahren aufgedeckt werden muss. Der Bericht liegt vorerst bis 7. Juli 2015 zur öffentlichen Stellungnahme aus.
Der öffentliche Protest liess nicht lange auf sich warten. Auf Initiative der EFF und der Organisation »Fight for the Future« hat der Registrar Namecheap die Initiative »Save Domain Privacy« gestartet; über ein Musterformular können alle Interessierten gegen die geplanten Änderungen protestieren. Innerhalb weniger Tage machten mehrere tausend Kommentatoren davon Gebrauch. Per comments-ppsai-initial-05may15@icann.org kann man sich zudem auch direkt per eMail an ICANN wenden und die eigene Meinung mitteilen. Bis wann ICANN über die Annahme der WHOIS-Änderung entscheidet oder ob der Vorschlag noch maßgeblich modifiziert wird, ist derzeit noch nicht abzusehen.