Die 10. Kammer des Verwaltungsgericht (VG) Hannover hat in einem aktuellen Urteil unter anderem festgestellt, dass eine Online-Versandapotheke im Bestellvorgang das Geburtsdatum nicht bei jedem Produkt abfragen darf. Die Entscheidung ist nicht unproblematisch.
Aus einer Pressemitteilung des VG Hannover geht hervor, dass die Klägerin mit Sitz in Niedersachsen eine Online-Versandapotheke betreibt und gegen den Landesbeauftragten für den Datenschutz Niedersachsen klagte. Der hatte sie mit Bescheid vom 08.01.2019 angewiesen, es zu unterlassen, unabhängig von der Art des bestellten Medikaments das Geburtsdatum des Bestellers/der Bestellerin zu erheben und zu verarbeiten, soweit Gegenstand der Bestellung Medikamente sind, die nicht geschlechtsspezifisch zu dosieren und/oder einzunehmen sind. Gegen diesen Bescheid klagte die Klägerin vor dem VG Hannover. Sie trug vor, »aufgrund der für Apotheker geltenden Berufsordnung bestimmten Beratungsobliegenheiten zu unterfallen«, unter die auch die Pflicht zur altersgerechten Beratung falle. Um diese erfüllen zu können, brauche man entsprechende Angaben. Zudem bestehe ein berechtigtes Interesse zu erfahren, ob der Bestellerin/die Bestellerin volljährig ist.
Das VG Hannover wies die Klage ab (Urteil vom 09. November 2021, Az.: 10 A 502/19). Zunächst stellte es klar, dass die Rüge des Landesbeauftragten für den Datenschutz Niedersachsen sich nur auf rezeptfrei erwerbbare Produkte beziehe. Die Verarbeitung des Geburtsdatums im Bestellvorgang habe für solche Produkte zu unterbleiben, die keine altersspezifische Beratung erforderten. Der Website der Klägerin entnahm das Gericht, dass sie eine große Zahl von Drogerieartikeln aber auch apothekenpflichtigen Medikamenten anbiete, die nicht altersspezifisch zu dosieren seien. Für diese Produkte könne in der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) keine Rechtsgrundlage zur Datenverarbeitung gefunden werden, zumal die Klägerin von ihren Kunden im Bestellprozess auch keine Einwilligung zur Datenverarbeitung einhole. Soweit die Klägerin die Geschäftsfähigkeit ihrer Kunden prüfen wolle, reiche aus datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten die Information über die Volljährigkeit. In der Pressemitteilung heißt es weiter: „Gegen die Entscheidung kann vor dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg innerhalb eines Monats die Zulassung der Berufung beantragt werden.“
Man wird sehen, ob die Klägerin den Klageweg nutzt und die Zulassung zur Berufung beantragt. Die Entscheidung des VG Hannover ist zwar aus datenschutzrechtlicher Sicht einleuchtend, doch finden sich wirtschaftliche Argumente zugunsten der Abfrage der Geburtsdaten. Denn neben der „Prüfung“ der Geschäftsfähigkeit der Kunden besteht bei einem Online-Shop auch ein wirtschaftliches Interesse daran, im Falle der Nichtzahlung den säumigen Kunden eindeutig identifizieren zu können. Das ist bei Allerweltsnamen ohne die Information über das Geburtsdatum mitunter schwierig. Andererseits gibt es keine Gewähr dafür, dass ein Kunde beim Geburtsdatum korrekte Daten angibt, zumal wenn er sich nicht mit der Absicht trägt, das Bestellte auch aus eigener Tasche oder überhaupt zu bezahlen. Zudem bietet die Abfrage des Geburtsdatum einigen Kunden genug Anlass, den Bestellprozess abzubrechen und sich nach anderen Anbietern umzusehen, die das Geburtsdatum im Bestellprozess nicht abfragen. Für Shopbetreiber ist es nicht unproblematisch, das Geburtsdatum ihrer Kunden bei allen angebotenen Produkten abzufragen, auch wenn es aus wirtschaftlicher Sicht sinnvoll erscheint. Aber auch die Argumente des VG Hannover sind nicht so eindeutig überzeugend, wie es zunächst den Anschein hat. Allerdings liegen da die Urteilsgründe auch noch nicht vor.
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