WHOIS-Reform

GNSO schlägt kostensparendes »Light«-System zur WHOIS-Abfrage vor

Auf der Suche nach einem mit der DSGVO (Datenschutzgrundverordnung) kompatiblen WHOIS-System soll ein »SSAD Light« für temporäre Abhilfe sorgen. Doch die Arbeiten an der nächsten nTLD-Einführungsrunde drohen sich dadurch zusätzlich zu verzögern.

Im Mai 2021 hatte der designierte WHOIS-Nachfolger »System for Standardized Access/Disclosure« (SSAD) seinen Betrieb (»Operational Design Phase«, kurz OPD) aufgenommen. Die ICANN-Regularien sehen vor, nach Abschluss der ersten Testphase die Ergebnisse in einem »Operational Design Assessment« (ODA) zusammenzufassen. Auch diesen Schritt hat ICANN umgesetzt; am 25. Januar 2022 veröffentlichte man ein 122 Seiten umfassendes Papier. Teile dieses Papiers waren bereits im Vorfeld bekannt geworden und hatten für heftiges Aufsehen gesorgt. So schätzt ICANN die Kosten allein für die Entwicklung des SSAD auf US$ 20 Mio. bis 27 Mio.; der Entwicklungszeitraum kann bis zu sechs Jahre dauern. Ist das SSAG fertig, belaufen sich die Betriebskosten geschätzt auf US$ 14 bis bis zu US$ 107 Mio., umgerechnet also bis zu über EUR 94 Mio. im Jahr. Dabei kämpft ICANN mit zahlreichen Unbekannten im Bereich des »level of usage«, wie etwa der Zahl der voraussichtlichen Nutzer oder der Zahl der Abfragen. Davon wiederum hängen in erheblichem Maße die Kosten ab. Sollten zum Beispiel die Abfragen hinter den niedrigsten Erwartungen zurückbleiben, könnte eine einzelne WHOIS-Abfrage mehr als US$ 40,– kosten.

Auf Vorschlag der Generic Names Supporting Organization (GNSO) sollen die Bemühungen um das SSAD daher pausiert und eine vereinfachte, kostengünstigere Variante des SSAD, genannt »SSAD Light«, zumindest für vorübergehende Klarheit sorgen. Gedacht ist das »SSAD Light« als »Proof of Concept«, an dem die prinzipielle Durchführbarkeit des Reformvorhabens getestet werden soll. Damit will man vor allem Daten sammeln, auf deren Grundlage sich der Ursprung, die Natur und das Volumen von WHOIS-Abfragen besser einschätzen lässt. Die GNSO hat dabei ein Ticketing-System im Auge, also eine Software, um Empfang, Bestätigung, Klassifizierung und Bearbeitung von Kundenanfragen zu handhaben. Dieses »SSAD Light« soll alle sechs Monate geprüft werden und längstens zwei Jahre laufen. Anpassungen im laufenden Betrieb des »SSAD Light« sind möglich, vor allem wenn sich abzeichnet, dass die gesammelten Informationen nicht aussagekräftig genug sind.

Auf ungeteilte Zustimmung stösst dieser Vorschlag der GNSO jedoch nicht. So äußerte sich der vormalige ICANN-Boss Steve Crocker in einer eMail mit den Worten

ICANN’s multistakeholder process embodies the positive quality of attempting to include all the relevant stakeholders. That’s admirable but not sufficient. It does not protect us from agreeing on nonsense.

und unterstellte dem »SSAD Light« damit, Unsinn zu sein. Zudem sei es nicht hilfreich bei der Erreichung der gesetzten Ziele. Vor allem birgt das »SSAD Light« in einem weiteren Aspekt Potential für weiteren Streit: es könnte die nächste Einführungsrunde für neue Top Level Domains zusätzlich verzögern, denn jeade Arbeit am »SSAD Light« erschwert die Arbeiten an der Operational Design Phase (ODP) der »New gTLD Subsequent Procedures PDP Working Group«. Der Ball leigt damit wieder im Feld der GNSO; sie will sich am 19. Mai 2022 das nächste Mal treffen.

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