Mit einer internationalen Domain-Pfändungsangelegenheit musste sich der Oberste Gerichtshof in Österreich beschäftigen. Der Möglichkeit, hoheitliche Maßnahmen durch mündliche Vereinbarungen zu umgehen, erteilte das Gericht dabei eine klare Absage und stärkte zudem die Stellung der Registry Nic.at (OGH Österreich, Urteil vom 24.06.2025 – Az. 3 Ob 32/25i).
Mit Beschluss vom 30. August 2023 bewilligte das Landesgericht für Zivilrechtssachen in Wien dem Beklagten antragsgemäß die Zwangsvollstreckung (in Österreich als »Exekution« bezeichnet) durch Pfändung und Verwertung der Domain l*.at. Der .at-Registry Nic.at wurde die Exekutionsbewilligung als Drittschuldnerin zugestellt. Die Klägerin begehrt nun, diese Exekution für unzulässig zu erklären. Sie behauptet, dass sie bereits vor Einbringung des Exekutionsantrags durch mündliche Vereinbarung die neue Inhaberin der gepfändeten Domain geworden sei. Der Beklagte hingegen wendet im Wesentlichen ein, ohne Einbindung von Nic.at sei eine Übertragung der Domain nicht möglich. Das Erstgericht wies die Klage ab. Eine Übertragung einer Vertragsbeziehung erfordere nicht nur einen Gläubiger-, sondern auch einen Schuldnerwechsel. Da die Klägerin eine Zustimmung von Nic.at nicht einmal behauptet habe, sei das Vorbringen schon nicht schlüssig und die Klage abzuweisen. Das Bezirksgericht Innere Stadt Wien hob die Entscheidung jedoch auf. Der Klägerin sei zuzugestehen, dass ihr (erstmals in der Berufung erstattetes) Vorbringen darüber, dass die Domain nach den – gemäß einer Bestimmung des vorgelegten Vertrags auf diesen anzuwendenden – Gesetzen von Gibraltar rechtswirksam übertragen worden sei, bisher nicht erörtert wurde. Eine Aufhebung des angefochtenen Urteils sei aus diesem Grund unumgänglich. Außerdem sei der Zeitpunkt der Zustellung der Exekutionsbewilligung nicht festgestellt worden. Die Pfändung der Rechte aus einer Internet-Domain sei aber durch ein Verfügungsverbot an den Verpflichteten zu bewirken, während ein Leistungsverbot an Nic.at als Drittschuldnerin unterbleiben könne; die Drittschuldnerin sei von der Pfändung der Domain nur zu verständigen. Für den Zeitpunkt der Wirksamkeit der Pfändung sei daher die Zustellung der Exekutionsbewilligung an die Verpflichtete maßgeblich. Allerdings ließ das Bezirksgericht den Rekurs an den Obersten Gerichtshof zur Frage zu, ob sich Titel und Modus der Übertragung einer Domain zwischen zwei Unternehmen, die ihren Sitz im Ausland haben, nach fremdem Recht richteten, auch wenn die Registrierungsstelle im Inland ansässig sei. In seinem Rekurs wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung beantragte der Beklagte die Wiederherstellung des Urteils des Erstgerichts; die Klägerin beantragt in ihrer Rekursbeantwortung, den Rekurs zurückzuweisen, hilfsweise, diesem nicht Folge zu geben.
Der OGH gab dem Rekurs statt. Nach der Rechtsprechung des Senats sei eine Exekutionsführung in die Rechte an einer Internet-Domain möglich und zulässig. Gegenstand der Pfändung eines solchen Vermögensrechts im Sinn des § 326 EO ist – ähnlich wie nach deutschem Recht – die Gesamtheit der schuldrechtlichen Ansprüche, die dem Inhaber der Domain gegenüber der Registrierungsstelle aus dem der Domain-Registrierung zugrunde liegenden Vertragsverhältnis zustehen. Auch gegen eine solche Exekutionsführung kann ein Dritter, der einen Eingriff in das die Domain betreffende Verfügungsrecht geltend macht, grundsätzlich eine sogenannte Exszindierungsklage erheben. Die Registrierung einer Domain mit den Endungen .at, .or.at und .co.at erfolge über Nic.at; sie ist die österreichische Registrierungsstelle und Vertragspartnerin der jeweiligen Domain-Inhaber. Die Übertragung einer Domain erfolge dabei nach den Grundsätzen der Vertragsübernahme (samt Abtretung der vertraglichen Rechte) unter Einbindung der Registrierungsstelle, wobei der Registrierungsvertrag bzw. die diesem zugrunde liegenden AGB der Registrierungsstelle in der Regel nähere Bestimmungen dafür vorsehen. Die Übertragung einer Domain bedürfe somit jedenfalls der Mitwirkung und grundsätzlich auch der Zustimmung der jeweiligen Registrierungsstelle. Die Übertragung einer .at-Domain laufe nach den AGB von Nic.at, die Inhalt des (zu übertragenden) Registrierungsvertrags seien, in der Regel in zwei Schritten ab: Zunächst müsse Nic.at eine schriftliche, sowohl vom bisherigen Inhaber als auch vom Übernehmer der Domain unterschriebene Inhaberwechsel-Bestätigung übermittelt werden. Danach müsse (innerhalb einer bestimmten Frist) zusätzlich ein Online-Auftrag des Übernehmers bei Nic.at einlangen. Gegenüber Nic.at gelte nur derjenige als Domain-Inhaber, der in die Datenbank von Nic.at als Inhaber eingetragen ist. Nur dieser kann wirksam über die Domain verfügen. Der Erwerber erlangt somit erst mit der Eintragung (seiner Daten) als neuer Domain-Inhaber in die Datenbank die Rechtsposition als Domain-Inhaber und die Verfügungsbefugnis über die Domain.
Und eben das wurde der Klägerin zum Verhängnis. Dass die Klägerin ein Formular vor der Wirksamkeit der exekutiven Pfändung der zugrunde liegenden Domain ausgefüllt und an Nic.at übermittelt hätte, behauptet sie nicht einmal selbst. Sie argumentierte – wie im gesamten Verfahren – ausschließlich dahin, dass sie durch den zwischen ihr und der Verpflichteten mündlich abgeschlossenen, »zu Dokumentationszwecken zu einem späteren Zeitpunkt verschriftlichten« Kaufvertrag rechtswirksam Eigentümerin der Domain geworden sei. Der Zeitpunkt der »Verschriftlichung« lag aber unstrittig nach der bereits durchgeführten gerichtlichen Pfändung. Außerdem hatte die Klägerin vorgebracht, dass sich Nic.at mit dem Hinweis auf die bereits erfolgte exekutive Pfändung rechtswidrig geweigert habe, die Klägerin als neue Anspruchsinhaberin der Domain zu registrieren. Auch daraus ergibt sich gerade nicht, dass die Voraussetzungen für eine wirksame Übertragung der Domain auf die Klägerin erfüllt wären. Zusammenfassend folgt, dass sich aus dem gesamten Vorbringen der Klägerin eine wirksame Übertragung der Rechte und Pflichten aus dem von der Verpflichteten mit Nic.at abgeschlossenen Domain-Registrierungsvertrag vor dem mit der Klage nach § 37 EO bekämpften exekutiven Zugriff und damit die Berechtigung des Begehrens auf Unzulässigerklärung der Exekution nicht ableiten lässt. Die Klage war damit – ohne Vorliegen eines Erörterungsmangels – unschlüssig geblieben, was das Erstgericht zutreffend erkannt hat. Die vom Berufungsgericht dem Erstgericht aufgetragene Verfahrensergänzung erwies sich als entbehrlich. Gleiches galt für die Erhebung der Rechtslage in Gibraltar, weil es jedenfalls an der – nach den in den zu übertragenden Vertrag einbezogenen AGB – für die wirksame rechtsgeschäftliche Übertragung der Domain erforderlichen Einbindung von Nic.at mangelt.
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