nTLDs

Im Streit um die neue Endung .web verärgert Afilias das zuständige ICDR-Schiedsgericht

Im Streit um den Registry-Vertrag für die generische Top Level Domain .web hat Afilias erneut eine juristische Niederlage erlitten: am 21. Dezember 2021 verwarf das International Centre for Dispute Resolution (ICDR) eine Beschwerde gegen ein Urteil aus dem Mai 2021 als »schikanös«.

Im November 2018 hatte Afilias Domains No. 3 Limited, die mittlerweile als Altanovo Domains Ltd. firmiert und nicht zu jenen Gesellschaften gehört, die Afilias Ende 2020 an Donuts veräussert hat, als eine der sieben Bewerberinnen um .web ein »Independent Review Process«-Schiedsverfahren (IRP) gegen ICANN eingeleitet. Am 20. Mai 2021 urteilte das dreiköpfige Panel des ICDR daraufhin, dass ICANN mehrfach gegen die eigenen »Amended and Restated Articles of Incorporation« verstossen habe. Konkret störte sich das Schiedsgericht daran, dass ICANN das Delegierungsverfahren fortgesetzt hat, obwohl dem Board of Directors bekannt war, dass der von VeriSign unterstützte Bewerber Nu Dot Co (NDC) möglicherweise gegen die Regeln im Bewerberhandbuch verstoßen hat. Nicht festgestellt hat das Schiedsgericht, ob der von Afilias erhobene Vorwurf zutrifft und NDC die Rolle von VeriSign als »Sugar Daddy« hätte offen legen müssen. Eine Vergabe des Registry-Vertrages an Afilias lehnte das Panels also ab; ICANN soll stattdessen neu entscheiden, ob das »Domain Acquisition Agreement« zwischen NDS und VeriSign gegen die Regelungen im nTLD-Programm verstößt. Doch diese Entscheidung steht bis heute aus, unter anderem weil Afilias Rechtsmittel gegen das Urteil des IRP einlegte. Über die »Rule 33« des Schiedsverfahrens wollte man das Panel zu einer ergänzenden, für Afilias günstigen Entscheidung anhalten.

Doch auch über die Hintertür blieb Afilias der Erfolg verwehrt. Am 21. Dezember 2021 veröffentlichte das ICDR seine 57-seitige Entscheidung, die sich teilweise wie eine Backpfeife für Afilias liest.

In the opinion of the Panel, under the guise of seeking an additional decision, the Application is seeking reconsideration of core elements of the Final Decision. […] In such circumstances, the Panel cannot escape the conclusion that the Application is ‚frivolous‘ in the sense of it ‚having no sound basis (as in fact or law)‘. This finding suffices to entitle the Respondent to the cost shifting decision it is seeking and obviates the necessity of determining whether the Application is also ‚abusive‘.

Afilias sei es mit der Beschwerde also darum gegangen, dass Kernelemente des Urteils neu geprüft werden. Das sei nach »Rule 33« aber gar nicht zulässig, denn die Regelung zielt darauf ab,

to interpret the award or correct any clerical, typographical, or computational errors or make an additional award as to claims, counterclaims, or setoffs presented but omitted from the award.

Ähnliche Regelungen kennt das deutsche Prozessrecht mit § 319 ZPO (Berichtigung des Urteils) und § 321 ZPO (Ergänzung des Urteils). Eine erneute Sach- und Rechtsprüfung ist aber nicht vorgesehen. Vor diesem Hintergrund sei die Beschwerde von Afilias »schikanös«, was sich auch bei den Kosten des Verfahrens auswirkt, die sich auf weit über EUR 330.000,– belaufen: sie sind von Afilias zu tragen.

Bei VeriSign sieht man sich in der zuvor schon geäusserten Meinung bestätigt, geht aber nicht davon aus, dass Afilias locker lässt.

Perhaps this is why its litigation counsel has already written ICANN threatening to continue litigation “in all available fora whether within or outside of the United States of America.

heisst es im VeriSign-Blog. Galt bisher als möglich, dass .web Ende des Jahres 2022 verfügbar sein wird, scheint selbst dieser vage Termin nun wieder zu wackeln.

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