Netzneutralität

Bundesregierung will Vorfahrt für Spezialdienste

Die Bundesregierung hat in der Debatte um die Netzneutralität ihre Position präzisiert: in einem Informationspapier bekennt sie sich zur Netzneutralität im offenen Internet, will jedoch Qualitätsinnovationen im Telekommunikationssektor ermöglichen.

Im September 2013 hat die EU-Kommission einen Vorschlag für eine Verordnung über Maßnahmen zum europäischen Binnenmarkt der elektronischen Kommunikation und zur Verwirklichung des vernetzten Kontinents (»digital single market«, kurz DSM-VO) vorgelegt. Sie sieht zentrale Weichenstellungen im Bereich Netzneutralität vor. Wie letzte Woche berichtet, wurde dieser Vorschlag im EU-Ministerrat, in dem die nationalen Minister der EU-Mitgliedstaaten zusammentreten und in dem Deutschlad durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) repräsentiert wird, kontrovers diskutiert, ohne dass eine einheitliche Position formuliert werden konnte. In diese Diskussionen bringt sich die Bundesregierung mit einem eigenen Positionspapier ein, und hat in Abstimmung aller Ressorts einen Textvorschlag zur Netzneutralität für die weiteren europäischen Verhandlungen vorgelegt.

Demnach bekennt sich die Bundesregierung klar zur Netzneutralität im offenen Internet. Für das offene Internet soll eine klare Regel der Neutralität gelten, das heisst das alle im offenen Internet übertragenen Datenpakete gleich behandelt werden müssen. Damit sollen Internetnutzer erstmals ein Recht auf diskriminierungsfreie Datenübertragung erhalten. Parallel zum offenen Internet soll es jedoch Dienste mit besonderen Merkmalen (Spezialdienste) angeboten werden dürfen, solange sie das offene Internet nicht gefährden. Bei diesen »Spezialdiensten« handelt es sich um einen öffentlichen elektronischen Kommunikationsdienst oder einen anderen Dienst, der für spezielle Inhalte, Anwendungen oder andere Dienste oder eine Kombination dieser Angebote optimiert ist, über logisch getrennte Kapazitäten und mit separater Zugangskontrolle erbracht wird, dessen technische Merkmale durchgehend kontrolliert werden. Anlässlich einer Rede zum »Digitising Europe Summit« am 4. Dezember 2014 wurde Bundeskanzlerin Merkel konkreter:

Deutschland drückt hierbei sehr auf das Tempo. Denn wenn Sie das fahrerlose Auto haben wollen oder wenn Sie bestimmte telemedizinische Anwendungen haben wollen – um nur zwei Beispiele zu nennen –, dann müssen Sie natürlich eine fehlerfreie und immer gesicherte Datenübertragung haben. Ansonsten können Sie diese Anwendungen überhaupt nicht durchführen. Deshalb brauchen wir beides, das freie Internet und das qualitätssichere Internet für Spezialdienste.”

Nach Ansicht des Digitale Gesellschaft eV ist der Entwurf eine Blaupause für die Gewinnmaximierung der Telekommunikationsprovider. Die Bundesregierung erhoffe sich davon offenbar eine höhere Bereitschaft der Provider, Mittel in den Breitbandausbau zu investieren, nur um selbst möglichst wenig staatliche Gelder in dieses Vorhaben zu stecken.

Ob sich die Bundesregierung mit dieser Position innerhalb des EU-Ministerrats durchsetzt, bleibt aber abzuwarten. Zunächst folgen nun Trilog-Verhandlungen mit dem EU-Parlament und der EU-Kommission, wobei deren Beginn derzeit nicht absehbar ist. Die Bundesregierung geht davon aus, dass sie wahrscheinlich erst unter der kommenden Ratspräsidentschaft Lettlands erfolgen. Lettland führt den Vorsitz im EU-Ministerrat in der ersten Jahreshälfte 2015.

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