Netzneutralität

EU-Organe handeln Kompromiss aus

Die Verhandlungen zwischen dem EU-Parlament und dem EU-Rat um den Grundsatz der Netzneutralität gehen in ihre heisse Phase: ein aktueller Verordnungsentwurf schreibt die Netzneutralität zwar fest, lässt jedoch Schlupflöcher.

Spätestens seit im Sommer 2010 mit Google, Verizon und dem US-amerikanischen Telekommunikationsanbieter AT&T drei Branchenschwergewichte einen Vorstoß zur Priorisierung des Datenstroms im Internet gewagt haben, hat das Thema „Netzneutralität“ auch die Öffentlichkeit erreicht. Doch während in den USA die Federal Communications Commission (FCC) im Februar 2015 Regeln verabschiedet hat, mit denen die Netzneutralität zementiert werden soll, tut man sich in der EU schwer. Im EU-Rat, dem Gremium der Staats- und Regierungschefs innerhalb Europas, ist man der Auffassung, dass es den Providern überlassen sei, mit den Endnutzern Vereinbarungen zu den kommerziellen und technischen Bedingungen des Internetzugangs zu treffen. Der Ausschuss für Wirtschaft und Währung des EU-Parlaments dagegen macht geltend, dass die Netzneutralität von größter Bedeutung sei, eine Fragmentierung des digitalen Binnenmarktes zu überwinden, indem die Offenheit des Internets im EU-Recht verankert werden muss.

Aus einem neuen Verordnungsentwurf geht nun hervor, auf welche Kompromisslösung man sich verständigen könnte. Das interinstitutionelle Dossier Nr. 2013/0309 vom 23. September 2015 führt in Artikel 3 an, dass Anbieter von Internetzugangsdiensten den gesamten Verkehr bei der Erbringung von Internetzugangsdiensten gleichbehandeln müssen, ohne Diskriminierung, Beschränkung oder Störung. Dies gilt unabhängig von Sender und Empfänger, den abgerufenen oder verbreiteten Inhalten, den genutzten oder bereitgestellten Anwendungen oder Diensten oder den verwendeten Endgeräten. Allerdings hindert diese Regelung die Anbieter von Internetzugangsdiensten ausdrücklich nicht daran, »angemessene Verkehrsmanagementmaßnahmen« anzuwenden. Damit derartige Maßnahmen als angemessen gelten, müssen sie transparent, nichtdiskriminierend und verhältnismäßig sein und dürfen nicht auf kommerziellen Erwägungen, sondern auf objektiv unterschiedlichen technischen Anforderungen an die Dienstqualität bestimmter Datenverkehrskategorien beruhen. Mit diesen Maßnahmen darf nicht der konkrete Inhalt überwacht werden, und sie dürfen nicht länger als erforderlich aufrechterhalten werden. Grundsätzlich ausgeschlossen sind Verkehrsmanagementmaßnahmen, die bestimmte Inhalte, Anwendungen oder Dienste blockieren, verlangsamen, verändern, einschränken, stören, verschlechtern oder diskriminieren.

Ob sich EU-Parlament und EU-Rat letztlich auf die Position verständigen, wie sie dem Entwurf zu entnehmen ist, steht derzeit noch nicht fest. Eines gilt jedoch schon jetzt: die bedingungslose gesetzliche Zementierung der Netzneutralität wird es in Europa – anders als in den USA – nicht geben.

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