Netzneutralität

Bundestag will Lücken lassen

Der Bundestag hat einen Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen abgelehnt, die gesetzliche Absicherung der Netzneutralität zu garantieren. Damit bleiben die EU-weiten Vorschriften zur Gewährleistung des Zugangs zu einem offenen Internet weiterhin lückenhaft.

Am 27. Oktober 2015 hat das EU-Parlament eine Verordnung verabschiedet, welche in Artikel 3 Absatz 3 das Prinzip der Netzneutralität gewährleisten will. Wörtlich heisst es:

Anbieter von Internetzugangsdiensten behandeln den gesamten Verkehr bei der Erbringung von Internetzugangsdiensten gleich, ohne Diskriminierung, Beschränkung oder Störung, unabhängig von Sender und Empfänger, den abgerufenen oder verbreiteten Inhalten, den genutzten oder bereitgestellten Anwendungen oder Diensten oder den verwendeten Endgeräten.

Allerdings ist es den Anbietern von Internetzugangsdiensten gestattet »angemessene Verkehrsmanagementmaßnahmen« anzuwenden. Eine zweite Einschränkung erfährt das Prinzip der Netzneutralität für so genannte Spezialdienste, ohne dass bisher klar ist, was darunter zu verstehen ist; für die Deutsche Telekom AG zählen dazu bereits Videokonferenzen und Online-Gaming.

Bereits am 1. Juli 2015 hatte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen einen Antrag in den Bundestag eingebracht, der eine effektive gesetzliche Absicherung der Netzneutralität sowohl auf nationaler als auch europäischer Ebene gewährleisten sollte, und den neutralen Charakter des Internets dauerhaft wahrt. Dazu gehört, die Netzneutralität als Regulierungsgrundsatz und -ziel direkt in das Telekommunikationsgesetz aufzunehmen, einen bevorzugten Transport bestimmter Inhalte, Arten oder Klassen von Anwendungen gegen Aufpreis aufgrund (»Specialised Services«, »Managed Services«, »Diensteklassen«) von negativen Auswirkungen für die Teilhabe an der Netzkommunikation und die Wettbewerbsgleichheit abzulehnen und Anforderungen für ein Internet mit neutraler, technisch und ökonomisch diskriminierungsfreier Datenübermittlung in den Gesetzestext explizit mit aufzunehmen. Der Antrag hätte die Ausnahmen vom Grundsatz der Netzneutralität damit deutlich enger definiert, als sie das EU-Parlament beschlossen hat. Das ging der Regierungskoalition offenbar zu weit; sie lehnte den Antrag ab. Sowohl die CDU/CSU-Fraktion als auch die SPD gaben sich mit der EU-Verordnung zufrieden.

Unterdessen hat die Fraktion Die Linke einen neuen Antrag vorbereitet, der den Grundsatz der Netzneutralität im Rahmen der Vorgaben der EU-Verordnung gesetzlich absichern soll. Inhaltlicher Kern des Vorschlags ist es, Geschäftsmodelle, die zweiseitige Märkte oder Zero-Rating Dienste etablieren wollen, explizit auf Grundlage der Verordnung zu untersagen. Zudem sollen priorisierte Dienste auf fünf Prozent der tatsächlich vorhandenen Übertragungskapazität begrenzt werden, so dass die ausreichende Kapazität für das offene Internet auf 95 Prozent festgelegt wird. Wann der Antrag eingebracht wird, ist offen; dass er die Zustimmung des Bundestags findet, dürfte jedoch ebenfalls ausgeschlossen sein.

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