Neue Domain-Endungen?

Aber bitte für die Nutzer!

Im Rahmen des ICANN-Treffens in Karthago (Tunis) hat der Vorstand der ICANN die Einführung neuer Top Level Domains beschlossen. Gesponserte Top Level Domains wie .coop und .museum werden angestrebt.

Noch vor dem 15. Dezember diesen Jahres soll die Ausschreibung für neue Top Level Domains beginnen, die dann bereits im Dezember 2004 eingeführt werden sollen. Dazu sieht sich ICANN genötigt, nachdem massive Kritik von Seiten der Internetnutzer und von Unternehmen aufbrandete, weil ICANN die seit langem im Schwange befindliche Neuausschreibung von Top Level Domains mehrfach zurückgestellt hat. Frühere Argumente, die Daten der Akzeptanz und Erfahrung mit den Ende 2000 eingeführten sieben generischen Top Level Domains sollten erst einmal ausgewertet werden, ehe man weitere Top Level Domains einführt, wurden damit übergangen. Auswertungen liegen bisher nicht vor, was auch schwer möglich ist, weil sich nicht viel getan hat bei den unterschiedlichen neuen Top Level Domains. Einzig .info und .biz konnten sich etablieren. Registrierungen in Höhe von 1.133.941 (.info) und 1.048.994 (.biz), sprechen für sich.

Die Top Level Domain .name versucht, bevor sie noch richtig am Markt ist, sich neu zu erfinden, in dem nun auch eine Second Level Struktur eingeführt wird. Ab 14. Januar 2004 können dann direkt unter .name Domains registriert werden. Die auf den ersten Blick sinnvolle Endung .aero ist nach wie vor beim Publikum nicht bekannt, macht dafür aber alle Anstalten, durch neue Dienste populär zu werden, die zur Zeit getestet werden. So wurden die Verträge zwischen der .aero-Verwaltung und ICANN vor kurzem angepasst, damit Airline Kunden zukünftig durch Eingabe der Flugnummer als Second Level Domain (z. B. »BA723.aero« oder »LX1751.aero«), die Flugdaten abrufen können. Weitere vergleichbar praxisnahe Features wird es ebenfalls geben.

Von .coop und .museum spricht niemand – wahrscheinlich, weil diese Domain-Endungen weitestgehend unbekannt sind. Für ICANN-Kenner Bret Fausett Grund genug, die Probephase, das »testbed«, neuer Domain-Endungen für beendet zu erklären. Neue Top Level Domains sind nötig, meint er, und bietet T-Shirts mit informativen Vorschlägen für neue Top Level Domains an. Seine Vorschläge weichen jedoch von ICANNs Vorstellungen, die gesponserte Domain-Endungen wie .aero, .coop und .museum vorzieht, ab. In diesem Ansinnen unterstützt die WIPO ICANN; und der ICANN-kritische Juraprofessor Michael Froomkin aus Miami applaudiert dem angestrebten Auswahlprozess, der strenge, objektive Massstäbe haben soll und, wie ICANN-Präsident Paul Twomey erklärte, mit einem Beauty-Contest nicht vergleichbar sein werde.

Also, neue Top Level Domains. Aber müssen es wirklich gesponserte Domain-Endungen sein? Schaut man sich den Erfolg der gesponserten Top Level Domains wie .aero, .coop und .museum an, kommen massive Zweifel auf. Wir werfen einen Blick auf .museum. Diese von der J. Paul Getty Stiftung und dem International Council of Museums (ICOM) gesponserte TLD baut auf eine Third Level Struktur, bei der von den potentiellen Domain-Inhabern Vorschläge für die Second Level Ebene gemacht werden, unter die sich dann die einzelnen Museen auf der Third Level Ebene Domains registrieren können. Bisher gibt es knapp 670 Second Level Domains. Stichproben zeigen, dass sich hinter den Second Level Domains auf der 3. Ebene überwiegend nur eine weitere Domain findet. Rechnet man großzügig, wird man allenfalls von 3.000 Registrierungen unter .museum ausgehen können, von denen zahlreiche Doppelbelegungen sind wie das Beispiel „annefrank.amsterdam.museum“ bzw. „amsterdam.annefrank.museum“ zeigt.

So finden sich unter dem ersten Buchstaben des Alphabets 55 Second Level Domains, von »academy.museum« bis »axis.museum«. Hinter den 55 Second Level Domain finden sich insgesamt 340 Sub Level Domains. Rechnert man das auf 26 Buchstaben hoch, kommen natürlich mehr als die vermuteten 3.000 Registrierungen heraus. Aber der Buchstabe »A« erfreut sich des aus ihm gebildeten Wortes »Art« (Kunst) und unter der Second Level Domain »art.museum« finden sich alleine 200 Museen. Solch schlagkräftige und museumsaffine Begriffe gibt es leider nicht für jeden Buchstaben.

Aber nicht nur die geringe Zahl der registrierten Domains macht stutzig, auch deren Form überrascht und lässt Zweifel aufkommen. Tatsächlich erwartet man unter den Second Level Domains Third Level Domains, denn so ist .museum angelegt. Aber offensichtlich wurden die Verantwortlichen in den Museen nicht über den Sinn und Zweck kurzer, wenig vertippfehleranfälliger Internetadressen aufgeklärt. Es finden sich bemerkenswerte Stilblüten wie »neuesmuseum.statemuseum.for.artanddesign.museum«, »women.in.the.arts.museum«, »euroclio.europe.history.association.museum« und »texasmemorialmuseumofscienceandhistory.science.austin.museum«. Der überwiegende Teil dieser Domains ist nicht verlinkt, Homepages sind in der Regel nicht vorhanden. Und wenn doch etwas unter der Domain zu finden ist, fragt man sich, wie der potentiell interessierte Internetnutzer sie finden soll bei solch abstrusen Namen.

Von gesponserten Top Level Domains kann man deshalb nur abraten. Sollten tatsächlich neue Top Level Domains eingeführt werden, so muss die Nutzerorientierung Priorität haben. Dies wird mit Domain-Endungen wie .sex, .web und ähnliche erfüllt. Andernfalls verbraucht ICANN wichtige Ressourcen, die das Internet nicht weiter bringen.

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