Steuerrecht II: Die Bewertung der Domain

Das deutsche Steuerrecht ist nicht nur dem Normalbürger ein Mirakel, so manchem Fachmann graust es vor einigen Regalmetern Fachliteratur. Spezialistentum ist da Pflicht. Wir wollen hier einen ganz lichten Einblick geben in den Umgang mit Domains, wenn die Prüfung kommt. Dabei orientieren wir uns an dem unbedingt lesenswerten und natürlich viel tiefer gehenden Aufsatz von RA/FAStR/StB Dr. Jens Schmittmann in StuB (Steuer- und Bilanzpraxis, 2002, S. 105 ff): Rechtsfragen bei der Bilanzierung und Bewertung einer Domain nach HGB, IAS und US-GAAP.

Nachdem im ersten Teil geklärt wurde, dass die Domain ein steuerrechtlich relevanter Posten ist, fragt sich, wie damit weiter umzugehen, bzw. wie bei der Veranlagung der Domains zu verfahren ist.

Die Domain muss bewertet werden, um sie abschreiben zu können. Vermögensgegenstände sind nach § 253 Abs. 1 S. 1 HGB höchstens mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen. Der Wert wird nach § 255 HGB ermittelt. Die ermittelten Anschaffungs- oder Herstellungskosten sind nicht nur für die Erstbewertung relevant, sondern auch für die Folgebewertung der Domain (§ 253 HGB).

Anschaffungskosten sind die für den Erwerb des Vermögensgegenstandes und seine Inbetriebnahme geleisteten Aufwendungen. Für Domains, die erstmals bei der DENIC registriert und konnektiert werden heißt dass: die für die Erstkonnektierung anfallenden Gebühren sind die Anschaffungskosten. Hinzu kommen die Kosten des Betriebes der Domains, die Providergebühren. Allerdings muss man hier aufpassen, dass man die Gebühren nicht mit den laufenden Aufwendungen vermischt. Letztere umfassen die monatlichen oder jährlichen Gebühren, die für die Zurverfügungsstellung der schlichten technischen Zugangsmöglichkeit anfallen. Sie sind sofort als Aufwand zu buchen und können nicht aktiviert werden.

Kauft man eine Domain einem anderen ab, so kann der Kaufpreis als Anschaffungskosten geltend gemacht werden. Der Wert der Domain entspricht dann dem Kaufpreis.

Bei der Abschreibung der Domains ist wieder zwischen der Zuordnung zum Anlage- oder zum Umlaufvermögen zu differenzieren.

Anlagevermögen

Bei Abschreibungen geht man davon aus, dass Anlagevermögen im Laufe der Zeit an Wert verliert, es wird verbraucht. Von Domains läßt sich das nur schwerlich sagen. Domains halten eine (steuerrechtliche) Ewigkeit. Wann das Internet zuende geht, ist derzeit nicht absehbar. Als Abschreibungsobjekt taugt die Domain also nicht.

Allerdings läßt sich eine außerplanmäßige Abschreibung nach § 253 Abs. 2 S. 3 HGB vornehmen, wenn sich der Wert der Domains vermindert. Die Domain wird dann mit dem niedrigeren Wert angesetzt, der ihr am Abschlußtag beizulegen ist. Grund für eine Wertminderung kann beispielsweise eine veränderte Rechtsprechung sein, die plötzlich Gattungsbegriffsdomains verbieten würde (was hoffentlich nicht eintreten wird). Oder das Nutzerverhalten ändert sich und gewisse Domain-Arten sind nicht mehr gefragt. Schritte etwa die Amerikanisierung fort, und die Nutzer würden keine Bindestrich-Domains mehr eintippen, so würden diese natürlich an Wert verlieren.

Umlaufvermögen

Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens können nach § 253 Abs. 3 S. 1 HGB abgeschrieben werden. Sie sind dann mit dem niedrigeren Wert anzusetzen, der sich aus dem Börsen- oder Marktpreis am Abschlussstichtag ergibt. Dass Domains einen Börsen- oder Marktpreis besitzen, steht mittlerweile außer Frage; die zahlreichen Handelsbörsen und unzähligen Domain-Händler sprechen für sich. Das Problem bei den Marktpreisen ist, dass sie nur schwer zu bestimmen sind. Das Domain-Geschäft ist sehr spekulativ.

Allerdings gibt es einige Kriterien, anhand deren sich der Wert einer Domain bestimmen läßt. So zieht man die Top Level Domain (TLD), die Länge des Domain-Namens, die Klarheit und Memorierbarkeit des Namens, die kommerzielle Nutzbarkeit und die rechtliche Angreifbarkeit der Domain als Bewertungskriterien heran. Einen guten Überblick dazu finden Sie in der RICK-Formel. Eine weitere Hilfe ist sicherlich der Domain-Preisspiegel.

Wertaufholung

Kapitalgesellschaften haben das Wertaufholungsgebot (§ 280 Abs. 1 HGB) zu beachten. Danach müssen Abschreibungen korrigiert werden, wenn sich in einem späteren Geschäftsjahr herausstellt, dass die Gründe für die Abschreibungen nicht mehr bestehen, hinsichtlich der Abschreibung also eine Fehleinschätzung vorlag.

Dieser Bereich ist ein heißes Eisen, das insbesondere beim Börsengang eines Unternehmens geschmiedet wird – mit gegebenenfalls schweren Folgen. Für den Börsengang stellt sich ein Unternehmen gerne gut dar. Das wird u. U. mit einer Überbewertung der Domains gestützt. Stellt sich im Nachhinein heraus, dass die Domains nicht so werthaltig waren wie die Bilanz glauben machen soll, ergeben sich zivilrechtliche Schadensersatzansprüche und es wird sogar ein staatsanwaltliches Ermittlungsverfahren wegen Bilanzfälschung in Betracht kommen.

Desgleichen dürfte eine Wertzuschreibung nicht im Interesse des die Domain besitzenden Unternehmens stehen, da eine Wertsteigerung u. U. auch eine ertragssteuerliche Belastung mit sich bringt.

Anlage

§ 253 Handelsgesetzbuch (HGB)

(1) Vermögensgegenstände sind höchstens mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um Abschreibungen nach den Absätzen 2 und 3 anzusetzen. Verbindlichkeiten sind zu ihrem Rückzahlungsbetrag, Rentenverpflichtungen, für die eine Gegenleistung nicht mehr zu erwarten ist, zu ihrem Barwert und Rückstellungen nur in Höhe des Betrags anzusetzen, der nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendig ist; Rückstellungen dürfen nur abgezinst werden, soweit die ihnen zugrundeliegenden Verbindlichkeiten einen Zinsanteil enthalten.

(2) Bei Vermögensgegenständen des Anlagevermögens, deren Nutzung zeitlich begrenzt ist, sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten um planmäßige Abschreibungen zu vermindern. Der Plan muß die Anschaffungs- oder Herstellungskosten auf die Geschäftsjahre verteilen, in denen der Vermögensgegenstand voraussichtlich genutzt werden kann. Ohne Rücksicht darauf, ob ihre Nutzung zeitlich begrenzt ist, können bei Vermögensgegenständen des Anlagevermögens außerplanmäßige Abschreibungen vorgenommen werden, um die Vermögensgegenstände mit dem niedrigeren Wert anzusetzen, der ihnen am Abschlußstichtag beizulegen ist; sie sind vorzunehmen bei einer voraussichtlich dauernden Wertminderung.

(3) Bei Vermögensgegenständen des Umlaufvermögens sind Abschreibungen vorzunehmen, um diese mit einem niedrigeren Wert anzusetzen, der sich aus einem Börsen- oder Marktpreis am Abschlußstichtag ergibt. Ist ein Börsen- oder Marktpreis nicht festzustellen und übersteigen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten den Wert, der den Vermögensgegenständen am Abschlußstichtag beizulegen ist, so ist auf diesen Wert abzuschreiben. Außerdem dürfen Abschreibungen vorgenommen werden, soweit diese nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendig sind, um zu verhindern, daß in der nächsten Zukunft der Wertansatz dieser Vermögensgegenstände auf Grund von Wertschwankungen geändert werden muß.

(4) Abschreibungen sind außerdem im Rahmen vernünftiger kaufmännischer Beurteilung zulässig.

(5) Ein niedrigerer Wertansatz nach Absatz 2 Satz 3, Absatz 3 oder 4 darf beibehalten werden, auch wenn die Gründe dafür nicht mehr bestehen.

§ 255 HGB

(1) Anschaffungskosten sind die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können. Zu den Anschaffungskosten gehören auch die Nebenkosten sowie die nachträglichen Anschaffungskosten. Anschaffungspreisminderungen sind abzusetzen.

(2) Herstellungskosten sind die Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstands, seine Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen. Dazu gehören die Materialkosten, die Fertigungskosten und die Sonderkosten der Fertigung. Bei der Berechnung der Herstellungskosten dürfen auch angemessene Teile der notwendigen Materialgemeinkosten, der notwendigen Fertigungsgemeinkosten und des Wertverzehrs des Anlagevermögens, soweit er durch die Fertigung veranlaßt ist, eingerechnet werden. Kosten der allgemeinen Verwaltung sowie Aufwendungen für soziale Einrichtungen des Betriebs, für freiwillige soziale Leistungen und für betriebliche Altersversorgung brauchen nicht eingerechnet zu werden. Aufwendungen im Sinne der Sätze 3 und 4 dürfen nur insoweit berücksichtigt werden, als sie auf den Zeitraum der Herstellung entfallen. Vertriebskosten dürfen nicht in die Herstellungskosten einbezogen werden.

(3) Zinsen für Fremdkapital gehören nicht zu den Herstellungskosten. Zinsen für Fremdkapital, das zur Finanzierung der Herstellung eines Vermögensgegenstands verwendet wird, dürfen angesetzt werden, soweit sie auf den Zeitraum der Herstellung entfallen; in diesem Falle gelten sie als Herstellungskosten des Vermögensgegenstands.

(4) Als Geschäfts- oder Firmenwert darf der Unterschiedsbetrag angesetzt werden, um den die für die Übernahme eines Unternehmens bewirkte Gegenleistung den Wert der einzelnen Vermögensgegenstände des Unternehmens abzüglich der Schulden im Zeitpunkt der Übernahme übersteigt. Der Betrag ist in jedem folgenden Geschäftsjahr zu mindestens einem Viertel durch Abschreibungen zu tilgen. Die Abschreibung des Geschäfts- oder Firmenwerts kann aber auch planmäßig auf die Geschäftsjahre verteilt werden, in denen er voraussichtlich genutzt wird.

§ 280 HGB

(1) Wird bei einem Vermögensgegenstand eine Abschreibung nach § 253 Abs. 2 Satz 3 oder Abs. 3 oder § 254 Satz 1 vorgenommen und stellt sich in einem späteren Geschäftsjahr heraus, daß die Gründe dafür nicht mehr bestehen, so ist der Betrag dieser Abschreibung im Umfang der Werterhöhung unter Berücksichtigung der Abschreibungen, die inzwischen vorzunehmen gewesen wären, zuzuschreiben. § 253 Abs. 5, § 254 Satz 2 sind insoweit nicht anzuwenden.

(2) Von der Zuschreibung nach Absatz 1 kann abgesehen werden, wenn der niedrigere Wertansatz bei der steuerrechtlichen Gewinnermittlung beibehalten werden kann und wenn Voraussetzung für die Beibehaltung ist, daß der niedrigere Wertansatz auch in der Bilanz beibehalten wird.

(3) Im Anhang ist der Betrag der im Geschäftsjahr aus steuerrechtlichen Gründen unterlassenen Zuschreibungen anzugeben und hinreichend zu begründen.

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