Gut drei Jahre nach der Sunrise Period für die Einführung der europäischen Domain-Endung .eu hat mit einer aktuellen Entscheidung der österreichische Oberste Gerichtshof eine Vorlage zum EuGH eingereicht. Es stellt sich die Frage, ob Domain-Namen, die im Zuge der .eu-Einführung aufgrund von neu registrierten Marken mit Sonderzeichen, die bei der Domain-Registrierung nicht berücksichtigt werden können, rechtens erworben sind.
Der Beschluss des OGH (Österreichischer Oberster Gerichtshof) erging in nichtöffentlicher Sitzung. Ihm liegt der Streit zwischen der Betreiberin eines Internetportals zugrunde, die beim schwedischen Markenregister erfolgreich die Registrierung von insgesamt 33 Gattungsbegriffen als Marken bewirkte, die jeweils unter Verwendung des Sonderzeichens „&“ vor, nach und zwischen den einzelnen Buchstaben aufweisen, wie zum Beispiel bei der Wortmarke „&R&E&I&F&E&N&“, die am 25. November 2005 eingetragen wurde. Sie begehrt die Rückübertragung der Domain reifen.eu auf sich. Die Beklagte ist die Inhaberin der beim Benelux-Markenamt ebenfalls Ende 2005 eingetragenen Marke „Reifen“, die unter anderem für Wasch- und Bleichmittel und weitere Waren und Dienstleistungen geschützt ist.
Der Streit um die Domain begann vor dem Prager Schiedsgericht. Die Klägerin wurde im Rahmen der Sunrise Period Inhaberin der Domain reifen.eu. Dagegen wehrte sich die Beklagte und bekam vor dem Prager Schiedsgericht Recht (Entscheidung vom 24.07.2006, Nr. 00910), und wurde Inhaberin der Domain reifen.eu. Das Prager Schiedsgericht war der Ansicht, das Zeichen „&“ in den Marken der Klägerin sei zu transkribieren und nicht zu entfernen gewesen. Die Klägerin habe wohl, so das Schiedsgericht, die technische Regel der Registrierungsrichtlinien (Art. 11 Unterabsatz 2 VO (EG) 874/2004) umgehen wollen, weshalb sie bei der Registrierung der strittigen Domain bösgläubig gewesen sei.
Die Klägerin wandte sich an die ordentliche österreichische Gerichtsbarkeit. Das Erstgericht wies die Klage ab. Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil in der Hauptsache. Die Klägerin bekämpfte die Entscheidung des Berufungsgerichts mit außerordentlicher Revision an den Obersten Gerichtshof. Dieser legte mit dem Vorlagebeschluss unter anderem Fragen zur Auslegung der maßgeblichen EG-Verordnung (874/2004) zur Klärung durch den EuGH vor. So stellt sich die Frage, ob sich die Klägerin bei ihrer Anmeldung der Domain reifen.eu für die Sunrise Period berechtigterweise auf ihre schwedische Marke stützen kann, zumal sie nicht beabsichtigt, die Marke zu nutzen. Gegebenenfalls verlangt die EG-Verordnung, dass ausschließlicher Zweck der Marke nicht die Registrierung der Domain ist, sondern darüber hinaus noch ein Zweck für die Marke besteht. Weiterhin stellt sich die Frage, ob ein Recht an der Domain besteht, wo die Marke doch hätte transkribiert und „&“ durch „et“ hätte ersetzt werden können.
Die teilweise undurchsichtigen und schon im Vorfeld der verschiedenen Registrierungsphasen anlässlich der Einführung der dotEU bemängelten Regeln der EG-VO 874/2004 rächen sich nun in gewisser Weise: Der EuGH muss drei Jahre später den Müll, den die EU-Kommission produziert hat, bereinigen. Nach viel Arbeit sieht das freilich nicht aus.