Die Liste der Bewerber um neue Domain-Endungen ist seit 13. Mai 2012 veröffentlicht, aber die Probleme fangen jetzt erst an: die Einführung neuer globaler Top Level Domains stellt das Domain-Recht vor allem wegen der Mehrdeutigkeit von Zeichen vor eine Vielzahl völlig neuer, bisher ungelöster Probleme.
Kennen Sie »AIDA«? Der Kunstliebhaber in Ihnen mag vielleicht an eine Oper in vier Akten von Giuseppe Verdi denken, der Urlaubsfan fühlt sich an Kreuzfahrtschiffe erinnert, und selbst Apnoetaucher im AIDA Deutschland eV (Association Internationale pour le Développement de l’Apnée) haben ihre ganz eigene Vorstellung von diesem Begriff. Dieses Problem der Mehrdeutigkeit zu lösen, wird eine der Herausforderungen, denen sich die Internet-Verwaltung ICANN im Rahmen des in den kommenden Monaten anstehenden Prüfungsverfahrens stellen muss. Auf der anderen Seite gibt es für 230 Endungen Mehrfachbewerbungen vor: so bewerben sich beispielsweise sieben Entitäten um .corp, darunter die in Hong Kong ansässige DotCorp Ltd. und die US-Unternehmung Dot Registry LLC, und insgesamt 13 Entitäten um .app, darunter Top Level Domain Holdings, Directi und ein ukrainischer Softwareentwickler.
Beispiele für mehrdeutige Begriffe finden sich in der Bewerberliste zur Genüge: egal, ob .band, .bar, .blue, .bond oder .box – allein der Buchstabe »B« listet viele Wörter, die sich in mehrfacher Weise verstehen lassen. Ein besonderes Problem stellt sich dabei unter anderem für die indischen Tata Sons Ltd., ein Konzernunternehmen mit über 400.000 Mitarbeitern sowie einem Umsatz von über US$ 80 Milliarden. Nicht nur, dass man sich mit der Bewerbung um .tata gegen die Provinz Tata in Marokko stellt, deren Name als so genannter »subdivision name« gemäß der ISO 3166-2 Liste der International Organization for Standardization (ISO) grundsätzlich nicht als Domain registriert werden darf; mit der phonetisch ähnlichen Endung .tatar tritt zudem auch noch das »Coordination Center of Regional Domain of Tatarstan Republic« bei ICANN an. Dass »tata« im Englischen umgangssprachlich auch für »Brüste« steht, mag da schon ein zu vernachlässigendes Problem sein.
Wer sich angesichts solcher Unwägbarkeiten jedoch gegen eine Bewerbung entschlossen hat, könnte dies noch bitter bereuen: bis zur nächsten Einführungsrunde dürften wohl mindestens drei bis fünf Jahre vergehen.