Bisher weist wenig darauf hin, dass mit der Umsetzung des AntiCounterfeiting Trade Agreements (ACTA) die Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums gestärkt wird. Zu diesem Ergebnis kommt David Martin, ACTA-Berichterstatter im EU-Parlament.
Es sollte eine Art Heilmittel gegen Rechtsverletzung im Internet werden: ACTA, ein Handelsübereinkommen zur Bekämpfung von Produkt- und Markenpiraterie zwischen der Europäischen Union, ihren Mitgliedsstaaten, Australien, Kanada, Japan, der Republik Korea, den Vereinigten Mexikanischen Staaten, Marokko, Neuseeland, Singapur, der Schweiz und den Vereinigten Staaten von Amerika. Gemeinsam will man dafür sorgen, dass die Rechte des geistigen Eigentums wirksam durchgesetzt werden, um ein dauerhaftes Wachstum der Wirtschaft sicherzustellen. Obgleich nicht ausdrücklich erwähnt, schreckt man selbst vor Internetsperren nicht zurück, in dem man Anbieter von Internetdienstleistungen zu Hilfspolizisten der Staatsanwaltschaft umfunktioniert: Artikel 27 Absatz 4 des Abkommens verlangt hierzu, dass jedes Land seine Behörden dazu ermächtigen kann, einem Online-Diensteanbieter gegenüber anzuordnen, einem Rechteinhaber unverzüglich die nötigen Informationen zur Identifizierung eines Abonnenten offenzulegen, dessen Konto zur mutmaßlichen Rechtsverletzung genutzt wurde, falls dieser Rechteinhaber die Verletzung eines Marken-, Urheber- oder verwandten Schutzrechts rechtsgenügend geltend gemacht hat und die Informationen zu dem Zweck eingeholt werden, diese Rechte zu schützen oder durchzusetzen.
Für David Martin, den ACTA-Berichterstatter des EU-Parlaments, stellt sich jedoch die Frage, ob ACTA nicht weit mehr an Hoffnungen schürt als mit Nachteilen durch die damit verbundenen Beeinträchtigungen zu rechnen ist. Bisher gebe es wenig Anzeichen dafür, dass ACTA zum erhofften international anerkannten Standard in der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums werde, so Martin in einem Debattenbeitrag für das Magazin publicserviceeurope.com. Demgegenüber würden beispielsweise über der Einschränkung fundamentaler Rechte, der Kriminalisierung Einzelner und Bedrohungen im Fall von Generika noch grosse Fragezeichen hängen. Ein absichtlich, vage gehaltener Text des Abkommens könnte so sehr gefährliche Folgen auslösen. Die Arbeit und Analyse müsse daher weitergehen, wobei derzeit die Ängste die Hoffnungen überwiegen.
Möglicherweise löst sich das Problem für das EU-Parlament auch von selbst. So hat die EU-Kommission am 4. April 2012 den ACTA-Vertragstext dem EuGH vorgelegt und um Beantwortung der Frage gebeten, ob das Abkommen mit den Europäischen Verträgen, insbesondere mit der Charta der Grundrechte, kompatibel ist. Wann das Gericht entscheidet, ist derzeit jedoch offen.
Ein Informationsangebot der EU zu ACTA finden Sie hier.