Justizministerin Brigitte Zypries hat in einem Interview mit der Tageszeitung „Die Welt“ die Schaffung des „Gesetz zur Erschwerung des Zugangs zu kinderpornographischen Inhalten in Kommunikationsnetzen“ (Zugangserschwerungsgesetz) gegen Zensurvorwürfe verteidigt. Das Online-Magazin ZDNet hat jedoch weitere Schwachstellen aufgedeckt.
Unter der Überschrift „Der Dreck muss aus dem Netz“ veröffentlichte die Welt in ihrer Online-Ausgabe vergangene Woche ein Interview, in dem Zypries zur staatlichen Kontrolle des Internets Partei für Familienministerin Ursula von der Leyen ergriff. Konfrontiert mit dem Vorwurf, Webseiten mit kinderpornographischen Inhalten mit einem Stoppschild zu sperren, sei Zensur, erwiderte Zypries: „Das ist Unsinn. Es geht nicht um Zensur. Es geht darum, strafbare Inhalte aus dem Netz zu entfernen.“ Der Protest ließ nicht lange auf sich warten; so wies der Freisinger Rechtsanwalt Thomas Stadler, der sich unter anderem für den Arbeitskreis gegen Internetsperren und Zensur gegen die Unterzeichnung des Gesetzes an Bundespräsident Köhler gewandt hatte, darauf hin, dass deutsche Provider zwar dazu gezwungen würden, diese Inhalte vor ihren Kunden zu verbergen, sie jedoch unverändert online bleiben. Das Zugangserschwerungsgesetz sorgt also nicht dafür, dass kinderpornographische Inhalte gelöscht oder entfernt werden; sie sind lediglich ohne (kleinen) Umweg nicht mehr zu erreichen. Das Problem wird also verdeckt, aber nicht gelöst.
Ungeachtet des Umstands, dass die Sperre durch geänderte DNS-Einträge binnen Sekunden umgangen werden kann, hat das Online-Magazin ZDNet weitere Schwachstellen entdeckt, die dazu führen können, dass unbedachtes Anklicken von Links etwa in einer Spam- oder Hoax-Mail dazu führen kann, auf einer gesperrten Domain zu landen. Anhand der Domain example.com dokumentiert ZDNet, wie man Anfragen durch geschicktes Ausnutzen der DNS-Serverinfrastruktur auf einen Stopp-Schild-Webserver umlenkt und eMails an das Bundeskriminalamt (BKA) schickt. Ironie der Geschichte: ausgerechnet Paul Mockapetris, einer der Mitbegründer des Domain Name Systems, sorgt mit seinem US-Unternehmen Nominum maßgeblich dafür, dass die auf den Sperrlisten befindlichen Domain-Namen auch tatsächlich gesperrt werden.
Das BKA fühlt sich laut heise.de für eine Umsetzung des Gesetzes gleichwohl gut gerüstet. Es sei sichergestellt, dass alle nach dem Gesetz verpflichteten Provider – also solche mit mehr als 10.000 Teilnehmern oder sonstigen Nutzungsberechtigten – die Sperrlisten mit den vollqualifizierten Domain-Namen erhalten. Aufschluss wird bereits in Kürze die Praxis geben: klappt alles wie geplant, tritt das Zugangserschwerungsgesetz am 01. August 2009 in Kraft.