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verweigert Köhler Unterzeichnung?

Der Bundesrat hat anlässlich seiner Sitzung vom 10. Juli 2009 das „Gesetz zur Erschwerung des Zugangs zu kinderpornographischen Inhalten in Kommunikationsnetzen“ (Zugangserschwerungsgesetz) passieren lassen. Voraussichtlich bereits am 1. August 2009 kann das Gesetz damit in Kraft treten – sollte Bundespräsident Köhler nicht aufgrund offensichtlicher Verfassungswidrigkeit die Unterzeichnung verwehren.

Ernster Widerstand der Ländervertretung gegen das umstrittene Gesetz war nicht zu erwarten. Bereits in seiner Stellungnahme zum ursprünglichen Gesetzentwurf der Bundesregierung hatte der Bundesrat das Vorhaben grundsätzlich begrüßt, jedoch vor allem in datenschutzrechtlicher Hinsicht Nachbesserungen gefordert. Dem wurde durch Einbeziehung des Bundesdatenschutzbeauftragten Rechnung getragen; des weiteren wurde eine Regelung gestrichen, nach der sämtliche personenbezogenen Daten, die bei der Umleitung auf Stoppmeldungen anfallen, zur Strafverfolgung zur Verfügung zu stellen sind. Damit kann das Gesetz, das vorerst bis zum 31. Dezember 2012 befristet ist, voraussichtlich zum 1. August 2009 in Kraft treten.

Auch ohne Schild zum Stoppen bringen könnte das Gesetz noch Bundespräsident Horst Köhler, wenn er dessen Unterzeichnung wegen verfassungsrechtlicher Zweifel verweigert. Futter hierfür lieferte der Freisinger Rechtsanwalt Thomas Stadler im Auftrag unter anderem des Arbeitskreises gegen Internetsperren und Zensur, des Vereins MissbrauchsOpfer Gegen Internet-Sperren (MOGIS) und der Internetplattform netzpolitik.org. So verweist Stadler in einem Anschreiben an den Bundespräsidenten auf die fehlende Gesetzgebungskompetenz des Bundes, die fehlende Verwaltungskompetenz des Bundes, ein fehlerhaftes Gesetzgebungsverfahren, den Mangel an der erforderlichen Bestimmtheit und Normklarheit sowie einen Verstoß gegen den Wesentlichkeitsgrundsatz. Ihm zur Seite steht der im Telekommunikationsrecht renommierte Prof. Dr. Thomas Hoeren von der Uni Münster, der laut eines Eintrags im Blog des Beck-Verlags einen Verstoß gegen die Vorgaben der EU-Transparenzrichtlinie ausgemacht hat. In praktischer Hinsicht bleibt vor allem der Einwand, dass das Gesetz ungeeignet ist, den angestrebten Zweck – die Verringerung von Zugriffen auf kinderpornographische Inhalte – zu erreichen, da die Sperren technisch leicht umgangen werden können. Oder in einem Bild ausgedrückt: man kann nicht vor einen bettelnden Obdachlosen einen Sichtschutz stellen und dann behaupten, man hätte das Problem gelöst.

Unterdessen wächst der Unmut der Netzgemeinde über Familienministerin Ursula von der Leyen weiter. In einem Radiointerview mit dem Mitteldeutschen Rundfunk äusserte sich die Ministerin wörtlich: „Und das zweite entscheidende Ziel muss sein, die Quelle löschen auf dem Server, da, wo sie sind. Aber dann gerät man an seine Grenzen, wenn der Server zum Beispiel in Indien steht. Ein hochkompetentes Land, was Computertechniken angeht, aber ein Land, das keinerlei Form von Ächtung von Kinderpornographie hat. Da können sie nicht mehr löschen.“ Dem widerspricht jedoch Ashutosh Agrawal, Erster Sekretär für Information und Presse der Indische Botschaft in Berlin. In einer mehreren Bloggern übersandten eMail erklärt Agrawal: „Die Behauptung, dass es in Indien keine Gesetze gegen Kinderpornographie gibt und das Kindesmißbrauch in Indien legal ist, ist völlig unbegründet und irreführend. Das indische Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung von 1973 beinhalten mehrere Bestimmungen zur Bestrafung von Kindesmissbrauch“. Mit einem Ende der Debatten ist also nicht zu rechnen.

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