Sie überlegen, sich bei ICANN um die eigene .brand zu bewerben, wissen aber nicht, warum? Umso wertvoller können die Erfahrungen sein, die ein Bewerber in der Einführungsrunde des Jahres 2012 gemacht hat: der Inder Vivek Goyal vom Markenschutzunternehmen LdotR gewährt im Interview mit dem US-Beratungsunternehmen ComLaude einen Einblick.
Klappt alles wie geplant, soll sich voraussichtlich im 2. Quartal 2026 das Bewerbungsfenster für eine neue generische Top Level Domain öffnen. Für wenige Wochen ist es dann möglich, sich die eigene Domain-Endung zu sichern. Erneut im Fokus stehen dabei sogenannte .brands, also Endungen, die einer (meist berühmten) Marken entsprechen. Bei der ersten Einführungsrunde im Jahr 2012 entfielen rund 640 der damals 1.930 Bewerbungen auf dieses Lager. Allerdings ist auch der Anteil der Domain-Endungen, die sich freiwillig wieder aus dem Domain Name System verabschiedet haben, unter .brands am größten; zuletzt zogen .bentley und .guardian den Stecker. Für Vivek Goya, vormals Senior Brand Manager bei Indiens größtem privaten Unternehmen Reliance Industries Limited und inzwischen bei LdotR tätig, ist das kein Grund, sich entmutigen zu lassen. Reliance, das vor allem für die Bereiche Petrochemie und Textilien bekannt ist, hatte sich im Jahr 2012 um die vier Domain-Endungen .reliance, .ril, .jio und .indians (für das Cricket-Team Mumbau Indians) beworben und den Zuschlag für die ersten drei Top Level Domains erhalten; bei .indians scheiterte man aus politischen Gründen. Goya stand dem Bewerbungsteam vor und kann somit aus erster Hand berichten.
Im Ausgangspunkt ist die eigene Markenendung neu und innovativ, aber vor allem langfristig angelegt. Sucht man nach Argumenten für die eigene .brand, stehen für Goya folgende vier Aspekte im Mittelpunkt:
- Eigentum am digitalen Raum: Anders als klassische Domain-Namen, die lediglich zur Nutzung überlassen werden, bietet eine .brand das eigene Stück vom Internet.
- Verbesserte Sicherheit: Nicht nur in Indien wächst die Sorge vor Phishing, Scams und DNS-Abuse. Hier bietet die eigene .brand einen verifizierten, sicheren Raum („safe space“) für Kunden, Verbraucher und Stakeholder, wobei die Sicherheitsfunktionen vom Markeninhaber selbst und nicht von Dritten kontrolliert werden.
- Optimierte Marketingmöglichkeiten: Die Flexibilität einer .brand eröffnet neue Wege für kreative Marketingkampagnen und damit für die Markenpositionierung.
- Wettbewerbsvorteil: Insbesondere in Branchen wie dem Finanzwesen, in denen Vertrauen von größter Bedeutung ist, kann ein sicherer digitaler Raum ein bedeutendes Differenzierungsmerkmal sein.
Goya konnte 2012 auf die Unterstützung der Konzernleitung, also von ganz oben setzen. Umso wichtiger war es für ihn, die vier Abteilungen Finanzen, Recht, Marketing und IT mit ins Boot zu nehmen, denn letztlich ging es auch um deren Geld: zum einen, um das kurzfristige Budget für das Bewerbungsverfahren (dessen Kosten rasch im mittleren sechsstelligen US$-Bereich liegen können) zu stemmen, zum anderen wegen des langfristigen Budgetanteils für die Verwaltung einer Top Level Domain, denn .brands sind mindestens auf Jahrzehnte angelegt. Aber auch die Zuziehung eines externen Dienstleisters hat sich bewährt; obwohl der – anders als 2026 – bei der ersten Einführungsrunde 2012 noch über gar keine eigene Erfahrung verfügen konnte, sei das Bewerbungsverfahren sehr komplex („building an rocket would have been easier“) und man müsse jederzeit mit Änderungen am Bewerbungsverfahren rechnen. Nur eins sei klar: wer Interesse an einer .brand hat, sollte mit dem Bewerbungsverfahren noch heute starten – bevor es zu spät ist.