nTLDs

Einführung von .web aufgrund Beschwerdeverfahren weiter verzögert

Die Einführung der neuen generischen Top Level Domain .web verzögert sich um unbestimmte Zeit: mit Hilfe eines Beschwerdeverfahrens gegen die Internet-Verwaltung ICANN hat Afilias die Delegierung der Endung vorerst blockiert.

Nachdem die Donuts-Tochtergesellschaft Ruby Glen LLC Mitte Oktober 2018 einen millionenschweren Schadensersatzprozess gegen ICANN verloren hatte, schien die jahrelange Seifenoper um .web ihr Ende gefunden zu haben. Inzwischen steht jedoch fest, dass es mindestens eine weitere »Staffel« geben wird. Am 14. November 2018 leitete Afilias Domains No. 3 Limited, unterlegene Bewerberin um .web, ein Schiedsverfahren gemäß dem »Independent Review Process« (IRP) bei ICANN ein. Auf 44 Seiten legt Afilias dem Schiedsgericht des International Centre for Dispute Resolution (ICDR) dar, weshalb ICANN bei der Vergabe von .web an den Neuling Nu Dot Co LLC gegen eigene Statuten verstoßen habe und Nu Dot Co vom weiteren Bewerbungsverfahren ausgeschlossen werden müsse. Zentraler Vorwurf ist dabei, dass Nu Dot Co mit der .com- und .net-Registry VeriSign Inc. einen finanzstarken Partner im Rücken hatte, der ein Gebot über US$ 135 Mio. zwar erst möglich machte, dessen Beteiligung aber nicht offengelegt wurde.

Dieses Kernargument baut Afilias im Schiedsverfahren aus. Maßgeblich sei, dass jeder Bewerber nach den Vorgaben des Bewerberhandbuchs verpflichtet ist, vollständige und wahrheitsgemässe Angaben zu machen. Dies gelte nach Sektion 1.2.7 auch für etwaige Änderungen während des Prüfungsverfahrens. Gegen diese Regelung habe Nu Dot Co verstoßen, da man die Vereinbarung mit VeriSign nicht offengelegt habe. Dies sei jedoch für ein faires und transparentes Bewerbungsverfahren notwendig. Eines der Hauptziele des Bewerbungsverfahrens sei gewesen, das .com-Monopol von VeriSign zu brechen; dieses Anliegen werde aber unterlaufen, wenn Nu Dot Co die Einbindung von VeriSign nicht offenlegt und so .web – die Afilias zu den »Kronjuwelen« des nTLD-Programms zählt – gar nicht zum .com-Konkurrenten werden kann. Offenbar fürchtet Afilias, dass VeriSign die Rechte an .web erwirbt, die Registrierung aber nicht freigibt, um sich so unliebsame Konkurrenz vom Leib zu halten und den Wettbewerb auszuschalten. Ebenfalls sauer aufgestoßen ist Afilias, dass sich Nu Dot Co um insgesamt 13 neue und überwiegend sehr beliebte Endungen wie .app, .book, .design und .law beworben hat, aber keinen einzigen Zuschlag erhalten hat. Stattdessen soll Nu Dot Co die Monetarisierungsmöglichkeiten einer Bewerbung früh erkannt haben, die sich bei Mehrfachbewerbungen aus einem erkauften freiwilligen Rückzug ergeben.

In einer ersten Reaktion hat sich ICANN verpflichtet, von sämtlichen Maßnahmen abzusehen, die auf eine Delegierung von .web abzielen. Zudem haben sowohl Nu Dot Co als auch VeriSign offenbar ihr Interesse angemeldet, dem Rechtsstreit als »amicus curiae« beizutreten; Afilias versucht, dies zumindest vorerst zu verhindern. Der weitere Ausgang des IRP-Verfahrens ist offen, nur eines steht fest: mit einer raschen Entscheidung ist nicht zu rechnen. Die bisherigen IRP-Verfahren dauerten in der Regel mindestens ein Jahr, so dass ein Urteil erst für 2020 zu erwarten ist. Selbst wenn es damit schon sein Bewenden haben sollte, ist eine Einführung von .web, jedenfalls aber eine Registrierung der ersten Domains vor dem Jahr 2021 als praktisch ausgeschlossen zu betrachten.

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