Das Thema Domain-Namen hat nun auch den Deutschen Bundestag erreicht: in einem gemeinsamen Antrag fordern die Fraktionen von CDU/CSU und SPD die Bundesregierung auf, sich für die Zulassung neuer regionaler Top Level Domains einzusetzen.
In dem bereits am 7. März des vergangenen Jahres eingebrachten Antrag stellen die Fraktionen die Bedeutung, aber auch die Diskussionen um die Internet-Verwaltung ICANN für das Internet heraus, das die moderne Gesellschaft mittlerweile in allen Bereichen durchdrungen hat. Die Weiterentwicklung des Adressraums ist dabei für Deutschland von besonderer Bedeutung, da ein zunehmender Trend auszumachen ist, den Adressraum um regionale Top Level Domains zu erweitern, um stärkere lokale und regionale Nutzung zu fördern; als Beispiele werden .eu, .asia und .cat genannt. Diese Entwicklung bietet auch hierzulande den Bundesländern, Regionen und Städten große Chancen, sich noch stärker in ihrer Eigenheit wirtschaftlich und kulturell weltweit zu präsentieren. Auch die WHOIS-Problematik wird im Antrag nicht ausgespart. Zusammenfassend fordert man die Bundesregierung auf, sich bei ICANN für neue Regio-TLDs wie .bayern, .berlin oder .nrw einzusetzen, darauf hinzuwirken, dass die Selbstverwaltung des Internets unter internationaler Aufsicht erhalten bleibt, IDNs auf Top Level Ebene wie in .köln zu fördern und bei ICANN auf eine Weiterentwicklung des WHOIS zu drängen.
Anlässlich seiner Sitzung vom 17. Januar 2008 hatte sich der Bundestag nun mit diesem Antrag zu befassen. Aufgrund vorgerückter Stunde kam es zu keiner mündlichen Aussprache, so dass lediglich vorbereitete Reden zu Protokoll gegeben wurden. Erwartungsgemäß setzten sich Dorothee Bär (CDU/CSU) und Christoph Pries (SPD) für den Antrag ein, um so das Internet übersichtlicher und regionaler zu gestalten; soweit damit rechtliche Fragen aufgeworfen werden, sah man sich selbst nicht in der Pflicht, sondern teilte mit, dass ICANN gut beraten sei, „offene Fragen rechtzeitig zu klären“. Unterstützung kam von der FDP, für die Christoph Waitz die zunehmende Not bei kurzen, attraktiven und eingängigen Domains betonte, weshalb regionale Endungen für Abhilfe sorgen können; so gäbe es bereits 30.000 Domains aus Bayern, die auf das weissrussische Kürzel .by zurückgreifen, was den Bedarf an solchen Adressen unterstreicht. Sehr kritisch äusserte sich dagegen Lothar Bisky für die Links-Fraktion. So sei gar nicht nachgewiesen, dass eine Ausweitung des Adressraums notwendig sei; zudem bestehe die Gefahr der zunehmenden Unübersichtlichkeit, auch rechtliche Probleme seien oft ungeklärt. Er sprach sich für ein Expertengespräch aus, ob und unter welchen Umständen eine Erweiterung sinnvoll sei. Grietje Bettin von den Grünen schließlich sah bei anderen Themen wie Spam, Abmahnungen im Internet und Verbraucherschutz mehr Handlungsbedarf als bei Domains, sprach sich aber für die Beibehaltung des bisherigen DNS (Domain Name Systems) aus, nicht ohne bei ICANN Transparenz anzumahnen.
Am Ende konnte sich die Regierungskoalition mit ihrem Antrag durchsetzen. Ob und wann dies zu konkreten Ergebnissen führt, ist jedoch völlig offen. Ob sich für Bewerbung der Städte-Domain .berlin Änderungen ergeben, bleibt ebenfalls abzuwarten; an der ablehnenden Haltung des Berliner Senats hat sich nach derzeitigem Stand keine Änderung ergeben.